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Februar und März 2017

Das Beste kommt zum Schluss

Sylvia Gietzelt zog mit ihren Eltern im Alter von sieben Jahren von Oelsa bei Rabenau nach Freiberg. Sie ist mit Michael verheiratet und hat mit ihm zwei Kinder. Vor kurzem gab es gleich bei beiden Nachwuchs und so wurde die leidenschaftliche Chorsängerin zur zweifachen Oma. Über ihren Lebensweg und darüber, was sie sonst noch bewegt, hat sich Ronny Dietrich mit ihr unterhalten.

Wie war das bei dir: Wie bist du zum Glauben gekommen?

Ich bin in einem christlichen Elternhaus aufgewachsen. Auch die Verwandtschaft und die Freunde meiner Eltern waren Christen. So bin ich als Einzelkind wohl behütet zum christlichen Glauben gekommen. Wir wohnten früher an der jetzigen Chemnitzer Straße in der Nähe des damaligen Studentenwohnheimes.
Meine Kindheit war sehr schön und es gab immer viele Kinder zum Spielen. Beim Nachbarn wurde gebaut, was ja zu DDR-Zeiten doch lange dauerte. Dort haben wir Kinder uns getroffen. Er war Sportlehrer und baute uns auch tolle Sportgeräte. Die Christenlehre und der Kindergottesdienst waren für mich ebenfalls so normal wie das Spielen auf der Baustelle. Ich war zwar nicht so aktiv in der Gemeinde, bin aber oft zum Kindergottesdienst gegangen und habe mich immer wohlgefühlt.

Wie hast du Gemeinde früher wahrgenommen und wie siehst du sie heute? Hat sich dabei etwas verändert?

Früher war der Pfarrer eine richtige Autoritätsperson, jedenfalls habe ich das als Jugendliche so empfunden. Mit heute ist das nicht mehr vergleichbar. Es gibt jetzt viel mehr ehrenamtliche Mitarbeiter als Hauptamtliche. Das Miteinander ist weniger autoritär, sondern freundschaftlich.

Wie hast du deinen Ehemann kennengelernt?

Ich kenne Michael seit dem siebenten Lebensjahr, wir gingen sogar in die gleiche Schulklasse. Zehn Jahre nach der Schulzeit, auf einem Klassentreffen, haben wir uns wiedergesehen. Ein Jahr später haben wir geheiratet.

Gab es bei der Partnerwahl für dich wichtige Kriterien?

Ja, ich wollte einen Christen zum Ehemann, da ich Erfahrungen aus dem Bekanntenkreis hatte, wie es in Beziehungen von Christen mit nichtchristlichen Ehepartnern so laufen kann. Ich dachte, lieber bleibe ich allein, als mich zu verbiegen. Als ich Michael wiedersah, war er gerade auf dem Weg, Gott kennenzulernen.

Was war da passiert?

Wir kannten uns ja schon durch die Schulzeit, aber bei der Konfirmation war er nicht dabei. Erst später kam er durch Freunde wieder näher zu Jesus. Er hat dann die Konfirmation nachgeholt. Für mich war das ein Zeichen, dass vieles stimmig war.

Welche Bibelverse sind dir besonders wichtig?

In Vorbereitung auf das Interview habe ich auch meinen Tauf- und Konfirmationsspruch herausgesucht und war davon berührt, wie diese heute noch passen.
Die Gnade aber des HERRN währt von Ewigkeit zu Ewigkeit über denen, die ihn fürchten, und seine Gerechtigkeit auf Kindeskind bei denen, die seinen Bund halten und gedenken an seine Gebote, dass sie danach tun.
(Taufspruch aus Psalm 103,17-18)
Der HERR ist mein Teil, spricht meine Seele; darum will ich auf ihn hoffen.
(Konfirmationsspruch aus Klagelieder 3,24)

Du singst gern im Chor. Wie kam es dazu?

Noch unter Kantor Jahn kam ich in den Johannis-Chor. Das war im Jahr 1971/ 72. Ich weiß noch, dass meine Eltern etwas ängstlich waren, weil ich zum Chor in die Johannisgemeinde musste und der Weg dorthin etwas weiter war. Aber das Singen im Chor, mittlerweile im Petri-Chor, ist seitdem für mich eine wahre Freude!

Wie hast du die DDR-Zeit als Christ erlebt?

Zu DDR-Zeiten war es mit Ausbildung und Studium nicht so einfach, es sei denn, man tat, was das Regime einforderte. Konfrontationen lagen mir noch nie, auch das System wollte ich nicht und habe deshalb „nur“ eine Ausbildung gemacht.

Wie hast du Gott in deinem Leben erfahren?

In der Jugendzeit hatte ich nie diese Aha-Erlebnisse. Da ich mit Gebet und in christlicher Lebensweise großgeworden bin, war Gott irgendwie Normalität. Hilfe hat es aber immer gegeben.
Ein solches Aha-Erlebnis hatte ich, als ich letztes Jahr zum zweiten Mal mit Brustkrebs krank war. Ich bin dabei aber in kein Loch gefallen und fühlte mich immer getragen und ruhig. Ehe ich zur OP ging, beteten einige für mich. Ruhe und Frieden überkamen mich und dies habe ich mit ins Krankenhaus genommen. Vor acht Jahren, beim ersten Mal, war das noch anders. Das Wissen, dass andere mit mir sind, dass so viele Kreise und Personen für mich beten, hilft ungemein. Dies macht ja u. a. unsere Gemeinde aus, das ist einfach toll und sollte von jedem für sich in Anspruch genommen werden!
Ich fragte mich zwar auch, warum mir das passiert, aber vielleicht ist es so, dass man sich für sich selbst mal Zeit nimmt und zur inneren Ruhe kommt, was sonst im Alltag schwer geht. Mitten in diese Zeit kamen unsere beiden Kinder mit der Nachricht, dass wir Großeltern werden. Jeweils das erste Kind sollte kommen.
Nach der OP war ich zur Kur. Dort wurde ich eher negativ angerührt, als ich erlebte, womit sich Menschen mit 75+ so beschäftigen. Ich habe gemerkt, womit ich mich „füttern“ möchte und was ich wirklich nicht brauche. Gott hat mich, auch wenn ich es nicht immer bewusst wahrgenommen habe, getragen. Ich kann nicht verstehen, wie Ungläubige das Leben meistern. Die Endlichkeit wird einem mit zunehmendem Alter immer bewusster, die Frage nach dem Sinn des Lebens stellt sich doch irgendwann.

Was ist oder war dir für deine Familie wichtig?

Mir ist immer wichtig gewesen, dass unsere Kinder einen christlichen Weg gehen. Was für mich selbstverständlich war, ist bei unseren Kindern nicht mehr so. Unsere Tochter war da z.B. auch sehr hinterfragend. Für suchende Jugendliche war die Situation damals in der Gemeinde auch aufgrund der häufigen Pfarrerwechsel nicht optimal. Man braucht eine gute Gemeinde mit Ansprechpartnern. Bei unserem jüngeren Sohn lief das anders. Tobias kam in eine gut funktionierende Junge Gemeinde, war Lobpreisbandmitglied. In Beziehung und Ehe sind immer ein offenes Wort und Aussprachen, aber auch gemeinsames Bitten vor Gott eine gute Basis. Gebet hilft immer und Dankbarkeit ist mir wichtig. Wir lebten mit meinen Eltern unter einem Dach. Es gab dann aber auch schwere Zeiten, als die Mutter dement wurde. Dort haben wir erlebt, was Gebet ausmacht. Wir erhielten dadurch Kraft und Frieden. Andererseits war die häusliche Nähe auch sehr schön und man hatte jemanden, der mal mithilft, die Kinder behütete oder ähnliches. Heute ist diese Gemeinsamkeit durch unsere Individualität etwas auseinandergerückt.

Gottes Wege haben manchmal eine überraschende Wendung …

Ja, in einem Urlaub in Kärnten war es bei einer Wanderung neblig und regnerisch, die Wege schlecht markiert. Irrtümlicherweise sind wir in ein falsches Tal abgestiegen. Am Fuße des Tales gab es eine Straße mit einer Bushaltestelle. Leider war der Bus gerade weg und es hielt ein kleiner Transporter, dessen Fahrerin fragte, wo wir hin wöllten. Es stellte sich heraus, dass wir das gleiche Ziel hatten, und wurden mitgenommen.

Was wünschst du dir für unsere Gemeinde?

Dass der Mix aus Jung und Alt mit den vielfältigen Veranstaltungen erhalten bleibt, durch viele getragen wird und weiter auch sichtbar wachsen kann. Dazu wünsche ich uns Gottes Gnade und Zuspruch.

Vielen Dank für das nette Gespräch!


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59
Dezember 2016 und Januar 2017

Das Leben mit Jesus ist erlebbar und „Beine wegziehend“

Jens Haser lebt mit seiner Familie in Naundorf und gehört seit einem Jahr zu unserer Gemeinde. Seine Frau Daniela ist Tierärztin. Zur Familie gehören die beiden Kinder Valentin und Matilda; nicht zu vergessen: zwei Meerschweinchen und eine Katze.

Jens, du bist von Beruf Feuerwehrmann. Wie ist es dazu gekommen?

Die Feuerwehr hat mich schon immer fasziniert. Mit 18 bin ich in die Freiwillige Feuerwehr Hetzdorf eingetreten. Schon damals dachte ich, dass die Berufsfeuerwehr schon richtig cool wäre. Nach dem Abitur erlernte ich dann den Beruf des Rettungsassistenten beim DRK. 2002 bewarb ich mich bei der Berufsfeuerwehr Dresden und wurde angenommen, sozusagen „mit dem Hochwasser angespült“.

Du bist ein professioneller Lebensretter. Wie ist es für dich, Leben zu retten?

Größtenteils sind es ja ganz normale Aufgaben, bei denen man Menschen in allen möglichen Situationen beisteht. Das eigentliche „Leben retten“ kommt zwar auch vor, ist aber nur die Spitze des Eisbergs.

Was ist für dich das Wichtigste im Leben?

Das Wichtigste und Schwierigste zugleich ist, im Alltag die Verbindung zu Jesus zu halten.

Wie bist du zum Glauben gekommen?

Ich war immer ein Gegner der Christen und hab vom Glauben früher überhaupt nichts wissen wollen. Ich habe sogar dagegen geschossen. Und dann hab ich eine Frau kennen gelernt, die Christin war. In Diskussionen mit ihr und mit anderen hab ich Beweise gesucht, dass das Christsein alles Quatsch ist. Aber die Christen, die ich dabei kennen lernte, meinten es wirklich ernst und sie hatten etwas anderes an oder in sich als die, die ich vorher kannte und die vorgaben, Christen zu sein. Ich habe lebendige Christen kennen gelernt, die an Jesus geglaubt, mit ihm wirklich gelebt und ihn gesucht haben. Und das hat mir imponiert. Später fand ich heraus, dass das mit dem Heiligen Geist zu tun hatte. Ich habe dann angefangen, die Bibel zu lesen, um das alles zu verstehen. Durch die Bibel hat Gott zu mir gesprochen. Letztendlich stand ich vor der Entscheidung, entweder in meinem Leben weiterzumachen wie bisher oder zu akzeptieren, dass Gott zu mir gesprochen hat. Ich habe mich dann logischerweise 2002 für Letzteres entschieden.

Was fasziniert dich an Jesus Christus?

Das Beste an ihm, finde ich, ist, dass er so überraschend anders ist. Er tut nicht das, was wir erwarten, er agiert und reagiert völlig anders als wir es oft in unseren engen Grenzen denken. Er ist voller Menschlichkeit, Göttlichkeit, Weisheit und Gnade. Es ist alles so rund bei ihm.

An welcher Stelle in deinem Leben hast du Gott am Stärksten erlebt?

Das war natürlich schon bei meiner Bekehrung. Ich habe vorher ein völlig weltliches Leben gelebt: ein starker Humanist im Absturz begriffen. Durch Jesus habe ich mein Leben völlig neu ausgerichtet. Ich habe ganz andere Werte und Ziele bekommen. Wie er mein Leben umgekrempelt hat, das ist das Stärkste, was ich erleben durfte. Man kommt aus einem Leben, das von naturwissenschaftlichen Grenzen bestimmt wird und psychologisch erklärbar ist, in ein Leben hinein, das übernatürlich ist. Und dieses Leben ist erlebbar und „Beine wegziehend“.

Vervollständige bitte den Satz: Ein Leben ohne Gott wäre für dich wie …

… tot.

Du bist Mitarbeiter im Leitertrainingskurs. Was bewegt dich in Bezug auf Leitertraining?

Für mich ist es nicht nur primär, Leiter herauszubilden, sondern das Schönste ist, in einer Gemeinschaft den Leibes-Gedanken zu leben und gemeinsam zu Christus hin zu wachsen (Epheser 4,15). Leiterschaft beginnt mit Jüngerschaft. Es entsteht Beziehung, man verletzt sich auch mal gegenseitig und vergibt einander, und dabei werden Leiter herausgebildet.

Was ist die wichtigste Frage, die du gern von Gott beantwortet hättest?

Ich habe so viele „Warums“. Die wichtigste Frage ist vielleicht diese: Warum bin ich so, wie ich bin? Paulus schreibt, dass er die guten Dinge tun will, aber er sieht an sich selber, dass er diese Dinge nicht immer tut. Manchmal entscheide auch ich mich bewusst, die schlechten Dinge zu tun, aber ich kriege es in dem Moment einfach nicht besser hin. Und da frage ich mich: Warum ist das so? Ich will es doch eigentlich nicht.

Was ist dein größtes Gebetsanliegen?

Am meisten bete ich für unsere Kinder.

Worüber freust du dich zurzeit am meisten?

Dass sich Valentin so gut entwickelt hat.

Was macht dich vor allem traurig?

Die Zerrissenheit der Christen. Das geht mir echt auf den Keks. Ich sehe in der Einheit der Christen riesige Stärken und ein riesiges Potential, stattdessen kocht jeder sein eigenes Süppchen. Durch Grabenkämpfe sind wir schwach. Und das ist ein Punkt, der mich sehr nervt und ärgert. Wir schauen immer mehr auf unsere Unterschiede, statt auf das, was uns eint, nämlich Jesus Christus.

Welches sind deine größten Vorbilder?

Mein Lieblingsvorbild ist Bruder Andrew, der Bibelschmuggler Gottes. Er ist echt, er war voll Gnade und voll Weisheit Gottes. Er hat ein Leben geführt, das ich sehr nachahmungswürdig finde.

Was sind deine Hobbys?

Ich gehe Fliegenfischen, hier direkt vor der Haustür in der Bobritzsch.

Was haben dir deine Eltern vor allem mitgegeben?

Auf jeden Fall viel Liebe. Ich bin immer geliebt worden, hatte ein geborgenes Zuhause und wusste stets, dass ich jederzeit nach Hause kommen kann.

Und was willst du deinen Kindern mitgeben?

Ich will sie wissen lassen, dass ich sie immer liebe, egal was ist, und sie immer nach Hause kommen können. Zusätzlich das Plus, dass es jemanden gibt, auf den sie sich noch mehr verlassen können als auf mich. Und das ist Jesus.

Wenn du eine Million gewinnen würdest, was würdest du tun?

Ich würde mir ein kleines Segelboot kaufen. Aber eigentlich will ich gar keine Million gewinnen, weil es einfach Nöte macht, die ich nicht haben muss.

Gibt es einen Traum, den du dir irgendwann erfüllen möchtest?

Mich reizt es, noch Theologie zu studieren.

Wenn du wüsstest, dass du nur noch kurze Zeit zu leben hast, was würdest du tun?

Ich würde, glaube ich, endlich den „Arsch noch mehr hochkriegen“ und ein paar Leuten von Jesus erzählen. Die Menschenfurcht noch ein bisschen mehr verlieren.

Welcher Bibelvers ist dir besonders wichtig?

Sprüche 16,9: Des Menschen Herz erdenkt sich seinen Weg; aber der Herr allein lenkt seinen Schritt. Das ist der Vers, mit dem ich mich bekehrt habe.

Wir feiern im nächsten Jahr 500 Jahre Reformation. Welche Bedeutung hat für dich die Reformation?

Luther hat einen riesigen Aufbruch geschaffen. Die Kirche war in einer totalen Sackgasse. Ich genieße gern die Früchte, aber ich würde mich freuen, wenn es noch eine Reformation der Reformation gäbe, damit die Leute wieder mehr auf Jesus schauen. Und die Bibel als das ernst nehmen, was sie ist: als Wort Gottes. Nicht nur als Leitlinie, um ein guter Mensch zu werden, sondern als lebendiges Wort Gottes.

Gemeinde ist für dich …

… ein Zuhause.

Was fällt dir als erstes zu unserer Gemeinde ein?

Die tolle Arbeit für das Reich Gottes, der Glaubenskurs.

Was sollte unsere Gemeinde verstärkt tun?

Ich finde, wir müssen mehr versuchen, einander kennen zu lernen und mehr Sachen miteinander zu tun. Wir sollten mehr Kapazitäten schaffen, damit alle an einem Strang ziehen. Es gibt noch zu viel Grüppchenbildung, man kennt sich noch nicht gut genug, wenige machen zu viel. Die Masse müsste mit hineingenommen werden, um gemeinsam ins Reich Gottes zu investieren. Dazu gehört es auch, Ängste zu verlieren und Vertrauen zu lernen. Wir brauchen mehr Gemeinschaft, um besser das Reich Gottes bauen zu können, und das alles mit Freude.

Vielen Dank für das ehrliche Gespräch. Dir und deiner Familie wünschen wir weiterhin viel Segen unseres Herrn.

Frank Herter


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58
Oktober und November 2016

Miteinander den christlichen Glauben leben

Für dieses „Gemeinde aktuell“ hat sich Daniel Liebscher mit dem frischgebackenen Ehepaar Müller getroffen, das in der zweiten Lebenshälfte mit Gottes Hilfe neues Glück gefunden hat. Janett und Andreas Müller haben beide das 50. Lebensjahr schon überschritten, im Dezember 2015 haben sie standesamtlich geheiratet und wurden am 13. August 2016 in der Jakobikirche getraut.

Janett, kannst du ein paar Sätze zu deiner Geschichte und deiner Verbindung zur Jakobikirche sagen?

Ja, ich bin gleich gegenüber der Kirche in der Dresdner Straße aufgewachsen und in der Jakobikirche getauft und konfirmiert. Im Glauben hat mich meine Omi geprägt, die mich in die Kirche mitgenommen und zur Christenlehre geschickt hat. Ich habe auch ein Jahr lang Flöte gelernt. Die Groß-eltern meiner Freundin waren Kirchner, so dass ich oft mit in die Kirche kam. Als Kind habe ich besonders gerne beim Krippenspiel mitgemacht, oft als Engel, so bin ich gleich über die Straße gegangen, oder als Prophet, da habe ich von der Kanzel gesprochen. In meiner Lehrzeit ging ich noch zur Jungen Gemeinde, aber seit meinem Fachstudium in Rodewisch kam ich nur noch zu Weihnachten.

Andreas, wo warst du zu Hause, und wie war es bei dir mit der Gemeinde?

Ich bin ein richtiges Stadtkind vom Wasserberg, meine Eltern haben für meine Taufe und Konfirmation gesorgt, zum Gottesdienst sind wir in die Anton-Günther-Straße gegangen. Der Glauben gehört bei mir einfach dazu, auch wenn ich ihn mehr innerlich und im Stillen gelebt habe.

Kannst du von einer Erfahrung berichten, wo du Gott eindrücklich erlebt hast?

Das war der Fall, als ich auf dem Wehrkreiskommando überzeugt werden sollte, länger zur Armee zu gehen, was ich nicht wollte. Da hat mir Gott wirklich geholfen, dass ich bei meinem Nein bleiben konnte. Und dann kam die Wende und ich bin ganz drum herum gekommen. Das ist für mich ein Erlebnis mit Gottes Hilfe.

Andreas, du hast in deinem Leben eine große Enttäuschung erlebt?

Ja, ich habe im Jahr 2000 meine erste Frau geheiratet und wir wurden in der Kapelle in Zug getraut, wie meine Großeltern und Eltern auch. Unsere Ehe hat sich leider nicht gut entwickelt, vor allem auch in Bezug auf den christlichen Glauben. Dadurch ist mein Vertrauen stark enttäuscht worden. Nach 10 Jahren wurde die Ehe geschieden. Und ich wollte allein bleiben. Ich hatte eigentlich nur noch meine Arbeit, als Fliesenleger bin ich schon viele Jahre bundesweit im Einsatz.

Janett, wie ging es bei dir weiter?

Ich habe mit 20 Jahren geheiratet. Mein Mann war kein Christ. Und meinen Glauben lebte ich auch nur im Stillen, d.h. Weihnachten ging ich in die Kirche. Wir haben zwei Jungs bekommen, die wurden in der Jakobikirche getauft. Und sie sind dann sogar freiwillig zur Konfirmation in die Petrikirche gegangen, darüber war ich richtig froh, ein Wunder Gottes! Ansonsten war ich nicht glücklich und unser Miteinander in meiner Ehe wurde immer schwieriger. Im Jahr 2000 besuchten wir den Glaubenskurs. Aber es wurde nicht besser. 2004 war meine Not so groß, dass ich unsere Pfarrerin, Gundula Rudloff, aufsuchte. Wir nutzten eine Eheberatung bei „Team F" und ich ging zum Hauskreis. 2006 war ich wieder beim Glaubenskurs dabei, doch dann hatte ich einen richtigen Zusammenbruch und kam zur Reha in eine christliche Klinik. Dort habe ich Gott erlebt und auch ganz persönlich zu ihm gesagt: Ich will dich erleben und spüren! Und ich habe es festgemacht, dass er der Weg, die Wahrheit und das Leben für mich ist! Trotzdem war es sehr schwer, als wir uns nach 24 Jahren trennten und meine Ehe gescheitert war. Da war der Glauben an Gott mein wichtigster Halt. Aus Dankbarkeit war ich wieder im Glaubenskurs und habe den Begrüßungsdienst gemacht. Seitdem bin ich auch fest im Hauskreis involviert. Stück für Stück ging es mir psychisch wieder besser, ich kam auch von den Tabletten los und konnte Heilung und Stärkung als Person durch Gott erfahren. Und ich habe immer wieder Gottes Versorgung erlebt.

Kannst du dafür Beispiele nennen?

Ja, es ist ein Wunder, dass ich die ganze Zeit die Wohnung behalten konnte, was mir sehr wichtig war. Oder 2012 war ich in Zagelsdorf bei einer Singlefreizeit, gerne wollte ich ab September dort eine berufsbegleitende Bibelschule besuchen. Da bekam ich eine Auszahlung von Zinsen und jemand bot mir finanzielle Unterstützung an. So konnte ich viel lernen.

Und du warst weiterhin auf der Suche nach einem Partner?

Ja, das wir mir ganz wichtig, ich habe auch noch mal gemerkt, dass es für mich mit meinem Partner ohne Gott nicht funktioniert. Seit Oktober 2012 habe ich meinen zukünftigen Ehemann gesegnet und immer mit Gott so gesprochen: Du hast gesagt in deinem Wort: „Der Mensch soll nicht alleine sein". Gib mir doch bitte den richtigen zu mir passenden Ehemann.

Dann hat es aber noch eine Weile gedauert?

Ja, ich musste Geduld lernen, dass ich nicht immer vorneweg renne. 2014 habe ich noch gesagt: Nichts ist für mich schlimmer als alleine zu sein. Seit einer Freizeit war der Gedanke einer Annonce da. Praktisch hat mir eine Freundin geholfen, diese bei der Freien Presse aufzugeben mit dem entscheidenden Satz: „Suche den Mann fürs Leben, mit dem ich den christlichen Glauben leben kann." Es sollte ja auch ein Freiberger sein! Und dann habe ich mein Wunder Gottes erlebt, Andreas ist mein Geschenk Gottes!

Andreas, jetzt wurde es für dich interessant?

Eigentlich wollte ich gar keine Frau mehr haben. Im Rückblick muss ich aber sagen, dass Gott etwas vorbereitet hat. Am Samstag vor dem Lesen der Annonce habe ich den Film „Die Bibel" auf DVD angeschaut. Er stand schon sehr lange noch verpackt im Schrank. Der Film hat mir irgendwie viel Hoffnung gegeben und dann kam der nächste Tag. Bei meinen Eltern zum Mittagessen las ich die Annonce und steckte sie heimlich ein – meine Mutter hat es trotzdem gemerkt.

Was hat dich daran so angesprochen?

Der Satz hatte auf mich eine große Wirkung, ich wollte es gar nicht glauben, was da stand. Ich habe versucht, zwischen den Zeilen zu lesen. Und dann habe ich angefangen zu schreiben, ich habe tausendmal angefangen. Was sollte ich schreiben? Ich habe das noch nie gemacht. Doch dann war der Brief fertig, handschriftlich und ein großes Bild, damit ich nicht zu viel schreiben musste. Und ich habe ihn tatsächlich abgeschickt. Ich dachte: Wenn Gott will, kann ich doch mein Glück versuchen.

Und dann hast du auf einen Anruf gewartet?

Nein, ich war völlig überrascht, als Janett eine Woche später anrief. Ich war ganz still und musste mich danach gleich dafür entschuldigen. Ich dachte, sie kriegt bestimmt Tausende Zuschriften.

Und, Janett, habt ihr euch dann getroffen?

Ja, auf dem Untermarkt. Andreas kam mit Blumen, wir wollten Kaffeetrinken, aber es kam noch ein Spaziergang im Tierpark dazu und ein Abendessen. Ich konnte einen richtigen Ehemann-TÜV machen.

Andreas, wie war es für dich?

Schön, aber ich hab die ganze Zeit gedacht, ich bin doch eh nur einer von vielen, die getestet werden. Doch bei der Verabschiedung hat mir Janett Hoffnung gemacht. Am Sonntag hat sie gleich wieder angerufen und wir haben einen Ausflug zur Augustusburg gemacht. Fortan traf man sich öfter, wir haben telefoniert und SMS geschrieben und uns so kennengelernt.

Janett:

Andreas hat mir immer eine Rose geschenkt. Einmal hat er gesagt: „Bis ans Lebensende, wenn du willst."

Was haben eigentlich eure Familien zu eurer Liebe gesagt?

Wir sind bei den Eltern jeweils sehr gut aufgenommen worden, auch von meinen Söhnen, und mein Enkel hat mal gefragt: „Schwebt die Omi immer noch auf Wolke 7?"

Habt ihr denn gleich ans Heiraten gedacht?

Eigentlich nicht, aber seit Silvester 2014 stand es fest, dass die Beziehung für immer sein sollte. Im Sommer 2015 hat uns eine Situation in der Familie gezeigt, wie schnell alles vorbei sein kann. Da haben wir uns gesagt, worauf warten wir noch, und wir haben einen Plan gemacht. Erst standesamtlich heiraten, dann Janett's Wohnung renovieren und zusammenziehen und danach die kirchliche Trauung in der Jakobikirche, der große Traum von Janett. Und so ist es dann auch geworden. Der Höhepunkt war unsere Trauung am 13. August 2016.

Wie war das für euch?

Es war ein herrlicher Tag, die Feier und der Gottesdienst waren wunderschön und unser Spruch passt: Der Herr denkt an uns und segnet uns! (Psalm 115,12) Das haben wir ja erlebt. Seit dem Segen gehören wir irgendwie noch fester zusammen und spüren Gottes Hände über uns. Und jetzt können wir den Inhalt der Annonce leben: Mit dem Mann und der Frau fürs Leben den christlichen Glauben teilen. Wir beten zusammen und lesen Gottes Wort, wir gehen sonntags gemeinsam zum Gottesdienst. Damit bringen wir unsere Einigkeit zum Ausdruck.

Habt ihr gemeinsame Träume und Ziele?

Dass Andreas doch in der Region Arbeit findet, damit er in der Woche nicht so weit weg ist. Wir wollen gerne etwas weitergeben von dem, was wir erlebt haben, damit auch andere Mut bekommen, Enttäuschte und Einsame.

Ihr Lieben, es ist schön zu sehen, wie Gott bei euch Vieles zum Guten gewendet hat und wie er euch beschenkt hat. Seid weiterhin gesegnet und bringt euch ein mit euren Gaben und Erfahrungen, damit auch andere durch euch beschenkt und gesegnet werden! Vielen Dank für eure Offenheit.


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57
August und September 2016

„Ich bin verrückt nach der Predigt!“

Für unser Interview hat Pfarrer Daniel Liebscher Frau Ingeburg Rehwagen besucht und sich mit ihr unterhalten:

Frau Rehwagen, Sie sind 86 Jahre alt, ganz neu in unserer Kirchgemeinde und wirklich oft anwesend, das fällt positiv auf. Wie kommt das?
Ja, ich bin am 31. Januar 2016 offiziell aufgenommen worden und in die Kirche wieder eingetreten, obwohl ich nie bewusst ausgetreten bin. Vorher habe ich mich nicht richtig getraut, einfach zu kommen. In den 50er Jahren war ich regelmäßig zu Abendandachten in der Jakobikirche.

Warum haben Sie sich jetzt gerade in der Jakobikirche gemeldet?
Ich habe zum Beispiel Margitta Richter wiedergetroffen, die ich von früheren Zeiten kenne. Mir gefällt die lebendige Gemeinde; das ist wie eine Familie, da gehöre ich hin. Kinder sind meine Welt. Und ich bin verrückt nach der Predigt. Auch wenn manches erst mal weg ist, irgendwann sind die Sätze wieder da. Das lohnt sich.

Wo waren Sie in den letzten Jahren?
Ich muss zugeben, ich war jetzt über zwanzig Jahre lang am Sonntagvormittag in der Sauna. Aber jetzt gehöre ich zur Gemeinde, da komme ich auch zum Gottesdienst, solange ich es kann. Ja, ich staune, dass Sie sich immer aufmachen! Da muss man sich manchmal überwinden, aber das geht, wenn man es will. Ich kann auch mit dem Bus fahren, und nach dem Gottesdienst habe ich mehrere Gelegenheiten, nach Hause zu kommen. Deshalb will ich jetzt auch mal ins Kirchencafé gehen.

Das ist vorbildlich, Frau Rehwagen, dieses Sich-Überwinden, und noch dazu in Ihrem Alter. Das kann vielen anderen Mut machen! Man kann sich ja auch melden, wenn man Hilfe oder eine Mitfahrgelegenheit braucht. Sie kommen auch noch zu anderen Veranstaltungen?
Ja, ich gehe zum Seniorensingen in der Beutlerstraße und zum Frauenkreis in der Dresdner Straße. Mir gefällt der gute Zusammenhalt, die Verbundenheit wie in einer Familie. Im Gottesdienst bin ich immer weiter vorgerückt, jetzt ist die 31 mein Stammplatz. Und es gibt jemanden, der mich beim Abendmahl mit nach vorn nimmt, sodass ich genug Halt habe. Aber wenn ich die Kinder sehe oder das Foto von der Konfi-Rüstzeit im Gemeinde aktuell, da könnte ich direkt mit reinhuppen. Ich hab schon noch Schwung, wenn ich auch wackle.

Frau Rehwagen, wie sind Sie eigentlich zum Glauben gekommen?
Als Kind habe ich mich für Gott interessiert und wollte in die Kirche, aber ich durfte nicht. Ich dachte immer, wenn ich groß bin, dann geh ich rein. Als ich mit 14 ins Pflichtjahr nach Berthelsdorf kam, ging ich zum ersten Mal in die JG. Wir sollten in großen Bibeln Mose aufschlagen, doch ich wusste ja gar nichts. Das ist gleich aufgefallen und da bin ich dann nicht mehr hingegangen. Mit 15 war ich wieder zu Hause in Halsbrücke. Als ich einmal Hausarrest hatte, fand ich ein Neues Testament auf dem Boden und fragte die Großmutter danach. Die sagte dann, jetzt ist Schluss, ich nehme dich mit in die Kirche. Und dann ging es los. Ich fing mit dem Konfirmandenunterricht an und wurde dann gleich für sechs Wochen zum Katecheten-Lehrgang geschickt. Ich konnte gar nicht genug kriegen. Mir langte alles nicht, ich hätte jeden Tag in der Kirche sein können. Eine entscheidende Erfahrung für mein Vertrauen zu Gott hatte ich noch mit 16 Jahren im Winter 1946, als ich zu einer Rüstzeit bei Bad Elster fahren wollte und dort in der Nacht nicht ankam, aber in einem Haus aufgenommen wurde. Das war Gebetserhörung und Bewahrung, die man nicht vergisst.

Und was haben Sie dann alles in der Kirche gemacht?
Kindergottesdienst in Conradsdorf, auch mal die Orgelbegleitung im Gottesdienst oder gelegentlich den Pfarrer bei Gottesdiensten vertreten. Ich hab gemacht, was nötig war. Aber ich war ja außerdem noch viel unterwegs, so in Großhartmannsdorf oder in Freiberg und bin als Helferin mit zu Konfirmandenrüstzeiten gefahren.

Sie haben auch Gottesdienste gehalten?
Ja, irgendwann wollte der Superintendent den „2. Pfarrer von Conradsdorf“ kennenlernen, dadurch kam ich dann in den 70er Jahren zum kirchlichen Fernunterricht in Neudietendorf. Das war schön, und das Praktische war für mich gar nicht so schwer.

Das klingt ja spannend. Wie ging es denn dann mit Ihrem Dienst weiter?
Das ist leider eine traurige Geschichte. Irgendwie war für mich alles auf einmal zu Ende. Das war in der Zeit, als die Nikolaikirche aufgegeben wurde, Pfarrer Falkenberg wegging, ebenso Pfarrer Richter in Großhartmannsdorf und Pfarrer Mütze in Conradsdorf. Da habe ich den Anschluss verloren. Später habe ich noch eine Zeitlang in der katholischen Gemeinde mitgeholfen, doch irgendwann stand ich ganz ohne Gemeinde da.

Wie ist es Ihnen damit persönlich gegangen?
Erst war alles so intensiv und dann war ich ganz leer. Ich war mit meinem Glauben alleine. In der Bibel habe ich auch nicht mehr regelmäßig gelesen. Aber einmal hat mich ein Wort besonders getroffen:
Verlass dich auf den HERRN von ganzem Herzen, und verlass dich nicht auf deinen Verstand, sondern gedenke an ihn in allen deinen Wegen, so wird er dich recht führen. (Sprüche 3,5+6)
Dieser Spruch kommt immer wieder und ist ein fester Bestandteil meines Lebens geworden. Ich habe mich natürlich abgelenkt. Fünf Jahre lang habe ich mich intensiv um eine Mitbewohnerin im Haus gekümmert. In ihre Familie bin ich bis heute gut integriert. Ich bin viel gereist und war immer unterwegs, aber jetzt bin ich schon seit zehn Jahren nicht mehr weggefahren.

Frau Rehwagen, Sie sind alleine?
Ich war seit 1953 verheiratet, und 1991 ist mein Mann verstorben. Kinder haben wir keine, deshalb war meine Sehnsucht nach der Gemeinde auch so groß. Man darf nicht denken, man wird dort nicht mehr gebraucht und will niemandem zur Last fallen. Gerade im Alter soll man in der Gemeinde bleiben, solange es geht.

Danke für diesen Rat, oder haben Sie für uns noch eine „kleine Predigt“?
Ich habe den Willen, etwas zu tun und bete, dafür auch die Kraft zu bekommen. Und ich lerne es, Hilfe anzunehmen. Die Gottesdienste und die Gemeinschaft geben mir so viel, auch die neuen Lieder. Wenn wir zum Beispiel singen: „Ich will näher zu dir, Jesus“, dann ist das richtig gut.

Liebe Frau Rehwagen, ich bin überrascht von dem Einblick in Ihr Leben. Da gibt es bestimmt noch viel Spannendes zu hören, und ich staune, wie Sie mit 86 nochmal einen Neustart gewagt haben: Gratulation! Möge Gott Ihnen noch viel Kraft dafür schenken und daran wirken, dass sich viele ein Beispiel an Ihnen nehmen. Herzlichen Dank und Gottes Segen für Sie.


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56
Juni und Juli 2016

Das Thema Ehearbeit liegt uns beiden am Herzen

Clemens und Annegrit Voigt sind seit sieben Jahren verheiratet und haben einen Sohn Theodor. Annegrit kommt aus der Nähe von Riesa und ist Lebensmittelchemikerin. Nicht nur im Beruf ist sie den kleinsten Molekülen in Lebensmitteln auf der Spur, sondern auch Gottes Wort hinterfragt sie gern sehr tiefgründig, wenn sie nicht gerade tanzt, bastelt oder Bücher liest. Clemens ist in Meißen aufgewachsen und arbeitet als Betriebsleiter bei der BayWa AG. Er ist Landwirt und Agraringenieur und kennt sich z.B. in Sachen Grassamen bestens aus, was nicht zuletzt auch dem eigenen Kleingarten zu Gute kommt. Zum Interview besuchte Ronny Dietrich Familie Voigt in ihrem gemütlichen Zuhause.

Eure Familien kannten sich schon lange, ihr hingegen seid euch in jener Zeit nie begegnet …
Annegrit: Ja, wenn wir in der Familie darüber reden, finden das alle ganz witzig. Auch, dass wir uns in einer Zeit kennenlernten, als Clemens gerade ein Jahr seiner Lehre in Hannover verbrachte und eigentlich gar nicht da war.
Clemens: Während der Ausbildung in Hannover habe ich die Mitarbeit bei der evangelischen Jugend in Meißen jedoch nicht unterbrochen. Annegrit machte 2004 gerade ein freiwilliges soziales Jahr in Meißen. Da haben wir uns kennengelernt.

Bis ihr ein Paar wurdet, hat es aber immer noch gedauert …
Annegrit: Zusammengekommen sind wir dann 2006 während des Studiums in Dresden, und 2008 haben wir geheiratet.
Clemens: In einem Gespräch mit Pfarrer Liebscher erfuhren wir, dass uns damals ein Kommilitone von ihm getraut hat … Die Welt ist halt auch nur ein Dorf.

Wie seid ihr nach Freiberg bzw. in unsere Gemeinde gekommen?
Annegrit: Nach dem Studium machten wir erst einen Zwischenstopp in Coswig. Nach seinem Wechsel nach Hainichen wollten wir etwas näher an Clemens‘ neuer Arbeit wohnen und zogen nach Freiberg. Hier sind wir zeitgleich mit dem neuen Pfarrer Daniel Liebscher und seiner Familie angekommen.
Clemens: Ich bin bisher immer dafür gewesen, in diejenige Gemeinde zu gehen, zu der man vom Wohnort her gehört. Also hab ich geschaut, in welches Gemeindegebiet wir denn gezogen sind. So sind wir in die Jakobikirche zum Gottesdienst gegangen und haben uns wohl gefühlt. Wieder gibt es hier eine kleine Parallele. Die Kirche meiner Heimatgemeinde ist vom gleichen Architekten wie die Jakobikirche geplant und auch gleich gebaut worden. Da fühlte ich mich gleich willkommen.

Was findet ihr gut an unserer Gemeinde?
Clemens: Nun, das breite Altersspektrum der Gemeindeglieder, die gemeinsam Gottesdienst feiern, finde ich beeindruckend. Ebenso finde ich schön, dass die Kinder den Gottesdienst mit beginnen und noch eine Zeit dabei sind und so auch mitbekommen, was Gottesdienst ist.
Annegrit: Für mich ist der Gottesdienst der Mittelpunkt des Gemeindelebens. Und ich finde es schön, dass er so zahlreich besucht wird und nicht jeder nach dem Ende des Gottesdienstes auseinanderhetzt. Da spürt man die Gemeindegemeinschaft. Und ich finde es schön, dass wir durch die Gemeinde und vor allem unseren Hauskreis Anschluss und Freunde gefunden haben. Dadurch merkt man auch, wie man Wurzeln schlägt. Als wir in Coswig wohnten, haben wir uns ebenso bemüht, in die Gemeinde hineinzuwachsen, aber das ging nicht so richtig. Auch in den Kirchgemeinden, in denen wir vorher waren, haben wir versucht, durch Mitarbeit und Gottesdienstbesuche „dazuzugehören“. Nur sind wir da nicht so gut reingewachsen.

Was macht ihr konkret ehrenamtlich in der Gemeinde?
Clemens: Ich spiele gelegentlich Bass und bin Hobbyheimwerker, was gut mit der Arbeit im Technikteam (Tontechnik und Beamer) zusammenpasst. Sehr gern würde ich in einer festen Lobpreisband mitspielen, aber dabei ist die Zeit das Problem. Da ist mir das Thema Ehearbeit wichtiger.
Annegrit: Ich helfe beim Kindersachen-Flohmarkt mit. Und das Thema Ehearbeit liegt uns beiden am Herzen. Aber neben allem Engagement wie Ehearbeit oder Technikteam ist uns die Familie und auch Familienzeit wichtig.

Ihr sprecht das Thema Ehearbeit an, was genau stellt ihr euch darunter vor?
Clemens: Wir waren vor einiger Zeit auf einem Ehewochenende von TEAM.F. Dort kam es mir aufs Herz, dass man sowas bei uns auch anstoßen könnte, da es etwas Derartiges in unserer Gemeinde bisher nicht gibt. Über solch ein Angebot würden wir uns freuen und kennen auch andere, die davon profitieren könnten. Wir finden, das ist ein sehr wichtiges Thema. Ein Kernpunkt beim Thema Ehe, so stellen wir fest, ist die Kommunikation! Wenn eine Familie im Alltag zwar funktioniert, aber nicht mehr wirklich miteinander redet oder reden kann, braucht es Gelegenheiten, um das Miteinander wieder anzuregen.
Annegrit: Erste Unterstützung für die Etablierung eines Eheangebotes kam von unserem Hauskreis. Durch die Werbung dafür und die Ideen-Sammel-Veranstaltung im März sind wir mittlerweile ein kleiner Kreis von ca. 10 Personen. Wir haben das Ziel, ein kontinuierliches Eheangebot in der Gemeinde aufzubauen. Es soll einfach Segen bringen und wie eine Art Tankstelle für Ehepaare werden. Da es nicht für alle möglich ist, sich ein freies Wochenende zu nehmen und auf ein Seminar zu fahren, soll es etwas Regelmäßiges vor Ort geben. Das können z.B. Seminare oder Candle-Light-Dinner mit verschiedenen Impulsen sein. Wir können damit vielleicht keine kaputten Ehen retten, aber Anstoß zum Reden geben und Gott eine Möglichkeit einräumen, in Beziehungen hineinzusprechen.

Was bedeutet es für euch, in einen Hauskreis zu gehen?
Annegrit: Mir bedeutet unser Hauskreis sehr viel. Es ist schön, in vertrauter Runde Sorgen und fröhliche Ereignisse zu teilen und gemeinsam vor Gott bringen zu können. Das tut mir gut. Außerdem haben wir durch den Hauskreis Freunde gefunden. Und ich finde es gut, mit anderen über den Glauben zu diskutieren oder Bibelstellen zu „sezieren“.
Clemens: Für mich bedeutet Hauskreis Familie, Geborgenheit, Austausch und über die Bibel nachdenken.

Wer ist Gott für euch?
Annegrit: Für mich ist die göttliche Bezugsperson eher der Vater als Jesus. Unglaublich ist es, wie im alltäglichen Leben Gottes Gegenwart spürbar ist. Wenn ich einen Regenbogen sehe, dann ist es für mich wie ein göttliches „Hallo“.
Clemens: Im Gottesdienst spüre ich den heiligen Geist sehr oft und wie er mir Kraft gibt. Durch die Arbeit bin ich stark gefordert, aber ich bekomme da Kraft und bin wieder aufgebaut in vielerlei Hinsicht. In der Pubertät war mir oft nicht nach Gottesdienst, aber ich habe während der Zeit in der Jungen Gemeinde meinen Platz bei Gott gefunden. Viele Erlebnisse mit Gott bestärken mich auch jetzt darin, in der Ehearbeit weiterzumachen. Mein Eindruck für Freiberg ist: Es wird ein Licht sein! Vielleicht nicht unbedingt durch die Ehearbeit, aber durch Gottes Handeln.

Habt ihr ein Lebensmotto oder etwas ähnliches, das euch hilft, wenn euch der Wind hart entgegenweht?
Annegrit: Ich singe gern und wenn der Wind sehr stürmisch wird, dann höre und singe ich das Lied von Brian Doerksen nach Psalm 13: „How long, oh Lord“.
Clemens: Wenn der Wind hart weht … dann bete ich!

Habt ihr einen Bibelvers, der euch begleitet?
Annegrit: Mein Konfirmationsspruch, Jeremia 29,13-14 „… wenn ihr mich von ganzem Herzen suchen werdet, so will ich mich von euch finden lassen, spricht der HERR, …“
Clemens: Mein Taufspruch, 1. Clemensbrief 36,1 „Das ist der Weg, Geliebte, auf dem ihr euer Heil finden werdet: Jesus Christus.“

Vielen Dank für as nette Gespräch.


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55
April und Mai 2016

Einfach in der Stille vor Gott

Josefina Heger ist mit Jan verheiratet und von Beruf Sozialpädagogin. Zurzeit arbeitet sie als Erzieherin im evang.-luth. Kindergarten St. Johannis. Zu ihrer Familie gehören die Kinder Noah und Rahel. Frank Herter traf sich mit ihr zu einem Interview.

Wie bist du zum Glauben gekommen?
Ich bin in einem christlichen Elternhaus aufgewachsen. In Radeburg bei Dresden wurde ich in der lutherischen Gemeinde groß und besuchte dort Christenlehre, Konfirmandenunterricht und Junge Gemeinde. Gut erinnere ich mich z.B., wie wir mit 66 Streichholzschachteln die Namen der biblischen Bücher gelernt haben. In dieser Gemeinde wurde ich gut an den Glauben herangeführt. Später spielte ich auch in der Lobpreisband Gitarre. Als ich 15 war, habe ich an einem Segnungsabend in einer Rüstzeit mein Leben noch einmal neu Jesus übergeben. Dort wurde ich so mit dem Heiligen Geist erfüllt, dass ich in der nächsten Zeit allen, die ich traf, freudestrahlend von meinem Erlebnis erzählen musste. Ich habe Gottes Liebe so sehr gespürt.

Wie bist du bzw. seid ihr zu unserer Gemeinde gekommen?
Ich habe vier Jahre in Würzburg Sozialpädagogik mit dem Schwerpunkt Musiktherapie studiert. 2006 haben wir geheiratet. 2010 sind wir dann aufgrund von Jans Arbeitsstelle nach Freiberg und später dann auch in die Jakobigemeinde gekommen.

Ein Leben ohne Gott wäre für dich ...
…undenkbar und ohne Sinn. Ich hätte keine Sicht auf die Ewigkeit, keine echte Zuversicht und Hoffnung.

Kannst du uns ein besonderes Erlebnis mit Gott erzählen?
Ich habe mir im Februar eine Auszeitwoche in Rathen genommen. Ich suchte die Stille, um meine Beziehung zu Gott wieder zu intensivieren. In der letzten Zeit ist es mir so wichtig geworden, einfach in der Stille vor Gott zu sein. Das Bibelwort
„Es soll euch zuerst um Gottes Reich und seine Gerechtigkeit gehen, dann wird euch das Übrige alles dazugegeben.“ (Matthäus 6,33)
hat mich dahin geführt. Je mehr ich mich auf Gott ausrichte, desto mehr kümmert er sich um alles andere, verändert Menschen, löst Probleme. Gott hat mir wieder die Freude geschenkt, zu ihm zu kommen und in seiner Gegenwart zu sein. Auf der Arbeit und in der Familie bin ich ständig gefordert, aber bei Gott ist das anders. Er drängt sich nicht auf. Er wartet geduldig auf mich, bis ich zu ihm komme. In dieser Woche habe ich versucht, das ein Stück weit umzusetzen. Und es war sehr heilsam. Zurück im Alltag nehme ich mir regelmäßig abends Zeit für Gott, wenn die Kinder im Bett sind.

Was bedeutet dir Jesus?
An Jesus fasziniert mich, dass er immer wieder die Stille gesucht hat, um aufzutanken. Er hat sich Zeit für Gott genommen. Und er weiß, wer er vor Gott ist, nämlich sein Sohn. Das darf ich von ihm lernen: Ich bin Gottes geliebte Tochter, egal, was ich leiste. Ich kann ihm vollkommen vertrauen und brauche mir keine Sorgen zu machen, denn Gott sorgt für mich. Und das führt mich zur Dankbarkeit. Ich danke ihm für das, was er mir gegeben hat: meinen Mann, meine Kinder, alle Umstände. Denn es gibt einen Zusammenhang zwischen Vertrauen und Dankbarkeit. Je mehr ich Gott danke, desto mehr vertraue ich ihm und umgekehrt.

Was machst du besonders gern?
Mein Herz brennt für die Musik: Singen, Klavier und Gitarre spielen, aber auch mal mit den Kindern Quatsch machen.

Was begeistert dich?
Für mich war lange Zeit das „Pflicht erfüllen“, das „Funktionieren“ im Vordergrund, deshalb bin ich wieder neu am Suchen, was mich begeistert. Ich möchte durch die Freude an der Musik meine Liebe zu Gott ausdrücken und dies auch auf meine Arbeit mitnehmen. Mich begeistert außerdem, dass Gott mir immer wieder Liebe für besonders schwierige Kinder in meiner Arbeitsstelle schenkt. Und mich begeistert wahrhaftiger Lobpreis und Anbetung.

Wie sieht für dich ein „perfekter Tag“ aus?
Ausschlafen, eine Zeit mit Gott haben, die Kinder fröhlich sehen, einen schönen Familienausflug machen und am Abend noch Klavier spielen. Das wäre für mich ein wunderbarer Tag.

Was würdest du gern einmal erleben, wenn du genug Zeit und Geld hättest?
Ich würde gerne mal eine MEHR-Konferenz in Augsburg erleben.

Was machst du, wenn du mit dem Auto eine Reifenpanne hast?
Ich rufe zuerst meinen Mann an und bete.

Welcher Bibelvers ist dir besonders wertvoll?
Das ist mein Trauspruch: Kolosser 3,12-14:
So zieht nun an als die Auserwählten Gottes, als die Heiligen und Geliebten, herzliches Erbarmen, Freundlichkeit, Demut, Sanftmut, Geduld; und ertrage einer den andern und vergebt euch untereinander, wenn jemand Klage hat gegen den andern; wie der Herr euch vergeben hat, so vergebt auch ihr! Über alles aber zieht an die Liebe, die da ist das Band der Vollkommenheit.
Das habe ich mir als Vorbild für meine Ehe genommen, obwohl Paulus es eigentlich an die Gemeinde schreibt.

Wenn es möglich wäre, eine Zeitreise zu machen: In welche biblische Person würdest du gerne mal für einen Tag hineinschlüpfen und warum?
Mich fasziniert Paulus total, weil er extrem viele Herausforderungen mit Gott bewältigt. Er wusste, wofür er kämpfte.

Was ist das Wichtigste, das du deinen Kindern fürs Leben mitgeben willst?
Dass sie bedingungslos angenommen sind von Gott und sich ihm gegenüber nicht verstellen müssen. Dass sie wissen, wer sie in Gott sind, nämlich seine Königskinder.

Worüber freust du dich zurzeit am meisten?
Dass meine Kinder und mein Mann mich in der Auszeitwoche vermisst haben.

Was macht dich momentan traurig?
Dass viele Eltern nicht wissen, wie sie ihre Kinder erziehen sollen. Was es bedeutet, Mutter und Vater zu sein. Wie sie richtig mit ihren Kindern umgehen sollen. Die Überforderung geht manchmal in destruktive Erziehungsmuster über. Das macht mich traurig.

Welche Bedeutung haben Pfingsten und der Heilige Geist für dich?
Eine sehr große, denn ohne den Heiligen Geist hätte ich keinen Helfer, der mich näher zu Gott bringt. Er hilft mir, Gottes Herz und Wesen näher kennen zu lernen. Er hat mir die Sehnsucht nach Gebet und Freude am Bibellesen geschenkt. Das Sprachengebet ist mir dabei eine große Hilfe geworden.

Gemeinde ist für dich …
… eine große Familie. Ein Zusammentreffen von vielen Generationen, die alle dasselbe Ziel haben, nämlich Gott zu suchen, Gott anzubeten und gemeinsam mit ihm unterwegs zu sein.

Was schätzt du an unserer Gemeinde besonders?
Ich schätze vor allem die gute Kinder- und Jugendarbeit. Das habe ich so in meiner alten Gemeinde nicht erlebt. Ich schätze, dass die Verbindung von traditionellen und neuen Elementen im Gottesdienst eine Rolle spielt.

Wenn du etwas an unserer Gemeinde verändern könntest, was würdest du tun?
Ich würde gerne das gegenseitige Befruchten von Jung und Alt noch etwas besser herausarbeiten. Dass es mehr Kontakte zwischen den Generationen gibt. Das Kirchencafé und das Freiberger Allerlei schätze ich dabei sehr.

Vielen Dank für dieses interessante Gespräch.


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54
Februar und März 2016

Von Jesus erzählen, wo immer sich die Gelegenheit bietet!

Diesmal im Interview: Andreas Regitz ist mit seiner Frau Renate seit 23 Jahren verheiratet. Er hat zwei Söhne, Amatus und Jotam. Andreas kommt nicht von einem anderen Stern, aber buchstäblich vom Mittelpunkt der Erde, aus Pausa im Vogtland. Heute wohnt er mit der Familie in Oberbobritzsch und hat sein Hobby zum Beruf gemacht, denn er arbeitet an der Bergakademie Freiberg als IT-Administrator. Ronny Dietrich unterhielt sich mit ihm.

Deine Familie und du, ihr seid vor ca. einem Jahr offizielle Mitglieder unserer Gemeinde geworden. Was hat euch dazu bewogen?
Ich habe aufgrund vieler verschiedener Wohnorte schon etliche Gemeinden kennengelernt, zuletzt auch hier in Bobritzsch. Meine Absicht ist es immer, in die jeweilige Ortsgemeinde zu gehen. Da es hier aus verschiedenen Gründen in den letzten Jahren „nicht mehr passte“, waren wir auf der Suche nach einer Alternative.
Meine Frau hatte von ihrer Freiberger Zeit her immer noch Kontakt zu einem Hauskreis in Jakobi, und so begannen wir, die Gottesdienste dort zu besuchen.
Mir ist es wichtig, aus dem Gottesdienst etwas mitzunehmen: eine Ermahnung, eine Ermutigung, einen Gedanken, der mir im Glauben weiterhilft. Das ist in Jakobi oft der Fall. Außerdem erlebe ich hier die Freiheit, so zu sein wie ich bin, was mich begeistert. Wenn ich z.B. beim Lobpreis nicht aufstehe und die Hände hebe, werde ich ebenso wenig schief angesehen, als wenn ich es tun würde. In der Jakobikirche fühlen wir uns wohl und haben Gemeinschaft gefunden, was nicht zuletzt auch an dem Hauskreis liegt, zu dem wir inzwischen gehören. Die Möglichkeit, mich in die Gemeinde einzubringen, war ein weiterer wichtiger Punkt, zu Jakobi zu wechseln.

Wie waren denn die Umstände, unter denen ihr euch kennengelernt habt?
Wir haben uns auf einer Motorradfreizeit kennengelernt. Meine Frau reiste mit dem Auto an, weil sie Motorrad fahren wollte. Ich bin nur mitgefahren, weil mein Cousin nicht allein fahren wollte. Das war 1991. Als der Rüstzeitleiter, der ein Jahr jünger war als ich, uns Ältere um 22 Uhr ins Bett schicken wollte, protestierten wir. So unterhielten wir uns an jenem Abend „notgedrungen“ miteinander. Schnell merkten wir, dass wir uns beide für Computer interessierten, weshalb wir in Kontakt blieben.

Beschreib doch mal deinen Weg zu Gott!
Ich komme aus einem christlichen Elternhaus, mein Vater war Prediger. Mir wurde Christsein von der Wiege an vorgelebt, sodass es die logische Konsequenz für mich war, in unserer Gemeinde mitzuarbeiten. Ich habe unter anderem Jugendarbeit mitgemacht und unter Anleitung meines Vaters begonnen, Gemeinschaftsstunden zu halten.
Ich war stolz auf das, was ICH leistete. Als die Wende kam, ging mein Leben in kurzer Zeit den Bach runter. Meine damalige Frau lief mir davon, mein Job war weg, ich war sauer auf Gott und habe die Gemeindearbeit hingeworfen. Alles, worauf ich stolz war, war plötzlich fort. In dieser Zeit begegnete mir Gott. Eines Morgens las ich in der Losung:

„Seid allezeit fröhlich. Seid dankbar in allen Dingen.“ (1. Thessalonicher 5,16-18)

Ich hatte nichts mehr, wofür ich dankbar sein wollte. Als ich anschließend die Topfpflanzen goss, fand ich die Flamingoblume mit Blüten übersät. Das brachte mich zum Nachdenken über mein Christsein und war der Anfang auf dem Weg der Erkenntnis, dass Gott mich trotz allem lieb hat. So wurde aus dem „frommen“ Andreas nach 25 Jahren ein Mensch mit einer echten Beziehung zu unserem lebendigen Gott.
Das heißt aber nicht, dass es seitdem keine Talstrecken mehr gegeben hätte. In einer dieser Zeiten legte ich meinen Predigtdienst nieder und tat in der Gemeinde fast nichts mehr.
Eines Tages hörte ich im ERF (Evangeliumsrundfunk) einen Satz: „…vielleicht ist da draußen ein junger Mann, der die Gabe des Predigens hat, es aber nicht tut.“ Dieser Satz hat mich getroffen - ich schaltete das Radio aus.
In der nächsten Zeit begann ich, Gott zu fragen, was ich tun soll. Ich bekam den Spruch

„Predige das Wort, steh dazu, es sei zur Zeit oder zur Unzeit; weise zurecht, drohe, ermahne mit aller Geduld und Lehre.“ (2. Timotheus 4,2)

Seitdem versuche ich, die Gelegenheiten, die Gott mir gibt, zu nutzen, um Menschen von Gott zu erzählen, auch wenn ich mir oft nicht sicher bin, ob jetzt Zeit oder Unzeit dazu ist.
Dabei ist mir bewusst, dass ich das in der Verantwortung vor Gott tue.

Du bist beim Team des Glaubenskurses dabei. Wie kam es dazu?
Für mich ist die Mitarbeit in der Gemeinde eine Selbstverständlichkeit, weshalb ich mich auch in Jakobi einbringen und meine Gaben nutzen will. Nicht nur beim Predigen oder in Bibelstunden, sondern zum Beispiel auch mit Aushilfe beim Begrüßungsdienst oder beim Abendmahl.
Letztes Jahr fühlte ich mich von Gott dazu angestoßen, den Glaubenskurs als Teilnehmer zu besuchen. Ich erlebte dort eine wunderbare Gelegenheit, Menschen mit Gottes Liebe bekannt zu machen, weshalb ich meine Gaben gerne an dieser Stelle einbringen will.
Ich freue mich, wenn ich irgendwo mitdienen kann und Gott mich dazu gebraucht, anderen zu helfen.

Welche Bedeutung hat für dich die Bibel?
Sie ist für mich das Nonplusultra, die Gebrauchsanweisung für unser Leben. Gottes Wort, von dem ich mich immer wieder korrigieren lassen will.

Welche Spuren Gottes kannst du in deinem Leben sehen?
Mein Konfirmationsspruch ist:

„Der HERR ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.“ (Psalm 23,1)

Zur Konfirmation fand ich ihn unbedeutend, den kennt doch jeder, das ist nichts Besonderes. Aber bis heute erlebe ich, dass mir tatsächlich nichts mangelt. Zum Beispiel wollte ich schon zu DDR-Zeiten am liebsten etwas mit Computern machen, aber als Nicht-FDJler ohne Jugendweihe und fernab der mir bekannten Computerhersteller. So begann ich eine Lehre als Elektronikfacharbeiter beim VEB Elektronik Gera, wo Kassettenrekorder und Kondensatoren hergestellt wurden. Als es zur Aufteilung auf die einzelnen Abteilungen kam, erhielt ich den einzigen Lehrlingsplatz in einer Abteilung, die Computer baute, was mir bis zu meinem ersten Tag dort völlig unbekannt war. Aber Gott wusste um meinen Herzenswunsch und wie er zu erfüllen wäre. Ich erlebe bis heute, dass Er uns mit allem, was wir brauchen, versorgt. Darauf vertraue ich!

Jesus spricht: „Ich bin gekommen, um auf der Erde ein Feuer zu entfachen. Wie froh wäre ich, es würde schon brennen!“ (Lukas 12,49) - Wofür brennt dein Herz?
Das ist kurz gesagt „die Arbeit mit dem Wort Gottes“. Dabei geht es mir darum, sich darüber auszutauschen, sich gegenseitig zu korrigieren (ja, auch ich brauche Korrektur) und Zeugnis zu geben von dem, was ich erlebt habe.

Was ist dir im Glauben und Christsein wichtig? Was ist deine Leidenschaft in Bezug auf Glauben und Gemeinde?
An Jesus festhalten, egal wie die Situation ist. Gott in allen Dingen die Treue halten, auch dann, wenn es aus menschlicher bzw. weltlicher Sicht schwerfällt oder unverständlich erscheint.
Ich sehe in letzter Zeit zu viele Ehen in meinem Bekanntenkreis zerbrechen. Mir kommt das Thema Ehe in Predigten und Gemeindeveranstaltungen zu wenig vor. Vielleicht sollte es mehr Anleitung zum Führen einer Ehe geben, um Krisen vorzubeugen und beim Umgang mit ihnen zu helfen.

Wenn du unsere Stadt bzw. unser Land anschaust, was wünschst du dir?
Für Deutschland wünsche ich mir, dass wir die Verantwortung, die wir vor Gott haben, mehr in den Blick bekommen. Gott hat uns Gaben und Möglichkeiten gegeben. Was tun wir damit? Irgendwann müssen wir über unser Tun und Handeln Rechenschaft ablegen. Ich wünsche mir mehr Gottesfurcht bei allem Tun.
Wenn es für jemanden keine „höhere Instanz“ mehr gibt, führt das zu immer mehr ausufernder Gewalt.
Ich denke da nicht nur an das aktuelle Thema Flüchtlinge, sondern an alle, die Not leiden. Wir können nicht einfach die Augen und Türen verschließen und nichts tun.
Ein weiteres Problem sehe ich in den Gefahren des Internets. Besonders Familien müssten mehr dabei unterstützt werden, gewaltverherrlichende und pornografische Inhalte von ihren Kindern fernzuhalten.

Was fasziniert dich an Jesus Christus?
Dass er mich bis heute nie im Stich gelassen hat und stattdessen immer noch die Rechnungen bezahlt für das, was ich so verzapfe.

Hast du ein Motto, wenn es um Glauben, Leben und Gemeinde geht?
Von Jesus erzählen, wo immer sich die Gelegenheit bietet!

Vielen Dank für das nette Gespräch.


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53
Dezember 2015 und Januar 2016

Bei uns gibt es auf jeden Fall Hausmusik am Heiligabend

Die Freibergerin Bettina Neuber ist diesmal unsere Interviewpartnerin. Die Musik- und Ergotherapeutin ist noch in Elternzeit, hält aber schon Ausschau nach einer neuen Arbeitsstelle. Zur Familie gehören außerdem ihr Mann Thomas und die beiden Mädchen. Frank Herter traf Bettina Neuber in ihrem gemütlichen Wohnzimmer.

Was macht man als Musik- und Ergotherapeutin?
Als Ergotherapeutin arbeitet man zielorientiert in sämtlichen Altersgruppen an einer Störung oder Behinderung, die vom Arzt diagnostiziert wurde.
Die Musiktherapie ist eine nonverbale, handlungsorientierte Therapieform, welche auch bei allen Altersgruppen an Störungen ansetzt. Zum Beispiel wird das Singen von Liedern, das Spielen auf orff'schen Instrumenten oder das Musikhören dabei genutzt.

Wie bist du zum Glauben und in unsere Gemeinde gekommen?
Ich bin in einem christlichen Elternhaus aufgewachsen. In der Petrigemeinde habe ich die Christenlehre, den Konfirmandenunterricht und auch die Junge Gemeinde besucht. Als junge Erwachsene habe ich mich dann nach einem Hauskreis umgeschaut. Durch die übergemeindliche Jugendarbeit und die Jugendevangelisation JESUS HOUSE im Kinopolis 2007 kam ich in Kontakt mit Leuten aus dem Hauskreis Erler. So kamen mein jetziger Mann Thomas und ich in diesen Hauskreis und 2008 in die Jakobi-Christophorus-Gemeinde.

Was ist das Wichtigste für dich im Leben?
Meine Familie und Gott.

Hast du Vorbilder?
Meine Eltern und Jesus.

Welche der drei Personen Gottes hat bei dir besondere Bedeutung: der himmlische Vater, Jesus oder der Heilige Geist?
Für mich ist es Gott, der Vater. Bei einer Evas-Rüstzeit haben wir das einmal aufgeschlüsselt und es ist mir sehr deutlich geworden. Ich habe nämlich eine ganz tiefe Beziehung zu meinem Papa. Die Vaterbeziehung zu Gott ist für mich sehr wichtig.

Ein Leben ohne Gott wäre für dich ...
… trist, undenkbar, mir würde etwas fehlen, extrem schwierig.

Gibt es ein besonderes Erlebnis mit Gott in deinem Leben?
Aktuell fühle ich mich bei der Arbeitssuche sehr von Gott getragen. Ansonsten sind es die kleinen, alltäglichen Dinge, wo ich Gott erlebe. Unsere große Tochter wurde vor kurzem operiert und es ist alles gut gegangen. Dafür bin ich sehr dankbar.

Was begeistert dich? Man kennt dich aus mindestens drei Gemeindebereichen. Warum engagierst du dich z.B. bei dem sozialen Projekt „Weihnachten im Schuhkarton“?
Weil es eine gute Sache ist und weil es mir Freude macht, armen Kindern etwas abzugeben von unserem Überfluss. Erstaunlich ist, dass neben Gemeinden und Schulen das letzte Mal auch ein Friseurladen mitgemacht hat. Ich finde das sehr gut, weil er viel bessere Öffnungszeiten hat. Solche Initiativen brauchen wir wieder und noch mehr davon.
Es gibt auch das Angebot, dass wir vorbereitete Kartons ausgeben, die man nur noch befüllen muss. Ich bin dankbar, dass es so eine große Resonanz gibt.

Du bist Leiterin des Elki-Kreises. Was begeistert dich dabei?
Die Kinder! Es ist so toll, von Gott zu erzählen, dass sie schon so früh etwas vom Glauben mitbekommen. Wir singen z.B. immer wieder das Lied „Mein Gott ist so groß, so stark und so mächtig!“ Als meine Große zur OP musste und so große Angst vor der Narkosespritze hatte, hab ich ihr gesagt, dass sie an das Lied denken soll. Als sie wieder nach Hause kam, hat sie stolz erzählt, dass sie gar keine Spritze bekommen hat. Dass sie an das Lied gedacht hat und Gott ihr anders half, fand ich echt berührend. Solche Erfahrungen begeistern mich. Nebenbei: Ab Januar suchen wir für den Elki-Kreis Verstärkung.

Neulich konnte ich deine musikalischen Gaben beim Fagott spielen im Lobpreisteam erleben. Was bedeutet Musik und Lobpreis für dich?
Das ist für mich total wichtig. Lobpreislieder berühren mich immer wieder. Sie haben so eine Intensität. Da ist so viel Kraft dahinter und der Heilige Geist wird für mich spürbar.

Hast du noch andere Hobbys?
Musik (Fagott, Flöte und Klavier), meine Kinder und die Gartenarbeit. Ich mache so gerne Marmelade.

Was haben dir deine Eltern vor allem mitgegeben?
Ehrlichkeit. Und dass man den Zorn nicht ins Bett mitnimmt, sondern vorher (bevor die Sonne untergeht) nochmal darüber spricht (Epheser 4,26).

Was ist das Wichtigste, was du deinen Kindern fürs Leben mitgeben willst?
Dass sie immer auf Gott vertrauen können, egal wie blöd es läuft. Und dass sie immer zu ihm kommen können.

Wie entspannst du dich? Wo ist dein Lieblingsplatz?
Da setze ich mich am liebsten ans Klavier oder ich höre Musik.

Hast du eine „Bucketlist“ bzw. „Löffel-Liste“? Was würdest du gerne mal machen?
Ich würde gerne Dudelsack spielen lernen. Das war schon immer mein großer Traum. Und ich würde gerne mal nach Irland in den Urlaub fahren.

Wie lautet dein Lieblings-Bibelvers?
Das ist unser Trauspruch: Und dient einander, ein jeder mit der Gabe, die er empfangen hat, als die guten Haushalter der mancherlei Gnade Gottes. (1. Petrus 4,10)

Gemeinde ist für dich ...
… eine große Familie, wo ich mich gut aufgehoben fühle.

Was schätzt du an eurem Hauskreis?
Unsere Verschiedenheiten, weil wir unterschiedliche Charaktere sind und dazu noch aus verschiedenen Gemeinden kommen. Da gibt es sehr, sehr interessante Diskussionen.

Wenn du etwas an unserer Gemeinde verändern könntest, was würdest du als erstes tun?
Ich würde versuchen, die neue und die alte Musik besser in Einklang zu bringen. Ich liebe auch die Orgelmusik. Es braucht ein besseres Gleichgewicht. Zum Beispiel könnte ein Lobpreisteam auch mal ein Gesangbuchlied spielen.

Was sollte unsere Gemeinde verstärkt tun?
Mehr rausgehen in die Stadt. Claudia Skibitzki hat erzählt, wie sie mit einer Gruppe ins Rathaus geht, um zu beten. Das fand ich so krass. Das hat auf mich Eindruck gemacht. Der Bürgermeister hat dann berichtet, dass sich Dinge zum Guten bewegt haben. Auch die „Tage der Liebe Gottes“ und den Glaubenskurs finde ich richtig gut.

Wie feiert ihr Advent und Weihnachten?
Wir backen Plätzchen und schmücken das Wohnzimmer mit Kerzen und vielen erzgebirgischen Figuren (z.B. „Rachermannl“). Wir besuchen auch das Krippenspiel. Bei uns gibt es auf jeden Fall Hausmusik am Heiligabend. Darauf freue ich mich schon sehr.

Vielen Dank für dieses interessante Interview.


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52
Okober und November 2015

Authentisch leben mit Gott

Karoline und Burkhard Lohöfener kommen ursprünglich aus Leipzig und wohnen heute in Freiberg. Sie sind seit 2011 verheiratet, haben einen Sohn und erwarten bald Nachwuchs.
Karoline ist selbstständige Musikpädagogin und momentan in Elternzeit. Weil Musik ihre Leidenschaft ist, singt und spielt sie nicht nur im Beruf, sondern auch im Lobpreisteam. Außerdem ist sie im Elki (Eltern-Kind-Kreis) und in der Krabbelgruppe im Asylbewerberheim tätig.
Ihr Ehemann Burkhard arbeitet als Ingenieur im Bereich Automatisierungs- und Verfahrenstechnik am Deutschen Brennstoffinstitut in Freiberg. Die Leidenschaft für Musik teilt er mit seiner Frau. Er spielt nicht nur auf der Bühne, sondern zieht auch hinter den Kulissen im Technikteam an den Strippen. Neben musikalischen Aktivitäten unternimmt die gesamte Familie gern ausgedehnte Fahrradtouren. Ronny Dietrich traf sich mit Familie Lohöfener in entspannter Atmosphäre zum Interview.

Ihr kennt euch schon aus der Grundschule, aber wie kam es, dass ihr ein Paar wurdet?
Karo: Ja, wir kennen uns eigentlich schon seit der 2. Klasse, aber Burkhard hat mich da noch nicht bemerkt. In der 11. Klasse haben wir uns das erste Mal bewusst wahrgenommen. Ein Schuljahr später haben wir dann einmal etwas zusammen unternommen, denn Burkhard brauchte jemanden zum Tanzen. Bis wir ein Paar wurden, dauerte es dann noch einmal etwa ein halbes Jahr. Kurz darauf kam jedoch eine Zeit der räumlichen Trennung. Ich machte in Mecklenburg-Vorpommern ein FSJ und Burkhard ging für ein Jahr nach Schottland.
Burkhard: Wie wir zusammengekommen sind, war für mich eine Gebetserhörung. Ich hatte vor Karo keine Freundin und wollte auch keine haben, die nicht meine Frau wird. Ich habe Gott darum gebeten, dass er mir die Frau zeigt, die er im Blick hat und dass er alles vorbereitet. Als wir dann einmal so nebeneinander saßen, nahmen wir zeitgleich die Hand des anderen und wussten, dass wir zusammengehören (ohne jemals gefragt zu haben!). Für mich war dies das Zeichen: Das ist SIE.

Was hat euch nach Freiberg gezogen?
Burkhard: 2006 habe ich mich entschieden, in Freiberg zu studieren.
Karo: Mein Weg führte mich erst nach Nürnberg, denn dort wollte ich an der Musikhochschule studieren. Ich habe darum gebetet, die Aufnahmeprüfung zu bestehen und einen der wenigen Studienplätze zu erhalten. Ich bekam tatsächlich einen Platz über das Nachrückverfahren, weil ein Mitbewerber vergessen hatte, sich zurückzumelden.
Zu Studienbeginn war der Kommilitone dann doch da und obwohl ich seinen Platz hatte, haben sie ihn trotzdem aufgenommen.
Als ich mit dem Studium fertig war, studierte Burkhard noch und so bin ich 2010 nach Freiberg gezogen.

Wie hat euch Gott berührt, dass ihr ihm nachfolgt?
Karo: Mein Weg war ganz traditionell. Ich bin in einem christlichen Elternhaus aufgewachsen und bekam so das Christsein vorgelebt. So ging ich auch in die Junge Gemeinde, wo Gott peu à peu an mir wirken konnte.
Burkhard: Wie Karo komme auch ich aus einem christlichen Elternhaus. Ich ging in eine charismatische Gemeinde in Leipzig. Wichtig war mir immer eine persönlich Beziehung zu Jesus. Mein Wunsch war, dass auf ein Gebet hin auch eine Antwort kam. Dass Gott handelt und Antworten gibt, erfuhr ich immer wieder, wie z.B. beim Gebet um meine Frau. Aber auch zuvor bei der Suche nach einer geeigneten Stelle als Zivi wurde ich überrascht. Ich bekam eine Stelle in einer Wohngemeinschaft der Arche. Es ging darum, mit geistig behinderten Menschen in einer Wohngruppe zusammenzuwohnen und den Alltag mit ihnen zu verbringen. Die Menschen in der WG brauchten jedoch eher körperliche Hilfe. Das ich mit dieser Stelle die perfekte Wahl getroffen hatte, wurde mir erst später klar. Es war keine Arbeit, sondern eine Familie, in die Jesus mich hineingestellt hatte.

Wie habt ihr den Weg zu unserer Gemeinde gefunden, was hat euch dazu bewogen zu bleiben?
Burkhard: Wir kommen aus ganz unterschiedlichen Gemeinden und hatten so auch unterschiedliche Vorstellungen. Ich war seit dem Studienbeginn in der SMD (Studentenmission Deutschland). Als Karo dann nach Freiberg kam, waren die Wochenenden wieder frei und wir suchten nach einer Heimatgemeinde. Für uns waren traditionelle und moderne Musik in der Kirche wichtig und auch, dass es Möglichkeiten zum Austausch untereinander gibt, damit man andere Menschen überhaupt kennenlernen kann. Wir stellten fest, dass oft mit dem Schlussstück der Orgel die Kirche leer war. In Jakobi war das anders. Kirchenkaffee kannte ich aus der Zeit in Schottland bereits, hier kamen wir mit anderen ins Gespräch.
Karo: In Jakobi haben wir beide eine neue Heimat, persönlich und geistlich, gefunden. Ich habe große Schritte im Glauben getan, weil mir hier Glauben vorgelebt, aber nicht gefordert wird und ich viele Begegnungen mit dem lebendigen Gott erfahren konnte.

Was fasziniert euch an Jesus?
Burkhard: Der Grundstein unserer Ehe ist Jesus, er selbst hat dieses Fundament für uns gelegt. Gott selbst hat den Masterplan. Rückblickend auf unser bisheriges Leben sind wir begeistert von der mehr als guten Führung auf unseren Wegen. Die Erlösung durch Jesus macht die persönliche Führung Gottes in unserem Leben erst möglich.
Durch die Erfahrungen mit unserem Sohn wird mir immer klarer, was Gott meint, wenn er sagt, was wir tun sollen oder nicht; und wie es ihm gehen muss, wenn wir nicht auf ihn hören. Von dieser Treue und Geduld bin ich fasziniert.
Karo: Mich fasziniert, wie unglaublich geduldig Jesus ist. Er kennt uns genau und fordert uns auch, aber er überfordert uns nicht, sondern wartet, bis wir für Veränderung bereit sind.

Welche Erfahrung habt ihr gemacht, wenn es darum geht, anderen Menschen von Jesus und seiner Liebe zu erzählen?
Karo: Das ganze Spektrum von absolutem Desinteresse oder Aussagen wie: „Ist ja klar dass es bei euch klappt, ihr glaubt ja an Gott“, bis hin zu echtem Interesse, dass z.B. die Bibel, scheinbar so alt und verstaubt, heute für jemanden Wegweiser und Richtlinie sein kann.
Burkhard: Wenn Glauben ehrlich und ernsthaft gelebt wird, man also Dinge wirklich auch so tut, wie man es meint, wirft das irgendwann ehrliche Fragen auf. Es entstehen Anknüpfungspunkte, bei denen man auch ernsthafte Antworten geben kann.

Welche Höhen und Tiefen gab es bisher in euerm Glaubensleben?
Burkhard: Höhen und Tiefen gibt’s viele. Die Tiefen waren für mich immer Zeiten des Lernens und solche, aus denen ich gestärkt heraus ging. Es scheint, als ob es manchmal notwendig ist, durch ein Tal schreiten zu müssen, damit man mal aus seinem Trott herauskommt und neu über die Dinge, die man so tut, nachdenkt. Wenn für eine Sache das Feuer langsam zurück- oder gar ausgeht und man sie nur noch macht, weil man dazu eingeteilt ist, dann hat Gott sicher auch keinen Gefallen daran. Ich denke, Gott nutzt Höhen und Tiefen, um uns immer wieder neu auszurichten.
Karo: Vor allem meine Studienzeit war geistlich gesehen eher eine tote Zeit. Freizeiten und Hauskreis sind für mich immer wieder Oasen zum Auftanken und, um mich wieder neu auf Gott auszurichten.

Gibt es einen Bibelvers, der dich/euch begleitet, euch motiviert?
Karo: Da fällt mir unser Trauspruch ein, Joh. 15,16: Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt und bestimmt, dass ihr hingeht und Frucht bringt und eure Frucht bleibt, damit, wenn ihr den Vater bittet in meinem Namen, er‘s euch gebe.
Burkhard / Karo: Er macht uns immer wieder klar, dass nicht wir zu Gott gekommen sind, sondern dass er uns gesucht und auserwählt hat; dass wir als seine Kinder zu etwas berufen sind, nämlich Frucht zu bringen.
Und diese Frucht ist in erster Linie, Gottes Reich hier auf Erden zu bauen, also den Auftrag auszuführen. Das liegt uns am Herzen.

Was möchtet ihr gern anderen Menschen weitergeben?
Karo: Glauben hat etwas mit Leben zu tun und ist nicht etwas, was man sonntags aus dem Schrank holt!
Burkhard: „Beten, das heißt: Reden mit Gott.“ Man sollte die Antwort erwarten und darauf vertrauen, dass Gott antwortet. Keine Antwort sollte aber ungeprüft bleiben.

Was wünscht ihr euch für unsere Gemeinde?
Burkhard / Karo: Die Gemeinde soll ein Ort sein, an dem jeder geben und auch nehmen kann. Es soll ein Ort zum Wohlfühlen sein, dabei sollen die Nöte von einzelnen nicht unbeachtet bleiben. Nicht der Pfarrer ist die „Bezugsperson“, sondern die Gemeindeglieder sind es. Dann werden weiterhin Menschen leicht in unserer Gemeinde ihren Platz finden, um mit ihren Fähigkeiten am Reich Gottes mitzubauen und so gemeinsam zum großen Ganzen beitragen zu können.

Ihr habt vor nicht allzu langer Zeit die Leitung eures Hauskreises übernommen. Was ist euer Anliegen?
Burkhard / Karo: Wir sind seit vier Jahren in diesem Hauskreis. Vor etwa vier Monaten haben wir die Leitung übernommen, weil wir es auf dem Herzen hatten und, um die bisherigen Verantwortlichen zu entlasten. Als nun neue Hauskreisverantwortliche sehen wir unsere Funktion darin, den Hauskreis zu koordinieren und dafür Sorge zu tragen, dass es auch thematisch weitergeht. Karo war zuletzt in Chemnitz auf einem Hauskreisleiterseminar und hat dort viele gute Anregungen erfahren. Wir versuchen, davon einiges umzusetzen und sind gespannt, wie Gott wirken will.
Derzeit wandelt sich unser Hauskreis hin zu einem Familienhauskreis, d.h. wir haben Zuwachs besonders durch Familien mit Kindern bekommen, was aus unserer Sicht eine schöne Entwicklung ist.

Wie ist für euch Familie, Gemeinde, Beruf, Hauskreis und Hobby vereinbar? Wie schafft ihr diesen Spagat?
Karo: Ich bin in Elternzeit und zu Hause, was erstmal mehr Freiraum schafft. Außerdem haben wir tolle Nachbarn, die unseren Sohn gern mal haben wollen.
Burkhard: Zeitlich ist das schwierig unter einen Hut zu bringen. Elternzeit ist wirklich gut und zu empfehlen. Als Benjamin geboren war, hatten wir erst einmal alle ehrenamtlichen Tätigkeiten abgegeben. Wir brauchten die Zeit zunächst voll und ganz für uns. Nach und nach sind wir dann wieder eingestiegen. Unsere Ehe und Familie geht allem anderen vor.

Habt ihr ein Lebensmotto?
Burkhard / Karo: In der Woche das leben, was man sonntags hört und was man in der Bibel liest. Und Gott außerdem immer wieder neu fragen, was jetzt dran ist.

Was sind eure großen Ziele für die Zukunft?
Burkhard / Karo: Jetzt sind wir hier in Freiberg. Was kommt und wohin wir gehen, wissen wir nicht. Eines steht für uns aber fest: Wir wollen uns am Lebensende noch lieben wie am ersten Tag, egal wo wir sind und was wir tun. Wir wollen uns von Gott führen und überraschen lassen, denn ER ist GUT und seine Pläne sind das Beste für uns!
Vielen Dank für das nette Interview.


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51
August und September 2015

Weil Gott uns nahe ist, sollten wir ihm allezeit danken und ihn lobpreisen

Mit dem langjährigen Gemeindemitglied Christian Reiche hat Pfarrer Daniel Liebscher einen originellen Freiberger Musik- und Orgelfreund interviewt, der in seinem hohen Alter immer noch treu seinen Dienst in der Gemeinde ausfüllt und sogar noch als Lehrer arbeitet.

Herr Reiche, Sie gehören schon lange zur Jakobi-Christophorus-Kirchgemeinde, wie kam das und wo kann man Ihnen begegnen?
Ich bin jetzt schon fast 40 Jahre in der Jakobikirche zu Hause, weil ich lange in der Oststraße gewohnt habe, und es sind jetzt schon viele Jahre, dass ich im Sommerhalbjahr als Kirchner für die Mittagsmusik am Freitag in der Jakobikirche zuständig bin. Das ist mein kleiner Dienst in der Gemeinde.

Das hat sicher mit Ihrem besonderen musikalischen Interesse und Engagement zu tun?
Oh ja, ich hab schon viel gemacht, ich spiele Gitarre und Mandoline, ich singe sehr gern und habe verschiedene Kultur- und Instrumentalgruppen geleitet.

Und wie kommen Sie zu Ihrer besonderen Beziehung zur Orgel?
Als Kind ging ich mit meiner Mutter in die Nikolaikirche, da hat mir die Orgel besonders imponiert. Seitdem bin ich von diesem Instrument fasziniert. Als 13-Jähriger hatte ich meine erste Begegnung mit Bachs Musik, gespielt auf einem Harmonium in der Jakobistube.

Spielen Sie auch selbst Orgel?
Ich hatte zwar Unterricht, aber kein Klavier; das war damals schwierig. Doch ein Kantor hat mich später so weit gebracht, dass ich ein paar Choräle spielen kann. Außerdem habe ich immer besonders im Kirchenchor gesungen.

Wie ist es dazu gekommen?
Den Kontakt mit dem Glauben und der Kirchenmusik habe ich meiner Mutter zu verdanken, die mich zur Kirche mitnahm. Ich besuchte auch noch die Sonntagsschule bei der Landeskirchlichen Gemeinschaft. Nach meiner Ausbildung zum Stahl- und Maschinenbauer ging ich zum Kirchenchor. Da gab es Zeiten, wo wir Männerstimmen vor der Predigt die Motette in Nikolai und nach der Predigt in Petri mitgesungen haben. 1960 kam ich dann zum Domchor, wo ich über 40 Jahre lang mitsang. Manche Stücke, die jedes Jahr zweimal dran kamen, habe ich also 80 mal mitgesungen.

Möchten Sie dabei etwas hervorheben?
Ja, das sind die großen Werke von Bach, das Weihnachtsoratorium oder die Matthäuspassion. Diese haben mir sehr geholfen; sie sind ja auch Verkündigung und haben mich im Glauben wieder neu verankert. Das möchte ich nicht missen.

Was haben Sie beruflich gemacht?
Ich bin dann zur Bahn gegangen und konnte Wagenmeister werden. Wenn ich Schicht hatte, ist es auch vorgekommen, dass ich mit dem Fahrrad von Arbeit zwischendurch zum Dom gefahren bin, um dort unsere Stücke im Gottesdienst mitzusingen.

Und wie war das noch mal mit der Gitarre und dem Unterricht?
Ich bin jetzt schon viele Jahre als Lehrer für Konzertgitarre in verschiedenen privaten Musikschulen tätig.

Immer noch?
Ja, ich habe noch acht Schüler, das macht mir große Freude. Ich fahre zweimal in der Woche mit dem Bus, mit dem ich auch sonntags zum Gottesdienst komme. Durch das Alter ist das leider viel seltener geworden. Zu den Musiken an unseren Silbermannorgeln gehe ich mittags, abends schaffe ich das leider nur noch selten.

Und was hat Sie im Glauben geprägt?
Zuerst natürlich meine Mutter, die Sonntagsschule und dann das Singen im Chor, besonders aber die Werke von Bach. Ich kann sagen, dass ich in vielen Situationen die schützende Hand Gottes gespürt habe. Ein Ereignis ist da besonders eindrücklich, das ich schon als 11-Jähriger während des Krieges hatte. Draußen an der Brander Straße bin ich um mein Leben gerannt, als ein Geschoss direkt hinter mir in den Gehweg einschlug. Noch lange hat mich das Loch dort daran erinnert, dass Gott mich bewahrt hat.

Ist Ihnen ein Wort Gottes besonders wichtig?
Der Psalm 23, besonders der Anfang. Das ist auch mein Taufspruch:
Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.
Und auch Amos 5,6: Sucht mich, so werdet ihr leben.

Was bedeutet Ihnen der Dienst bei der Mittagsmusik?
Ich habe den Dienst damals von Herrn Bertlein übernommen; mal sehen, wie lange ich ihn noch tun kann. Natürlich ist mir die Silbermannorgel besonders wichtig, und die Musik.
Mittlerweile kenne ich auch viele Organisten. Ich halte immer eine kleine Begrüßungsansprache, bei der ich schon mal gesagt habe, dass alles zur Ehre Gottes geschieht. Weil Gott uns nahe ist, sollten wir ihm allezeit danken und ihn lobpreisen, nicht nur mit Lippenbekenntnissen, sondern auch mit Werken.

Das ist schon fast ein schöner Schlusssatz. Haben Sie noch etwas, das Sie den Lesern mitgeben wollen oder was Ihnen für die Gemeinde wichtig ist?
Ich bin dankbar für die Gemeinde, sie ist jünger und lebendiger geworden; sie hat sich positiv entwickelt. Ich finde es wertvoll, dass die Verkündigung klar und überzeugend ist.
Vielen Dank, Herr Reiche, für die interessanten Antworten und Einblicke.

Ich wünsche Ihnen und Ihrer Frau Gottes Segen und viel Kraft für Ihren Dienst auch im Alter.
Vielen Dank, dass Sie so treu freitags unsere Kirche aufschließen und die Besucher zur Mittagsmusik willkommen heißen und dafür, dass Sie auch für die Organisten die richtige Kontaktperson sind.
Natürlich wünschen wir uns zum gegebenen Zeitpunkt eine würdige Nachfolge und immer wieder viele Besucher zu den Musiken. Für die Erhaltung und Überholung unserer Silbermannorgel in Jakobi bis zum 300-jährigen Weihejubiläum 2018 sind die ersten Schritte bereits eingeleitet, was Sie besonders freuen dürfte. Vielen Dank noch einmal.


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50
Juni und Juli 2015

Nach dem Abi gehe ich beten!

Rahel Gneuß ist Mitarbeiterin und Lobpreisleiterin in der Jungen Gemeinde. Sie arbeitet außerdem im Schülergebetskreis des Geschwister-Scholl-Gymnasiums mit und spielt Piano in der Band „Lion of Judah“. Gerade macht sie ihr Abitur. Frank Herter hat sie beim Mittagessen getroffen.

Ein Leben ohne Gott wäre für dich ...
… ziel- und sinnlos.

Was fasziniert dich an Jesus?
Es gibt einerseits Momente, da erlebe ich ihn als guten Freund, der immer für mich da ist und bei dem ich Trost und Kraft finde. Und dann gibt es andererseits Momente, wo ich total von ihm fasziniert bin und es mich fast umhaut, wenn ich realisiere, was er für mich getan hat. Gerade an Karfreitag und Ostern habe ich ihn dieses Jahr sehr intensiv erlebt, als ich in der Bibel die Passionsgeschichte gelesen habe. Mir wurde klar: Wenn ich der einzige Mensch auf der Erde wäre, hätte er es trotzdem für mich getan. Er liebt mich, obwohl er mich ganz genau kennt. Und das finde ich sehr faszinierend und begeisternd.
Es gibt Momente, da staune ich, wie groß, wie schön und wie herrlich er ist und dass er der Sieger, der Löwe von Judah und gleichzeitig das Lamm ist. Jesus ist der Grund, warum ich lebe und das Ziel, worauf ich hinlebe.

Wie bist du zum Glauben gekommen?
Ich bin christlich aufgewachsen und habe schon im Kindergottesdienst den Glauben ernst genommen. Bereits als Kind habe ich gebetet. Über die Jahre hinweg bekam mein kindlicher Glaube eine andere Tiefe. Es gab viele Punkte, die mein Glaubenswachstum gefördert haben: Der Kindergottesdienst in Essen, der Konfiunterricht, die Junge Gemeinde, der PROMISE, der Bibelkreis. Bei meiner ersten Rüstzeit in Annaberg habe ich noch einmal neues Feuer für Gott bekommen und ihn sehr intensiv erlebt. Dann die Jüngerschaftsschule in Annaberg, der Einsatz in Moldawien und das Mentoring mit Antje.

Was bedeutet Lobpreis für dich als Lobpreisleiterin?
Lobpreis heißt für mich: Gottes Größe und Wahrheit bewusst über das zu stellen, was ich sonst sehe und erlebe. Ich richte meinen Blick auf Gott aus und bekenne, dass er über dem Sturm steht. Ich glaube, dass er groß, gut, allmächtig und gerecht ist, auch wenn ich das gerade nicht sehe. Ich spreche die Wahrheit über ihn aus und gebe ihm damit die Ehre. Ich richte meinen Blick weg von den Wellen - wie bei Petrus - und hin zu Jesus. Dabei ist wichtig, dass ich trotzdem nicht fromme Sätze runterbeten muss, sondern dass ich ehrlich vor ihm bin und mein Herz vor ihm ausschütte. Damit zeige ich ihm, dass ich nichts vor ihm verstecken will.

Hast du Vorbilder?
Ich habe gute geistliche Freunde, die für mich vorbildhaft sind. Dann gibt es bestimmte Persönlichkeiten, über die zu lesen mich sehr beeindruckt hat, z.B. Keith Green oder auch Dietrich Bonhoeffer. Zur Zeit bin ich von Johannes Hartl sehr begeistert. Von ihm beziehe ich sehr viele wichtige Impulse.

Kannst du ein besonderes Erlebnis mit Gott erzählen?
Als ich im letzten Herbst einmal gebetet habe, wünschte ich mir ein konkretes Zeichen seiner Liebe. Es reichte mir nicht, nur theoretisch zu wissen, dass er mich liebt und für mich da ist. Ich wollte es von ihm selbst und persönlich erfahren. Gott hat mir daraufhin geantwortet: „Ich habe dir das größte Zeichen meiner Liebe gegeben. Ich bin für dich ans Kreuz gegangen. Reicht dir das denn nicht? Was willst du denn noch?“ Daraufhin habe ich in mein Gebetstagebuch einen ganzen Liebesbrief von Gott an mich über zwei Seiten aufgeschrieben. Ich schrieb einfach los und es floss nur so. Gott hat mir darin seine ganze Liebe deutlich gemacht. Er sagte: „Du wünschst dir rote Rosen und ich schenke dir eine ganze Blumenwiese. Du wünschst dir einen Liebesbrief und ich habe die Bibel für dich schreiben lassen, das ist der größte Liebesbrief, den es gibt. Du wünschst dir kleine Zeichen meiner Liebe, aber ich habe dir das Kreuz gegeben. Reicht dir das nicht?“ Das war für mich nochmal so ein neues Zeichen, wo Gott mir persönlich sagt, dass er mich liebt.

Du machst gerade dein Abitur. Wie geht es für dich weiter?
Ich werde ab 1. Oktober für 10 Monate ins Gebetshaus Augsburg (www.gebetshaus.org) gehen. Das ist ein Ort, wo Gott ohne Pause angebetet wird durch Lobpreis, Gebet, Dank und Fürbitte; durch Musik und Wort. Ich werde dort eine Gebetshaus-Schule machen. Es klingt komisch, denn man könnte sagen: Nach dem Abi gehe ich beten!
In diesem Jahr für Gott möchte ich mich nochmal neu auf Gott ausrichten und ihn suchen. Es ist ein Orientierungsjahr, wo ich meine Beziehung zu Gott neu stärken möchte. Ich könnte natürlich auch irgendwo in der Welt ein soziales Projekt unterstützen, aber ich habe den Eindruck, dass es für mich jetzt erstmal dran ist, wie Maria Zeit mit Jesus zu verbringen und nicht wie Martha, aktiv zu sein.

Welchen Rat würdest du unseren Konfirmanden und Jugendlichen geben?
Kommt zur JG! Mir hat es sehr geholfen, eine feste Gruppe zu haben, weil es alleine immer schwerer ist, dran zu bleiben. Es gibt immer Zeiten, wo einem der Glaube langweilig oder überflüssig erscheint oder wo Zweifel aufkommen. Dann ist es sehr wichtig, dass man Menschen hat, die einen ermutigen.
Wenn du Gott nicht verstehst, dann kannst du zu ihm kommen und vor ihm weinen, schreien und ihm das alles hinlegen. Sei lieber wütend auf ihn und sag ihm das alles, als ihn links liegen zu lassen. Lass ihn niemals los.

Was ist die wichtigste Frage, die du gern von Gott beantwortet hättest?
Es ist die Frage nach dem Leid. Wenn sein Wille geschieht, warum passieren dann so viele Sachen, wo man den Eindruck hat, dass er nicht die Kontrolle hat? Das ist für mich sehr unverständlich. Dann die Frage: Wie funktioniert Gebet? Wie kann es sein, dass wir kleinen Menschen beten und dass sich der allmächtige Gott davon bewusst abhängig macht? Das ist auch ein Grund dafür, warum ich ins Gebetshaus gehen möchte.

Was haben dir deine Eltern mitgegeben?
Die christliche Erziehung. Ich bin total froh, dass ich schon als Kind so viel empfangen durfte und so viel in mich hineingelegt wurde, dass es mir heute viel leichter fällt, Jesus zu vertrauen. In meinen Glaubenskrisen habe ich schon viele gute Gespräche mit meiner Mutter gehabt. Besonders die Gebete mit ihr haben mich sehr ermutigt.

Was ist das Wichtigste im Leben für dich?
Das ist die Beziehung zu Gott, die Jesus im höchsten Gebot ausdrückt. Die Liebe zu Gott steht an erster Stelle. Man darf dabei aber nicht stehen bleiben, sondern sie muss sich in der Liebe zum Nächsten und der Liebe zu sich selbst zeigen. Ich wünsche mir, dass die Liebe Gottes alle meine Taten motiviert, auch wenn ich merke, wie weit ich davon noch entfernt bin.

Gibt es einen Bibelvers, der dir besonders wichtig ist und mit dem du besonders viel verbindest?
In der Konfizeit hat mich mein Konfirmationsspruch sehr begeistert:
Denn es sollen wohl Berge weichen und Hügel hinfallen, aber meine Gnade soll nicht von dir weichen, und der Bund meines Friedens soll nicht hinfallen, spricht der HERR, dein Erbarmer.
(Jesaja 54,10)
Dieser Vers war für mich ganz wichtig in einer Zeit, in der ich sehr an mir gezweifelt habe. Gott sagt hier: Egal, was passiert, egal, was die Umstände sagen, egal, ob du gebraucht wirst - meine Liebe zu dir steht einfach fest.
Zurzeit ist mir ein anderer Vers wichtig geworden, Jakobus 4,2:
Ihr habt nicht, weil ihr nicht bittet.
Hier sagt Gott eigentlich, dass der Schlüssel für Veränderung im Gebet liegt. Gott will uns so viel schenken, aber er wartet darauf, dass wir ihn darum bitten. Das finde ich faszinierend, wie er sich da bewusst von uns abhängig macht. Weil Gebet aber auch so eine Sache ist, in der ich noch ganz viele Fragen habe, bin ich besonders gespannt auf die Zeit in Augsburg.

Hast du schon mal an Gott gezweifelt?
Oh, ja. Auf jeden Fall. An Gott habe ich gezweifelt, solange ich glaube. Aber ich merke, dass sich das, woran ich zweifle, verändert und dass das, was feststeht, immer mehr wird.
Früher habe ich daran gezweifelt, ob es Gott gibt. Dass es Gott gibt, ist für mich heute keine Frage mehr. Heute sind es andere Fragen, aber der Grundstock, der feststeht, wächst ständig. Dass er gut ist, ist für mich mittlerweile klar. Heute zweifle ich an Gott, wenn ich das Gefühl habe, dass er mich ungerecht behandelt. Oder ich zweifle an ihm, weil ich ihn nicht verstehe. Aus dem Zweifel komme ich raus, indem ich weiterbete und mit geistlichen Freunden darüber rede und auf ihn warte.

Was ist Gemeinde für dich?
Ein Ort, wo ich meinen Glauben mit anderen Christen teilen kann, wo ich hinkommen kann wie ich bin, wo ich offen sein kann, wo ich zu meinen Schwächen stehen kann. Gemeinde ist ein Ort, wo ich von anderen Christen gestärkt und aufgebaut werde. Aber auch ein Ort, wo ich das, was ich gut kann, einbringe, um anderen zu helfen. Gemeinde ist ein Ort, wo ich gebe und nehme, wo ich trage und getragen werde.

Was gefällt dir an unserer Gemeinde?
Die Junge Gemeinde, weil sie ein Ort ist, wo ich gut auftanken kann. Dann gefällt mir das Zusammenspiel von der älteren Generation und der Jugend. Ich freue mich, dass die Konfis und Jugendlichen oft im Gottesdienst sind und auch, dass Lobpreis seinen Platz in unserem landeskirchlichen Gottesdienst findet. Und dass man bereit ist, aufeinander zu achten und sich zu respektieren. Das Kirchencafé und vor allem das Freiberger Allerlei finde ich einfach schön.

Wenn du etwas an unserer Gemeinde verändern könntest, was würdest du als erstes tun?
Ich würde den fehlenden Haken in der Kirchenbemalung im Altarraum in der Kuppel ersetzen. Es fehlt ein Häkchen in der Reihenfolge: Häkchen - Blatt - Häkchen - Blatt - Blatt - Häkchen usw.
Nein, kleiner Scherz. Was ich wirklich ändern würde, weiß ich jetzt nicht. Darüber muss ich erst nachdenken.

Vielen Dank für das Interview.


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49
April und Mai 2015

Gemeinde ist so etwas wie Heimat

Christina und Dr. Jürgen Fege gehören seit einigen Jahren fest zum Bild unserer Gemeinde. Gemeinsam bauten sie nach der Wende eine Praxis für Orthopädie in Brand-Erbisdorf auf. Dadurch waren beide zeitlich sehr in Anspruch genommen. Nach der Abgabe der Praxis und einer mit dem neuen Lebensabschnitt verbundenen Neuorientierung fanden sie in der Jakobi-Christophorus-Gemeinde alte Bekannte und Freunde wieder und auch eine geistliche Heimat.
Sie bringen sich überall dort in unserer Gemeinde ein, wo es gerade nötig ist. So sind beide fester Bestandteil des Vorbereitungsteams vom „Freiberger Allerlei“ (gemeinsames Mittagessen nach dem Gottesdienst im Gemeindehaus). Jürgen bringt sich außerdem beim Männerstammtisch mit ein und Christina im Kirchenkaffeeteam. Sie wohnen in Berthelsdorf, haben zwei erwachsene Kinder, fünf Enkel und eine Urenkelin. Regina Reimann unterhielt sich mit ihnen.

Was ist für euch in Gemeinde von besonderer Bedeutung?
Jürgen: Der Zusammenhalt, dass alle Altersgruppen in der Gemeinde vertreten sind und dass jeder versucht, mit dem anderen zurecht zu kommen. Der Umgang miteinander muss gepflegt werden. Zum Christsein gehört dazu, in Gemeinde zu leben, dass man mit anderen Gott loben und preisen kann. Dass man sich gegenseitig ermutigt und stärkt. Gemeinde gehört zum Glauben.
Christina: Gemeinde ist für mich so etwas wie Heimat. Ich empfinde das wie eine Familie mit Mutter, Vater, Oma, Opa, Tanten, Geschwistern und Kindern. Man gehört zusammen, und das ist gut so. Auch wenn man nicht mit jedem immer ganz eng ist, auch wenn man selbst manches anders machen würde.
Genauso wie in Familie ist es in Gemeinde wichtig, den anderen in seiner Art stehen zu lassen und anzunehmen. Gerade die Vielfalt – Menschen aller Altersgruppen, verschiedene Musikstile, unterschiedliche Möglichkeiten, den Glauben zu leben und auszudrücken – empfinde ich als bereichernd.

Warum ist euch Mitarbeit in der Gemeinde wichtig?
Christina und Jürgen: Das ist doch das Schöne an Gemeinde, dass man viele Möglichkeiten hat. Für alle Lebensbereiche und alle Altersgruppen gibt es Angebote: für Familien mit Kindern, für Jugendliche in der Jungen Gemeinde, für Senioren, ... Es gibt für jeden einen Bereich, wo er mit anpacken kann.
Es ist auch sehr angenehm, dass man untereinander verbunden ist. Dass jemand anruft und nachfragt, wenn man sich länger nicht gesehen hat, und dass man selber nach anderen schaut. Wichtig ist, dass man aufeinander Acht hat. Es ist uns wichtig, dass Gemeinde offen ist, dass wir aufmerksam füreinander sind – so kann man sich nach dem Gottesdienst umschauen: Ist hier ein neues Gesicht, das man zum Kirchenkaffee einladen könnte? Kirchenkaffee bietet eine gute Möglichkeit, sich zu treffen, neue Kontakte zu knüpfen und alte Kontakte aufzufrischen.
Gemeinde lebt von Beziehungen und das Kirchenkaffee bietet dafür einen guten Rahmen, den wir gerne mitgestalten.

Welche Vision habt ihr für Gemeinde?
Jürgen: Ich möchte mich weiterhin nützlich einsetzen für alles, was anfällt und notwendig ist, will mittendrin sein mit Jung und Alt. Es ist uns immer ein Anliegen, für eine gute Atmosphäre, für einen guten Geist zu sorgen. Der Heilige Geist soll anwesend sein.
Christina: Wichtig ist es, für die Gemeinde zu beten, dass der spürbare Geist Gottes in der Gemeinde bleibt.

Gibt es ein Bibelwort, das euch begleitet?
Jürgen: Das ist für mich Psalm 23.
„Der Herr ist mein Hirte,
mir wird nichts mangeln.
Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser.
Er erquicket meine Seele.
Er führt mich auf rechter Straße um seines Namens willen.
Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück;
denn du bist bei mir,
dein Stecken und Stab trösten mich.
Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde.
Du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir voll ein. Gutes und
Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang, und ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar.“
Dieser Psalm wurde schon vor so vielen Jahren gebetet.
Er begleitet auch mich schon sehr lange und gibt mir immer wieder Kraft.
Christina: Josua 1,5.
„Ich will dich nicht verlassen noch von dir weichen, spricht der Herr.“
Das war mein Konfirmationsspruch. Meine Mutter hat ihn damals für mich ausgesucht. Auch als ich im Glauben noch nicht so fest stand, war das trotzdem ein Vers, auf den ich immer zurückgekommen bin. Und mit der Zeit ist mir der Spruch immer wichtiger geworden. Das ist so eine ermutigende Zusage: „Der Herr wird dich nicht verlassen“. Ich habe diese Zusage bekommen und ich halte mich daran fest. Das gibt mir Kraft.

Gibt es jemanden, der für euch Vorbild ist?
Christina: Meine Mutter. Sie war eine stille und doch ganz starke, tiefgläubige Christin, die auch Menschen am Rande der Gesellschaft gut aufnehmen und annehmen konnte.
Es muss vielleicht auch den Jüngeren bewusst werden, dass die – meist sind es ja Frauen – Beterinnen sehr wichtig sind. Es gibt auch in unserer Gemeinde Beterinnen, die im Hintergrund beten, und dabei ganz viel für Gemeinde bewirken.
Jürgen: Unsere beiden Mütter und meine Großmutter haben viel für uns gebetet.

Was ist das wichtigste, was ihr euern Kindern mitgeben wolltet?
Christina: Der Glaube. Wir beten ganz viel für die Kinder, dass Gott ihnen den Weg zeigen möchte. Unsere Kinder wissen und erleben, dass wir sehr viel Kraft aus dem Glauben schöpfen. Wir haben einen wunderbaren Familienverbund und Zusammenhalt.
Meine Mutter sagte immer zu mir: “Christina, du hast so einen wunderbaren Spruch (Konfirmationsspruch)“. Wenn ich unsere Kinder morgens Gott hinlegen kann: „Herr, segne sie“, dann freue ich mich, dass ich alles an Gott abgeben kann. Man kann den Glauben nur vorleben. Die Entscheidung müssen sie selber treffen.

Welche Frage hättet ihr gerne von Gott beantwortet?
Christina: Warum lässt Gott dieses Töten zu, dass die Welt so aus den Fugen gerät? Wenn man die Not sieht, so viele unschuldige Kinder, die getötet werden, das ist unbegreiflich.
Jürgen: Ich lese zurzeit das Buch „Die Hütte“ von Paul Young. Dort wird das verständlich erklärt: Gott hat den Menschen vergeben, aber er lässt ihnen die Freiheit, sich für den Glauben zu entscheiden oder nicht.

Wie kommen wir an Menschen heran, wie können wir sie gewinnen?
Ich denke, wenn wir uns für den Menschen interessieren und ein ehrliches Interesse an ihm zeigen.

Wenn ihr wüsstet, dass ihr nur noch kurze Zeit zu leben hättet …
Jürgen: Ich weiß, dass mein Leben in Gottes Hand liegt und möchte auch in dieser Situation daran festhalten. Wir haben miteinander über unser Lebensende gesprochen und auch Vorsorge getroffen. Es ist ganz wichtig, nicht nur für die Älteren, dass klare rechtliche Regelungen und Absprachen getroffen werden.
Christina: Als mein Vater im Sterben lag, besprach er mit mir, wie seine Beerdigung ablaufen solle. Es war auch für mich eine Hilfe zu wissen, wie er es geregelt haben möchte.
Für mich ist wichtig, Gott zu bitten: Herr, mach es mit meinem Ende gut, und ich bete auch darum, einmal in Frieden gehen zu können. Wichtig ist es auch, die Kinder mit einzubeziehen. Kinder dürfen wissen, dass die Großeltern in den Himmel gehen. Es ist nicht gut, ihnen irgendetwas vorzumachen.
Nachdem meine Mutter gestorben war, hat unsere Enkeltochter, die den Tod ihrer Großoma bewusst miterlebt hat, noch lange danach mit ihr im Himmel telefoniert.

Was wünscht ihr euch für unsere Gemeinde? Was wollt ihr unserer Gemeinde sagen?
Christina: Die Jahreslosung für das Jahr 2015.
„Nehmt einander an, so wie Christus euch angenommen hat, zu Gottes Lob.“
In der Bibelübersetzung von Bruns kommt das so gut zum Ausdruck: „So nehmt einander freundlich an, wie Christus sich euer zur Ehre Gottes angenommen hat.“
Jürgen: Wenn man mit ehrlicher Freundlichkeit auf andere zugeht, und Jesus ist mittendrin, dann kann ein gutes Miteinander wachsen. Dafür ist auch das Freiberger Allerlei und das Kirchenkaffee gut, weil es alle Generationen umfasst und Beziehungen über die Altersgruppen hinweg entstehen, so dass die Älteren ihre Lebenserfahrung an die Jüngeren weitergeben können und diese auch in ihrem Glaubensleben begleiten. Und ebenso können die Älteren von den Jüngeren profitieren.

Vielen Dank für diesen Einblick in euer Leben. Ich wünsche euch, dass ihr weiterhin vielen Menschen zum Segen werdet.


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48
Februar und März 2015

In der Gemeinde zu Hause sein

Mandy Vogel kommt ursprünglich aus Naundorf. Sie besuchte in Freiberg das Gymnasium und erlernte danach den Beruf einer Ergotherapeutin. Heute wohnt sie zusammen mit ihrem Sohn Jonas und zwei Meerschweinchen in Freiberg. Wenn sie neben ihrem Job in der Rehaklinik Hetzdorf und der Familie etwas Zeit für sich selbst findet, liebt sie es zu singen, zu basteln und zu dekorieren; mit allem, was Gottes wunderbare Natur so hergibt. Ronny Dietrich traf sich mit ihr zum Interview.

Du wurdest im Kindesalter getauft. Wie ging es dann weiter?
Ja, ich wurde als Baby getauft und später auch konfirmiert. 15 Jahre lang habe ich beim Krippenspiel in unserer Gemeinde mitgewirkt, zuerst als „Darsteller“ und später in der Leitung, ohne aber mit dem Herzen dabei zu sein. Ich empfand Gemeindeleben als Pflicht und Gemeinde eher als einen Verein. Erst mit 32 Jahren, als meine Ehe gescheitert war und ich selbst nichts an der Situation ändern konnte, habe ich mich bekehrt. Bis zu diesem Zeitpunkt der Trennung war mein Leben durchgeplant und strukturiert. Ich machte alles irgendwie aus einem Pflichtbewusstsein heraus, konnte die Lasten aber kaum noch tragen.
Durch die familiäre Situation kam ich an einen Punkt, an dem ich durch eigenes Handeln nichts mehr verändern konnte. An dem Abend, als mein Mann auszog, sprach Gott durch eine Freundin zu mir: Ich solle mich in seine Hand fallen lassen! Und ich tat es.

Wie hast du Gott danach erfahren?
Ab dem Zeitpunkt habe ich ganz viel Heilung in mir erfahren. Zuvor war ich innerlich immer aufgewühlt, angespannt und zerrissen. An diesem Abend war es, als zerrisse eine Kette um mein Herz. Ich fühlte mich innerlich frei, mein Herz schlug hoch und ich war bei Gott geborgen und getröstet. Das Bibelwort „Gott ist in den Schwachen mächtig“ durfte ich hautnah erleben.

Und dann hast du Gott persönlich kennengelernt …
Später schenkte mir eine Freundin eine Bibel. Ab diesem Tag hatte ich immer so starkes Verlangen nach Bibellesen, dass ich jede freie Minute, z.B. zwischen Arbeit und Abholen meines Sohnes aus dem Kindergarten, zum Lesen nutzte. Jetzt wollte ich Gott aus dem Herzen heraus kennenlernen. Ich wurde dann auch in den Hauskreis von Freunden eingeladen und dort herzlich aufgenommen.

Wie bist du dann in unsere Gemeinde gekommen?
Die Freunde aus dem Hauskreis gehörten alle zur Jakobi-Christophorus-Gemeinde; so ging ich eines Sonntags ebenfalls mit hin. Ich war beim Betreten der Kirche und von Gottes Gegenwart so überwältigt, dass mir die Tränen kamen.
Durch die persönliche Begrüßung am Eingang fühlte ich mich wirklich eingeladen.
Ich wusste dann nicht so recht, wo ich mich hinsetzen sollte. Also nahm ich sehr weit hinten Platz, um niemanden „zu stören“.
Die Gemeindemitglieder, die sich neben mich setzten, begrüßten mich mit Handschlag, so dass ich mich in der Gemeinde sofort willkommen fühlte. Das war im Jahr 2012.

Du bist inzwischen Mitarbeiterin im Kindergottesdienst. Wie kam es dazu?
Es dauerte nicht lange und mir wurde von einer Freundin die Mitarbeit im Kindergottesdienst empfohlen. Ute, Heide und Eva von der Kinderkrabbelgruppe haben mich herzlich aufgenommen und mich Stück für Stück mit allem vertraut gemacht, was es im Kindergottesdienst so zu tun gibt.
Ich habe seitdem viel über die Gaben Gottes und meine Berufung nachgedacht und kann heute sagen, dass es mir Spaß macht und mich erfüllt. Ich habe meine Berufung gefunden.
Ich kann nur jedem ans Herz legen, sich in den verschiedenen Diensten der Gemeinde auszuprobieren, um seine eigene Berufung zu finden. Die freudestrahlenden Augen der Kinder sind Dank genug und motivieren mich auch, weiter zu machen.

Was hat sich seit deiner Bekehrung im Beruf verändert?
Im Beruf hat Gott mich in einer Art und Weise verändert, dass ich auch hier die Dinge an ihn abgeben kann und nicht alles selber tragen muss. Ich habe immer gedacht, dass meine Patienten an mich den Anspruch haben, dass ich sie gesund mache. Das hat mich auf Dauer ausgelaugt.
Heute lege ich es im Gebet in Gottes Hand und frage ihn, wie ich den Patienten auf ihrem Weg der Genesung helfen kann. Das entlastet mich; und wenn sie möchten, bete ich auch für sie.

Gibt es ein Bibelwort, das dich begleitet?
Ja, das ist Epheser 6, „Die geistliche Waffenrüstung Gottes“. Hier ein Auszug ab Vers 10:
"Seid stark in dem Herrn und in der Macht seiner Stärke. Zieht an die Waffenrüstung Gottes, damit ihr bestehen könnt gegen die listigen Anschläge des Teufels.
So steht nun fest, umgürtet an euren Lenden mit Wahrheit und angetan mit dem Panzer der Gerechtigkeit und an den Beinen gestiefelt, bereit einzutreten für das Evangelium des Friedens.
Vor allen Dingen aber ergreift den Schild des Glaubens, mit dem ihr auslöschen könnt alle feurigen Pfeile des Bösen, und nehmt den Helm des Heils und das Schwert des Geistes, welches ist das Wort Gottes.
Betet allezeit mit Bitten und Flehen im Geist und wacht dazu mit aller Beharrlichkeit im Gebet für alle Heiligen."
Es ist für mich ermutigend, dass wir den Anfeindungen dieser Welt nicht hilflos ausgeliefert sind, sondern Gott uns Handwerkszeug gibt, um uns zu schützen.

Was fasziniert dich an Jesus Christus?
Er ist immer ohne Vorurteile allen und jedem gegenüber.

Was denkst du über unsere Gemeinde?
Immer, wenn ich in die Gemeinde gehe, ist es für mich wie ein Familientreffen. Ich wünsche mir, dass das Zusammensein der Generationen wie beim Gemeindefest oder Freiberger Allerlei bestehen bleibt.

Vielen Dank für das Interview!


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47
Dezember 2014 und Januar 2015

Gott führt uns souverän und versorgt uns

Uwe Tesch kennen viele im Zusammenhang mit der Rumänienarbeit unserer Gemeinde. Frank Herter traf sich mit ihm während seines Heimaturlaubs im Oktober zu einem Interview.

Uwe, was sollte man über dich wissen?
Ich bin in Langenau geboren. Meine Ausbildung zum Metallurgen habe ich in Halsbrücke absolviert und 30 Jahre lang in diesem Beruf gearbeitet. Im Geheimen hatte ich aber immer den Wunsch, Erzieher zu werden. Jetzt hat mir Gott endlich die Gelegenheit gegeben, mit Kindern zu arbeiten.

Wie bist du zum Glauben gekommen?
Meine Eltern hatten mit dem Glauben an Gott nichts zu tun. Ich durfte in meiner Schul- und Lehrzeit keine Kontakte zu Christen haben. Doch irgendwann ging ich, statt in den Hort, mit einigen meiner Klassenkameraden mit zur Christenlehre.
Dort habe ich viele biblische Bildergeschichten aus dem Buch „Schild des Glaubens“ kennengelernt. Meine Eltern wurden vom Hort darüber informiert und sie verboten mir die Christenlehre.
Viel später, nach dem plötzlichen Tod meiner Mutter und völliger Erschöpfung vom Hausbau, fiel ich in ein tiefes Loch. Da kam die Frage auf: „Was zählt im Leben?“ Bis zu diesem Zeitpunkt habe ich mich um dieses Problem immer gedrückt.
Jetzt fing die Suche nach dem Lebenssinn an. Ich habe u.a. im okkulten Bereich gesucht, aber dann ist mir klar geworden: Dort gibt es keinen Halt. Das ist nicht das, was ich suche. Im Nachhinein muss ich sagen: Gott hat mich vor vielem bewahrt und mich durch dies alles hindurchgeführt.
Im Jahr 2002 bin ich nach intensiver Suche bei Jesus angelangt. Das geschah durch Menschen im Verein „Christen für gerechte Wirtschaftsordnung“. Nach vielen Gesprächen habe ich es dann geschafft, mein Leben Jesus zu übergeben.
Danach suchte ich eine Gemeinde. Ich wollte eine Ganz-Taufe und bin zur Luthergemeinde in Chemnitz gekommen. Dort habe ich den Alphakurs besucht und wurde anschließend auch getauft. Ich ging danach regelmäßig zu den Gottesdiensten, merkte aber sehr schnell, dass durch die räumliche Entfernung ein lebendiges Gemeindeleben für mich kaum möglich war. So suchte ich eine Gemeinde in der Nähe und fand im Dezember 2002 die Jakobigemeinde in Freiberg.

Wie kam es, dass du im Jahr 2011 nach Rumänien gegangen bist?
Dieser neue Lebensabschnitt hat damit begonnen, dass meine Frau und ich keinen gemeinsamen Weg mehr fanden. Ich lud sie oft in die Gemeinde ein, aber sie wollte keinen Schritt in diese Richtung gehen. Es schmerzt mich noch heute sehr. Irgendwann ging es nicht mehr und ich zog zu Hause aus und bei Henry Kunze ein.
Durch Mike Emrich bin ich im Januar 2011 nach Rumänien gekommen. Ich war beeindruckt von der schönen Landschaft und geschockt von den primitiven Lebensverhältnissen in diesem Teil Europas. Mit Freunden war ich dann nochmals zwei Wochen bei einem praktischen Einsatz im Samariteanul Milos. Im August kam dann eine Anfrage von der Leiterin des Kinderheims, ob ich mir vorstellen könnte, im Heim mitzuarbeiten. Für mich begann eine Zeit des Fragens und Betens. Ich fragte Gott: Ist dies der richtige Schritt? Henry gab mir dann den Rat: Wenn du nicht losgehst, wirst du es nie erfahren!
Es gab auch noch das Problem der 6-monatigen Kündigungsfrist bei meinem Arbeitgeber, aber Gott hat sich auch darum wunderbar gekümmert. Wider Erwarten hatte ich ein gutes Gespräch mit meinem Betriebsleiter. Er stellte mich probeweise für ein Jahr frei. Das hätte ich mir nie träumen lassen. Innerhalb von vier Wochen war alles geklärt.

Wie hat dich Gott in dieser Entscheidung geführt?
Über ein Jahr vorher haben wir im Hauskreis den Jakobusbrief behandelt. Dort hat mich ein Vers ganz besonders bewegt, Jakobus 1,27 (N.L.B.): „Rein und vorbildlich Gott, unserem Vater, zu dienen bedeutet, dass wir uns um die Sorgen der Witwen und Waisen kümmern und uns nicht von der Welt verderben lassen.“ Dass ich heute in Rumänien bin, ist ganz stark Ausdruck dieses Verses. Ich habe ihn als klaren Ruf empfunden.

Kannst du uns das Kinderheim näher beschreiben?
Es wurde 1998 vom Ehepaar Scheytt in Weidenbach (Ghimbav) gegründet, das 5 km von Kronstadt (Brasov) entfernt ist.
Das Heim wird familienähnlich geführt und hat 20 Kinder und Jugendliche zwischen 7 und 19 Jahren in drei Gruppen.
Sie sind entweder Waisenkinder oder kommen aus schwierigen Familienverhältnissen. Teilweise hatten sie kein Zuhause mehr oder wurden abgelehnt. Alle haben eine Vergangenheit, die wir uns nicht wünschen. Ich als Erzieher kann kaum die Liebe geben, die jeder braucht. Nur Gottes Liebe ist stark genug, um ihre Defizite auszugleichen und sie zu heilen. Die Kinder haben in dem Heim eine neue Familie gefunden, werden versorgt und haben alle Möglichkeiten in Bezug auf Bildung.

Was passiert mit den Kindern, wenn sie das Heim verlassen?
Leider ist das Ausbildungssystem nicht vergleichbar mit dem in Deutschland. Es ist schwierig, einen guten Ausbildungsplatz zu finden. Wir versuchen, den Jugendlichen Plätze in Firmen zu vermitteln, was nicht einfach ist.

Das Heim ist christlich geprägt. Gibt es vor Ort Gemeinden, die mit euch zusammenarbeiten?
Sonntags gehen wir mit unseren Kindern in eine freie Gemeinde. Vasile, der mit mir schon in Deutschland war, wurde dort getauft. Für die anderen beten wir, dass sie Jesus kennenlernen. Wir lesen vor dem Frühstück und vor dem Abendessen einen Abschnitt aus der Bibel und reden darüber. Gott muss ihnen jedoch den Glauben ins Herz legen. Das ist ein großes Gebetsanliegen.

Wie finanziert sich das Kinderheim? Was hat es mit der Scheytt-Stiftung auf sich?
Das Ehepaar Scheytt hat die Stiftung in Deutschland gegründet. Sie finanziert das Heim und hat mich auf der Basis eines 400-Euro-Jobs angestellt.
Es gibt noch zwei weitere Aufgabengebiete bei euch: „Brot für die Schule“ und ein Reparaturprojekt.

Kannst du uns dazu über die neusten Entwicklungen berichten?
„Brot für die Schule“ ist ein großes Projekt (monatlich 6000,- Euro) und unterstützt die Sinti- und Roma-Familien, die ihre Kinder zur Schule schicken. Die Verteilung des täglichen Brotes wird von einer ehemaligen Lehrerin gewährleistet. Das Reparaturprojekt hilft Menschen, die Häuser mit maroden Dächern haben. Wir liefern ihnen Baumaterial und Werkzeug.

Wie können wir als Gemeinde deinen Dienst unterstützen?
Zu allererst durch Gebet und dann durch Sammeln von im Heim benötigten Dingen oder auch durch Spenden an die Scheytt-Stiftung.
Was war bisher deine größte Herausforderung? Wo wurde dein Glauben am stärksten geprüft?
Eine der größten Herausforderungen war vor kurzem die Vorbereitung der Dachsanierung des Kinderheims, womit ich beauftragt war. Wir bestellten das Baumaterial und fanden Handwerker über unsere Gemeinde. Es war geplant, dass sie mit ihren Familien einen Bau-Urlaub machen. Eineinhalb Wochen vor dem Termin sagte unsere Leiterin das Vorhaben mit der Begründung ab, alles anders machen zu wollen.
Das war ein Schock für mich. Es ging sogar so weit, dass ich mich fragte, ob dies hier noch mein Platz ist. Es war schwer für mich, den Handwerkern abzusagen.
Nach einer Woche hat unsere Leiterin dann erkannt, was durch ihre Entscheidung alles kaputt gegangen war. Daraufhin hat sie sich verändert. Es gab viele Gespräche und Beziehungen wurden aufgebaut. Im nächsten Jahr zu Ostern werden nun die Handwerker kommen und mit der Dachsanierung beginnen.

Was hat dieses Erlebnis für deinen Glauben bedeutet?
Die Erkenntnis, dass man Gott vertrauen kann. Er führt uns souverän und versorgt uns, manchmal jedoch anders als wir es uns vorgestellt haben. Er hat in dieser schwierigen Zeit Beziehungen gestaltet - einfach gut.
Ich habe Gott auch erlebt, als er mich wirklich behütet hat bei meinem Unfall im Januar. Das Auto hatte sich überschlagen, das Dach war komplett eingedrückt und mir ist nichts passiert! Ich kann es heute noch nicht fassen, denn an jenem Sonntag stand in der Losung: „Wohl dem, der sich des Schwachen annimmt! Den wird der HERR erretten zur bösen Zeit. Der HERR wird ihn bewahren und beim Leben erhalten und es ihm lassen wohlgehen auf Erden.“ (Psalm 41, 2-3)
Und ich habe erlebt, dass Gott mich auch anschließend versorgt hat. Ich war im März hier, um mir mit meinen begrenzten Mitteln ein neues Auto zu kaufen. Im Gottesdienst wurde jemand von Gott so berührt, dass er mich anschließend fragte, ob ich jemanden kennen würde, der ein Auto benötigt. So wurde mir ein gutes gebrauchtes Auto geschenkt! Das sind für mich keine normalen Wege, sondern Gottes Wunder. Gott ist mächtig und er kann über unser Vorstellungsvermögen hinaus wirken.

Was ist deine Lieblingsstelle in der Bibel?
Es ist die Geschichte vom Ringen Jakobs mit Gott, in der er sagt: „Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn.“ (1. Mose 32, 23-33)

Vielen Dank für das Gespräch, Uwe, und weiterhin Gottes Segen!


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46
Oktober und November 2014

Die Vergebung ändert alles

Für diese Ausgabe unserer Gemeindezeitung hat sich Pfarrer Daniel Liebscher mit unserem Gemeindeglied Friederike Darbinjan unterhalten, weil er ihre Herzensanliegen bezüglich Schuld der Vergangenheit und die Liebe zum jüdischen Volk zur Sprache bringen wollte. Friederike ist selbstständig und hat zwei erwachsene Söhne.

Liebe Friederike, „Darbinjan“ ist ein seltener Name?
Ja, der kommt von meinem Mann und aus Armenien.

Seit wann bist du in unserer Gemeinde, und wie hast du bei uns deinen Platz gefunden?
Ich bin seit sieben Jahren in der Gemeinde und habe mich konfirmieren lassen, nachdem ich am Glaubenskurs teilgenommen hatte. Damals habe ich die Gemeinde gebeten, mir bei meinen ersten Schritten zu helfen. Ich habe viel Unterstützung bekommen und konnte zahlreiche Schritte gehen, nicht nur innerhalb der Kirchgemeinde. Ich empfinde zwar immer noch, dass Wenige auf mich zukommen, aber es gibt Menschen, die mir entscheidend geholfen haben, wie das Ehepaar Kuhnt oder Uwe Tesch. Ich bin dankbar, dass ich einen festen Platz im Hauskreis bei Mike und Katrin Emrich habe.
Und mir ist noch eine ganze Reihe von echten „Müttern im Glauben“ wichtig, bei denen ich oft Hilfe fand. Ich bringe mich ein und suche mir auch außerhalb der Gemeinde Oasen und Aufgaben.

Bist du damals erst zum Glauben gekommen?
Ja, ich bin zwar als Baby noch getauft, aber dann atheistisch und kommunistisch erzogen worden. Und ich gebe zu, ich habe das ehrlich geglaubt. Meine Eltern waren Genossen. Ich habe in Moskau studiert und war in Freiberg als Geologin in der Forschung und Erkundung tätig. Bis zur Wende war ich richtig überzeugt und engagiert. In Bezug auf Probleme dachte ich, wir Jüngeren könnten es besser machen.

Wie siehst du diese Zeit und dein Engagement aus heutiger Sicht?
Mir ist es sehr wichtig, dass ich meine Überzeugung von damals zugebe. Ich rede mich nicht heraus, dass ich niemandem etwas getan habe und nur ein Rädchen im Getriebe gewesen wäre. Ich sage deshalb lieber, ich war ein Stein in der Pyramide – ich habe das System mitgetragen. Ich bin dabei gewesen. Ich habe meine Schuld erkannt und bekannt. Das hat mir der Heilige Geist gezeigt. Ich habe Menschen besucht und sagte ihnen, dass es mir Leid tut, was ihnen angetan worden ist. Durch Vergebung der Schuld bin ich viele Lasten losgeworden.

Wie ging es dann für dich weiter nach der Wende?
Es war ein riesengroßer Umbruch. Mit einem Mal war alles vorbei - mein gesamtes vorheriges Leben, alle meine Träume und Möglichkeiten. Ich ging dann in die Privatwirtschaft und habe sehr viel gearbeitet. Das war eine aufregende Zeit, wo ich wieder voll dabei war.
Gleichzeitig habe ich mich auf der Suche nach Antworten stark auf esoterische Sachen eingelassen. Für mich als Geologin schien zunächst manches plausibel zu sein, aber an einer bestimmten Stelle hatte ich dann doch wieder Zweifel und es ging bei mir nicht mehr weiter. Dann bin ich zusammengebrochen und wusste auf einmal, wen ich wirklich anrufen kann – Gott.
Ja, Gott hat mich hart gebremst und mir letztlich aus meinem Elend heraus geholfen. Ich konnte Vertrauen zu einem Seelsorger finden. Am Ende des Prozesses standen der Glaubenskurs und meine Konfirmation. In Bezug auf die Esoterik möchte ich allen sagen: Hütet euch davor! Gott gegenüber ist das ein Fremdgehen. Setzt das Vertrauen nicht aufs Spiel.

Hattest du in dieser Zeit eine besondere Erkenntnis?
Ich hatte ja überhaupt keine Ahnung und keine Vorstellung von Gott und über das Kreuz. Jesus, dachte ich, das erschließt sich mir nicht. Doch dann habe ich Jesus und seine Erlösung als Brücke zu Gott erkannt und angenommen. Seitdem ist der Blick auf Jesus für mich das Wichtigste.
In der Seelsorge bin ich mittlerweile viele Lasten aus meinem Leben losgeworden. Ich habe immer wieder Christen gesucht und gefunden, die mir geholfen haben, meine Vergangenheit zu verarbeiten.

Ich finde deine Formulierung sehr gut, „wenn ich dabei war, bin ich auch schuldig“. Wie bist du dann zu deinem Engagement für Juden, das Volk Gottes, gekommen?
Ich bin antifaschistisch geprägt aufgewachsen und fand immer nicht gut, was Hitler gemacht hat.
Die großen Romane über die Konzentrationslager sind mir sehr nahe gegangen.
Nachdem ich bewusst Christ geworden bin, ging das aber noch viel weiter. Nach einem Vortrag über den Holocaust in unserer Gemeinde war ich erstmals in meiner Seele betroffen und habe erkannt: „Meine Vorfahren waren ja auch dabei.“
Wieder wurde mir bewusst, dass auch wir ein Stein in der Pyramide dieses Schreckens gewesen waren. Da habe ich mit Entsetzen gesagt: „Herr, vergib uns unsere Schuld“ und eine ganze Nacht geweint. Dann suchte ich einen mir bekannten Juden auf und bat ihn stellvertretend um Vergebung. Wieder war viel von der Last abgefallen. In dieser Sache bin ich nun immer wieder mit christlichen Organisationen unterwegs. Ich habe verschiedene Reisen gemacht, auch als Übersetzerin, aber hauptsächlich, um Juden zu begegnen, in Israel und in Osteuropa: in der Ukraine, in Moldawien.

Was macht ihr auf solchen Reisen und was erlebst du dort?
Wir stehen in Kontakt mit jüdischen Organisationen, wir besuchen Juden, führen Gespräche, hören ihre Geschichten. Oft ist es erst einmal schwierig, weil wir Deutsche sind.
Wenn wir aber um Vergebung bitten, passiert viel; die Vergebung ändert alles. Wenn Vertreter der Opfer und der Täter zusammenkommen, wenn Vergebung möglich ist, wird vieles gelöst: negative Ketten, die sich über Generationen hinziehen. Bei dem ganzen Thema „Schuld der Vergangenheit“ oder „Schuld des Volkes und der Väter“ wird viel verdrängt. Ich darf ja Frieden haben durch Jesus, und wenn ich Juden besuche, geht es mir um sie, dass sie auch Frieden haben. Und das passiert tatsächlich.

Gibt es für euer Anliegen ausreichend Verständnis? Was wünschst du dir?
Ich finde, hier muss noch viel mehr Sensibilisierung geschehen. Natürlich ernten wir auch Kritik, werden als Nestbeschmutzer hingestellt. Doch wir haben uns so nachhaltig schuldig gemacht, dass wir Gottes Volk nicht genug Liebe entgegen bringen können. Es dürfte keiner sterben, ohne dies erlebt zu haben. Ich wünsche mir, dass viele das tun, was Gott in seinem Wort sagt (Jesaja 40): „Tröstet, tröstet mein Volk!“ Das heißt für mich: Nehmt sie in eure Arme! Das ist mein Motto geworden, das möchte ich noch oft tun.

Friederike, du bringst mit deiner Person und deinen Beiträgen ein wichtiges Thema in unsere
Gemeinde ein. Ich hoffe, dass wir damit noch viel erleben, weil Gott dadurch segnet, sein Volk und uns. Eine letzte Frage: Wie geht es dir, wenn du aktuell an das Land Israel denkst?

Das ist wie mit anderen Konflikten und Kriegen in dieser Welt. Menschen versuchen, sich zu schützen, werden verletzt, sie wehren sich. Aber Gewalt ist kein Weg, und auch Gespräche bringen keine Lösung. Das Heil liegt in Jesus für die ganze Welt und auch für Israel. Ich bete, dass auch die Juden ihm näher kommen.

Vielen herzlichen Dank für deine offenen und mutigen Worte. Gottes Segen für dich.


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45
August und September 2014

Wir sind in allem von Gott abhängig

Pfarrer Daniel Liebscher hat Karla und Rolf Rothermundt am Bergstadtfestsamstag besucht und sich mit ihnen auf ihrer kleinen Terrasse an der Hausecke angenehm unterhalten.
Vielen Dank für die Einladung und eure Bereitschaft zum Interview für Gemeinde aktuell. Fangen wir mit ein wenig Hintergrund an.

Wie seid ihr nach Freiberg gekommen und wie habt ihr euch kennengelernt?
Rolf: Ich kam 1982 nach Freiberg, habe Metallhüttenkunde studiert und als Diplomingenieur abgeschlossen. Nach dem Studium konnte ich hier bleiben und habe meine Frau Karla im Freundeskreis kennengelernt. Später habe ich noch ein Aufbaustudium für Straßen- und innerstädtischen Tiefbau absolviert und arbeite seit einigen Jahren im Tiefbauamt der Stadtverwaltung.
Karla: Aufgewachsen bin ich in Brand-Erbisdorf. 1986 zog ich in die eigene Neubauwohnung nach Freiberg. Zwei Jahre später habe ich meinen Mann Rolf kennengelernt und 1990 war unsere Hochzeit.
Ich habe einen Sohn mit in die Ehe gebracht und dann haben wir noch eine gemeinsame Tochter bekommen.

Ihr gehört zur großen Mitarbeiterschaft der Gemeinde. Wie ist es dazu gekommen?
Rolf: Das hat sich erst entwickelt, als wir im Jahr 2000 gebaut haben und in die Nähe der Jakobikirche gezogen sind. Ich bin zwar getauft und zur Christenlehre geschickt worden, aber sonst nicht weiter im christlichen Glauben aufgewachsen. Doch ich wusste schon ein wenig Bescheid.
Karla: Ich hatte überhaupt keinen kirchlichen oder christlichen Hintergrund. Meine Oma hat mich manchmal in die Kirche mitgenommen, aber da habe ich gar nichts verstanden. Vor unserer Hochzeit bekam ich Taufunterricht bei Superintendent Schlemmer. Da war der Glauben auch Thema bei uns zu Hause, aber so richtig hat sich daraus nichts entwickelt. Auch in der Gemeinde haben wir nicht wirklich Kontakt gefunden.

Was hat denn dann die entscheidende Veränderung gebracht?
Rolf: Ja, da war zunächst der Besuch der Pfarrerin, als wir eingezogen sind und als unsere Tochter zum Konfirmandenunterricht eingeladen wurde. Sofort war ein positiver Kontakt da. Gundula Rudloff hat uns vom Glaubenskurs erzählt und wir sind hingegangen, auch, um Leute kennenzulernen. Das hat mir richtig gut gefallen. Der Glauben ist hier nicht mehr nur theoretisch geblieben, sondern ins Leben hineingekommen.
Wir haben zum ersten Mal erlebt, wie Gemeinde und das persönliche Leben ineinandergreifen. Hier ist bei mir die Entscheidung gefallen: Das will ich.
Karla: Mir hat der Glaubenskurs ebenfalls sehr gefallen, auch wenn ich immer noch viele Fragen hatte. Wir haben dann noch viel erlebt und gute Impulse auf den Rüstzeiten in Schmochtitz bekommen, wo wir jetzt schon zehn Jahre lang mit Freunden aus der katholischen Gemeinde mitfahren konnten.

Wie ging es dann weiter?
Rolf: Wir haben uns einen Hauskreis ausgesucht, wo uns die Zeit des Treffens sympathisch war, mittwochs abends alle 14 Tage – das passte schon. In diesem Kreis sind wir dann so herzlich aufgenommen worden – wie altbekannte Freunde - und mittlerweile sind wir da richtig hineingewachsen. Die Gemeinschaft ist uns wichtig, wir können Vieles lernen und selber Schritte gehen. Ich bete jetzt auch viel für mich alleine und wir lesen täglich die Losung.

Und wie seid ihr in der ehrenamtlichen Mitarbeiterschaft der Gemeinde aktiv geworden?
Rolf: Das fing eigentlich schon in den Kleingruppen während des Glaubenskurses an. Matthias Rudloff hat mich aufgrund meines technischen Interesses gefragt, ob ich mich vielleicht um die Turmuhr der Jakobikirche kümmern könnte und mich gleich noch in die Programmierung des Geläuts eingewiesen. Als ich dann zum ersten Mal zur Dankeschön-Feier für die Mitarbeiterschaft eingeladen wurde, hat mich das sehr bewegt und ich habe erst da registriert, dass ich ja wirklich dazugehöre. Das ist mir in einer Gemeinschaft auch wichtig, dass sich jeder mit einbringt. Man kommt ja als Außenstehender gar nicht auf den Gedanken, um wie viele Dinge sich jemand kümmern muss.

Was ist jetzt genau deine Aufgabe an der Kirchturmuhr?
Rolf: Ja, auf jeden Fall muss ich unsere Uhr beobachten. Wenn ich über die Kreuzung fahre, ist mein zweiter Blick immer zur Uhr. Auch von zu Hause aus höre ich sehr bewusst auf die Schläge, ob alles stimmt.
Den Schlüssel habe ich mittlerweile immer bei mir, um sofort eingreifen zu können. So eine Mechanik hat ihre Eigenarten, sodass die Uhr einfach mal stehenbleibt und regelmäßig gestellt werden muss.

Karla, du hast auch deinen Platz gefunden und machst bei verschiedenen Aufgaben mit?
Karla: Ja, ich bin eigentlich durch eine Freundin etwas tiefer eingestiegen und gehe in den Frauentreff, den Kreativkreis oder bin beim Frauenverwöhn-Wochenende dabei. Ich gehöre auch zu den Leuten, die von Margitta Richter schnell mal gerufen werden oder etwas zum Basteln vorbeigebracht bekommen. Ich übernehme gerne kleine Aufgaben.

Ihr seid beide auch politisch engagiert. Wie kam das und was ist euer Anliegen dabei?
Rolf: Ich war schon zu DDR-Zeiten in der CDU. Nach der Wende habe ich diese Mitgliedschaft bewusst aktiviert, da war mir dann auch das „C“ für christlich wichtig. Ich bin mittlerweile im Vorstand des Stadtverbandes und habe als Schriftführer viele organisatorische Aufgaben.
Karla: Ich habe eine gute Zeit und Gemeinschaft in der Frauenunion erlebt. Unser Engagement, auch die Bereitschaft zu kandidieren, ist uns wichtig, weil man da Möglichkeiten nutzen kann, Ideen und Gedanken einzubringen und wenigstens etwas mit beizutragen. Ähnlich, wie wir das auch als Mitglieder der Gemeinde sehen.
Karla, du hast seit Kurzem eine neue Arbeit. Auf dem Weg bis dahin hast du Einiges erlebt.

Hat dir dabei auch dein Glauben geholfen?
Karla: Ja, ich bin eigentlich Fachangestellte für Schreibtechnik, kann also als Sachbearbeiterin oder Sekretärin arbeiten. Ich war auch zehn Jahre in der Altenpflege, wo ich das erste Mal so richtig froh war, Christ zu sein, weil das für viele ein wichtiges Thema ist und ich für viele Menschen da sein konnte.
Dann war ich im Besucherbergwerk tätig und, als das geschlossen wurde, im Hotelgewerbe. Eine schwere Zeit und kein schöner Lebensrhythmus für uns. Damals habe ich viel gebetet und mein Glauben half mir, dass ich in schwierigen Situationen ruhigbleiben konnte. Das haben sogar andere gemerkt. Ich habe auch darum gebetet, dass Gott mir hilft, wenn ich dort sein soll. Das hat er auch getan. Aber dann hat er mir plötzlich etwas Neues geschenkt und ich arbeite seit einem Monat wieder als Sekretärin. Jetzt bin ich gespannt, wie ich das mit Gottes Hilfe meistern kann.

Was sind eure großen Pläne oder Wünsche für die Zukunft?
Rolf: Wir reisen gern. Es wäre schön, wenn wir gesund bleiben und uns das leisten könnten, noch einiges zu sehen und gemeinsam zu erleben. Wir sind in allem von Gott abhängig.
Karla: Ich wünsche mir für andere, vor allem aus der Familie und dem Freundeskreis, dass sie so etwas erleben können wie wir, dass sie in den Glauben und in die Gemeinde hineinfinden und sich ihr Leben dadurch verändert.

Was wollt ihr den Lesern oder der Gemeinde mitgeben?
Rolf: Das Gemeindeleben soll sich weiterentwickeln, besonders die Jugend muss eingebunden werden. Jeder soll seinen Platz finden, damit er die Gemeinschaft erleben kann und das Gefühl bekommt: Hier kann ich mich einbringen. Nutzt die Möglichkeiten!

Wir enden mit der Frage, die schon Tradition hat: Habt ihr ein Lieblingswort aus der Bibel?
Rolf: Ich denke an das Wort von Jesus: Ich bin das Licht der Welt. (Joh 8,12) Das bewegt mich oft.
Karla: Mir fällt eher ein Lied ein. Es gibt Situationen, in denen ich mir das Buch hole und gerade dieses Lied singe, besonders, wenn ich alleine bin. Danach geht es wieder. Übrigens stand es am 3. März unter der Losung:
Herr, du kennst meinen Weg, und du ebnest die Bahn, und du führst mich den Weg durch die Wüste. Dass du mich einstimmen lässt in deinen Jubel, o Herr, deiner Engel und himmlischen Heere, das erhebt meine Seele zu dir, o mein Gott; großer König, Lob sei dir und Ehre! (EG 580)

Vielen Dank für das Gespräch. Es ermutigt mich zu sehen, wie Gott Menschen ruft und versorgt. Seid gesegnet und mögen eure Worte auch andere ermutigen.


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44
Juni und Juli 2014

Wo gebetet wird, bleibt nichts, wie es war

Johannes Helmich kommt aus Erlicht, wohnt nun in Freiberg und ist seit dem vorletzten Jahr Mitglied unserer Gemeinde. Er studiert in Freiberg angewandte Naturwissenschaften, sucht gerade nach einem Thema für seine Bachelorarbeit, ist Mitarbeiter in der JG, dem PROMISE-Team und leitet derzeit die SMD Freiberg (Studentenmission Deutschland) an der Uni mit. Neben dem Studium besucht er einen Hauskreis, liebt Ballsportarten, ist gern draußen und fährt Fahrrad. Bei schlechtem Wetter wird er auch gern mal in der Küche kreativ. Darüber, was ihn bewegt und was ihm wichtig ist, unterhielt sich Ronny Dietrich mit ihm.

Wie bist du zum christlichen Glauben gekommen?
Ich bin von klein auf christlich erzogen worden und habe viele Rüstzeiten mitgemacht. Das war meinen Eltern wichtig. Vor drei Jahren war ich dann mit der Jungen Gemeinde auf der „Holy Spirit Night“ in Stuttgart. Ich habe dort einen ganz neuen Anfang mit Jesus gemacht und ihm mein Leben übergeben.
Ich hatte zuvor eine Beziehung, die leider schiefging. Es entstand in mir ein großes Loch, das ich mit verschiedenen Dingen, die Gott nicht gefallen, zu stopfen versuchte. Ich stürzte mich beispielsweise in die Welt von PC-Spielen und Pornografie.
Auf der „Holy Spirit Night“ ging ich dann aber zum Gebet nach vorn und ein junger Mann betete für mich. Ich habe dabei nichts gespürt und trotzdem war danach alles anders. Er betete auch um Befreiung auf geistlicher Ebene und hat mich von negativen Bindungen getrennt. Das war neu für mich.
In der Folge gab es in meinem Leben einige Veränderungen. Ich bin nach Freiberg gezogen, als mein Zivildienst beendet war, und habe mit dem Studium begonnen. Meine Süchte waren nicht sofort weg, aber Gott hat mich gehalten. Er zeigte mir Dinge, die nicht gut waren. Ich ließ dafür beten und bat selbst um Vergebung. Nun bin ich frei davon. Ohne Jesus hätte ich das nicht geschafft.

Wie bist du auf die Studienrichtung angewandte Naturwissenschaften gekommen?
Ich hatte mich für den Zivildienst in einem Kindergarten beworben, um herauszufinden, ob ich später eher etwas Pädagogisches oder Naturwissenschaftliches machen will.
Eigentlich wollte ich vor einer Ausbildung ein Jahr als Volontär nach Israel gehen, das reizt mich schon lange. Irgendwie fühle ich eine innere Verbundenheit zum Volk Gottes und möchte das Land selbst erleben. Ich kenne es bisher nur vom Hörensagen. Schon oft habe ich im Gebet den Eindruck gehabt, dass ich da mal hin soll. Ich habe mich aber erst einmal für das naturwissenschaftliche Studium entschieden. Die Reise nach Israel ist jedoch nicht aufgehoben.

Wie passen für dich Wissenschaft und Technik mit dem christlichen Glauben zusammen?
Vor dem Studium war mir klar: Gott schuf Himmel und Erde und alles, was darauf lebt. In den Grundlagenvorlesungen zitierte ein Professor immer wieder mal die Bibel. In dem Zusammenhang hat das meinen Glauben hinterfragt. Um in Kontakt mit Kommilitonen zu bleiben und selbst wieder Halt zu bekommen, musste ich mich mit diesen Dingen neu auseinandersetzen, da die Sichtweisen stark unterschiedlich sind. Meinen Weg dabei zu finden, war und ist schwierig. Am Anfang war ich bei Gesprächen mit meinen Kommilitonen über den Glauben wahrscheinlich zu stürmisch und schreckte manchen ab. Ich bete darum, dass Gott mir den richtigen Weg und die Mittel dazu zeigt.

Gebet scheint dir sehr wichtig zu sein. Was bedeutet Gebet für dich genau?
Unser Pfarrer Daniel Liebscher hatte es in einem PROMISE sehr schön gesagt: Gebet ist ein Schlüssel. Es ist für mich etwas Elementares und ich merke, ohne Gebet fehlt mir was. Das war aber nicht immer so. Vor etwa zwei Jahren besuchte ich ein Gebetsseminar mit Andreas Steinert. Dort war ich einer von denen, für die gebetet und gehört wurde. Andreas empfing für mich, ich sei ein Mann Gottes, ein Mann des Gebets und ein Leiter. Das passte überhaupt nicht mit meiner Wahrnehmung von mir zusammen. Was Gott mit mir vorhatte, war mir nicht bewusst. Aber seit zwei Semestern darf ich nun gemeinsam mit einem Kommilitonen die SMD in Freiberg leiten. Außerdem bin ich im Mitarbeiterteam unserer Jungen Gemeinde und im PROMISE-Team dabei, dort zuerst nur bei den
Anspielen. Inzwischen durfte ich auch schon zweimal predigen und bin im Segnungsteam, wo ich nun für andere beten kann, so wie für mich schon gebetet wurde. Das Bild vom Mann des Gebets und Mann Gottes wird für mich nun Stück für Stück klarer und ich darf weiter darin wachsen.

Man merkt, du brennst für Jesus. Wie findest du neben dem Studium Zeit für so viele Aktivitäten?
Ich musste schon anfangen, mich zurückzunehmen und sehen, wo ich mich mit Kraft einbringen soll. Ich bin bei den Vorbereitungstreffen von JG und PROMISE dabei. Mein Fokus hat sich allerdings etwas verändert, was wahrscheinlich auch am Älterwerden liegt. Als ich nur in die JG ging, war ich auf Jugendliche ausgerichtet. Jetzt merke ich, dass mir zunehmend mehr die Studenten am Herzen liegen. Es begeistert mich, dass auch am Campus etwas passiert und dass ich da mitwirken kann.

Wer dich im Gottesdienst sieht, merkt schnell, dass Lobpreis dich mitreißt. Was bedeutet das für dich?
Lobpreis bedeutet für mich, Gott mit allem, was ich bin und habe, die Ehre zu geben. Ich überlege immer wieder, was da richtig ist. Aufstehen oder sitzen bleiben? Manchmal schaue ich, was die anderen machen. Fakt ist, ich will Gott die Ehre geben und etwas anderes zählt dabei nicht.

Hast du ein Bibelwort, das dich begleitet?
Da fällt mir Römer 8,1 ein: So gibt es nun keine Verdammnis für die, die in Christus Jesus sind.
Es verdeutlicht mir immer wieder, dass ich frei bin, dass mich niemand mehr anklagen kann, denn was ich zu Jesus gebracht habe, steht nicht mehr als Schuld im Raum. Dass ich immer wieder kommen darf, ist das Größte an Jesus. Keine Schuld muss ich selbst tragen, immer wieder darf ich sie abgeben.

Was ist dir im Glauben besonders wichtig?
Ich bin eher ein unterstützender Typ, einer, der einem Leiter zuarbeitet. Jüngerschaft ist mir besonders wichtig. Sie bringt eine gute Basis, besonders, wenn man sich mit Nichtchristen über Glaubensfragen unterhält. Ich habe zwei Jahre lang die Jüngerschaftsschule in Annaberg besucht. Derzeit bin ich selbst Jünger, um mehr über Jesus und die Bibel zu erfahren und dadurch gestärkt zu werden. So kann ich mein Wissen und meinen Glauben gezielt weitergeben. In der Vergangenheit waren mir schon Menschen anvertraut, die ich begleiten durfte, ohne dass ich es selbst wirklich wollte. Gott scheint da einen Plan zu haben. Hier möchte ich in Zukunft gern aktiver werden, um Menschen, die Jesus noch nicht kennen oder noch am Anfang stehen, ein Stück auf ihrem Weg zu begleiten und ihnen zu helfen, in eine persönliche Beziehung mit Gott zu kommen.

Gibt es in deinem Leben etwas, wobei du Gottes Führung erlebt hast?
Ja, die Beziehung zu meinem jüngeren Bruder Benjamin hat Gott total verändert. Unser Verhältnis zueinander war nicht immer rosig. Jetzt bin ich dankbar, dass wir eine richtig gute Beziehung haben. Im Sommer 2010 war da der Tief- und auch Wendepunkt erreicht. Ich habe mich bis dahin wenig als großer Bruder verhalten, der ihm zur Seite steht, ihn schützt und eine tiefere Verbindung mit ihm sucht.
Ich habe ihn oft gegenüber anderen an die hinterste Stelle gesetzt und nur meine Ziele verfolgt. Dann waren wir zusammen fünf Wochen in Frankreich, um als Volontäre ein christliches Zentrum zu unterstützen und Urlaub zu machen. In dieser Zeit habe ich ihn durch mein Verhalten verletzt, ohne dass ich es bemerkt habe. Ich erkannte auch nicht, was ich wirklich falsch gemacht hatte. In dieser Situation fragte mich mein Bruder, was ich von unserer Beziehung halte. Für mich war eigentlich alles in Ordnung. Er aber sagte, dass ich für ihn irgendwie als Bruder gestorben bin. Das traf mich sehr, und ich bin dankbar für die offene und ehrliche Art meines Bruders.
Von diesem Zeitpunkt an begann ein Prozess des Heilens. Wir redeten viel und konnten einander unsere Fehler vergeben. Doch es dauerte danach noch einige Zeit, bis wir uns nicht mehr durch Worte und Taten verletzen mussten. Wenn wir heute zusammen sind, ist es auch geistlich gesehen immer eine gesegnete Zeit. Gott hat unsere Beziehung geheilt und mir gezeigt, wo ich auf falschem Wege lief, ohne es zu merken. Gott gibt uns nicht auf!

Vielen Dank für das Gespräch.


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43
April und Mai 2014

Mein Beruf ist Beterin

Anna Bähr lebt mit ihrer Tochter und deren Familie in Zug. Geboren in Wollin (früher Polen), erlebte sie mit ihrer Familie als Flüchtling die Schrecken der Kriegszeit. Ihre Lebensgeschichte umfasst u. a. die Hochzeit mit 16 Jahren, die Übernahme des elterlichen Hofes und die Zeit der Vertreibung mit der Geburt ihres dritten Kindes auf der Flucht. Dieses Interview schildert nur einen kleinen Teil ihrer Geschichte. Wer mehr erfahren will, kann sie gerne wie Mike Emrich und Frank Herter besuchen.

Erzählen Sie uns bitte, wie Sie nach Zug gekommen sind?
1940 brachten uns die Nationalsozialisten aus unserer Heimat nach Plauen. Später wurden wir wieder in Polen, zusammen mit anderen deutschen Familien, auf Bauernhöfen angesiedelt. Die polnische Bevölkerung wurde vertrieben und enteignet. Kurz danach musste mein Mann zum Militär. Mir waren immer gute Beziehungen wichtig, deshalb versuchte ich, mit den Polen gut zusammenzuleben. 1945 kamen dann die Russen und wir mussten erneut flüchten. Sie haben uns gefasst und es sind schreckliche Dinge passiert. Bei Kriegsende landeten wir schließlich in Halsbrücke. Dort lebten wir über 40 Jahre. Dann zog ich mit meiner Tochter nach Zug.

Wie hat Sie der Glaube an Gott durch diese schweren Zeiten getragen?
Von zuhause aus wurden wir christlich erzogen. Aber erst auf der Flucht kam ich richtig zum Glauben. Ein Erlebnis hat besonders dazu beigetragen.
Als die Nationalsozialisten von der Roten Armee in Polen besiegt wurden, überfielen uns russische Soldaten auf unserem Bauernhof. Mein Schwiegervater war ein sehr gläubiger Mann und für mich ein geistliches Vorbild. Er hat jeden Sonntag gepredigt. Als er die Soldaten zu uns kommen sah, versteckte er sich mit seiner Bibel hinter dem Ofen, um Gott um Schutz und Hilfe im Gebet anzuflehen. Die Soldaten kamen und stellten uns auf, um uns mit ihren Maschinenpistolen zu erschießen. Ich hatte furchtbare Angst. Dann haben sie auch noch meinen Schwiegervater gefunden und brachten ihn zu uns. Wir standen da und warteten auf die Todesschüsse.
Da kam plötzlich aus dem Nichts ein russischer Offizier auf einem weißen Pferd zu uns geritten. Der rief: „Halt! Was geht hier vor?“ Die Soldaten sagten: „Das sind Deutsche!“ Er befahl: „Wenn sie euch sonst nichts getan haben, dann lasst sie in Ruhe!“ Da ließen sie ihre Maschinenpistolen sinken und zogen ab. Genauso schnell und unerwartet, wie er gekommen ist, war der „weiße Reiter“ danach wieder verschwunden.
Wir erlebten ein Wunder Gottes. Er hat uns beschützt. Für mich war es Gottes übernatürliches Handeln. Ich weiß, er hat uns gerettet. Er hat eingegriffen. Und ich bin ihm unendlich dankbar.
Seinen Schutz erlebe ich auch heute noch, z.B. bei vielen zum Teil schweren Stürzen, die ich ohne Knochenbrüche überlebt habe. Gott schickte immer wieder seine Schutzengel. Das ist wunderbar. Er ist barmherzig und beschützt seine Kinder.

Was ist Ihre Lieblingsbibelstelle?
Ich mag die Psalmen sehr. Als ich noch lesen konnte, habe ich immer wieder die Psalmen gelesen, z.B. nachts, wenn ich nicht schlafen konnte. Heute höre ich jeden Tag meine Blindencassetten. Das ist wunderbar.

Was ist für Sie das Wichtigste im Leben?
Das Wichtigste im Leben ist, dass man gesund ist und glaubt. Glaube kann man nicht machen, er ist ein Geschenk Gottes.

Wie geht es Ihnen mit dem Thema Vergebung?
Wir sind alle sündige Menschen und auf die Vergebung Gottes angewiesen. Ich verdamme und verfluche niemanden. Ich möchte auch niemanden richten. Richter ist Gott allein. Gott vergibt uns, deshalb sollen wir auch vergeben.

Was ist Ihnen an der Gemeinde wichtig?
Wir brauchen die Gemeinde wegen der geistlichen Gemeinschaft und zum Austausch. Ich besuche gerne den Frauenkreis und den Gottesdienst. Manchmal werde ich auch zum Gottesdienst in die Adventgemeinde abgeholt. Sehr wertvoll ist auch der Weltgebetstag der Frauen. Leider konnte ich aus gesundheitlichen Gründen in letzter Zeit nicht mehr daran teilnehmen.

Worin sehen Sie Ihre Aufgabe in der Gemeinde?
Heute sehe ich meine Aufgabe darin, Beterin zu sein.
Ich kann nicht mehr viel tun, aber ich kann beten. Ich habe Zeit und bete für meine Familie, meine Enkel und für viele andere Menschen. Ich bin so dankbar. Mein Beruf ist Beterin.

Was sollte die Gemeinde Ihrer Meinung nach mehr tun?
Wichtig ist, dass sich jeder in der Gemeinde um den anderen kümmert. Ein Besuch, ein Anruf ist sehr wichtig. Wir müssen als Gemeinde zusammenhalten. Keiner darf übersehen werden.

Wie feiern Sie die Passionszeit und das Osterfest?
Früher haben wir in der Passionszeit jeden Freitag gefastet, aber das kann ich jetzt nicht mehr tun. So haben wir uns an das Leiden des Herrn Jesu erinnert. Sehr gerne komme ich zum Tischabendmahl in die Kapelle Zug. Das Osterfest ist bei uns ein schönes Familienfest. Da gehört der Gottesdienstbesuch für mich dazu.

Vielen Dank für das Gespräch.


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42
Februar und März 2014

Mit Gott im Leben wird’s leichter

Charlotte Erler aus Freiberg (auch bekannt als Lotti) ist mit ihrem Mann Ronny seit 9 Jahren verheiratet. Sie haben zwei Kinder und werden bald noch Zuwachs bekommen. Von Beruf ist Charlotte Erzieherin sowie Heilpädagogin und hilft beim Organisieren des Erziehungsseminars. Ganz besonders liegt ihr der Ruf Jesu, alle Menschen zu Jüngern zu machen, am Herzen. In ruhigen Momenten liebt sie es, aus einer Vielzahl von Einzelteilen wieder ganze Bilder zusammen zu puzzeln. Bei einer Tasse außergewöhnlich guten Kaffees hat sich Ronny Dietrich mit ihr unterhalten.

Als Familie seid ihr bereits seit dem Jahr 2009 Mitglied unserer Gemeinde. Was hat euch dazu bewegt?
Wir sind vorher schon öfter in der Gemeinde gewesen und haben auch aus verschiedenen Anlässen viele Menschen dahin eingeladen. Ich habe durch den ELKI-Kreis und den Glaubenskurs mehr und mehr eine Heimat in der Gemeinde gefunden. Hier herrschte eine lebendige Atmosphäre, und uns war es wichtig, einen Ort zu haben, wo wir unsere nicht-christlichen Freunde mitbringen konnten.

Was hast du dir fürs neue Jahr vorgenommen, was wünschst du dir?
Ich habe mir vorgenommen, mit den eigenen Kräften gut hauszuhalten. Und ich will mehr mit Gott erleben, ihn weiter kennenlernen und mehr reden hören.

In Joh 14,6 sagt Jesus: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben!“ Wie bist du auf den Weg Jesus eingegangen?
Meine Mutter war und ist Christ und mein Vater war bekennender Atheist. Ich konnte somit gut vergleichen, was besser ist. Ich konnte erleben, dass Jesus für meine Mutter der beste Freund und in Freud und Leid immer da war und ihr auch sehr praktisch geholfen hat. Das wollte ich auch.
In einer Situation, in der mein Vater keinen Ausweg mehr sah, konnte er nur noch sagen, dass einzig allein Gott ihm noch helfen könne. So wie Gott für meine Mutter immer da war, so war er auch da, als mein Vater ihn anrief.
Im Alltag ist es manchmal schwierig, sich für Gott bewusst Zeit zu nehmen und auf seinen Weg zu sehen. Alles ist uns zwar erlaubt und wir haben auch viele Freiheiten von Gott, aber nicht alles gefällt ihm und ist gut für uns. So will ich mich immer wieder neu auf Jesus einlassen und die Richtung hier und da korrigieren lassen. Jesus hilft mir da gern.

Wie hast du deinen Mann kennengelernt?
Wenn ich daran denke, muss ich ein wenig schmunzeln. Wir haben uns zwar öfter in unserer früheren Gemeinde gesehen, uns aber nicht wirklich gekannt.
Zudem haben wir es überhaupt nicht in Erwägung gezogen, dass unser Weg mal gemeinsam weitergehen könnte. Irgendwann kam jemand von der Gemeindeleitung auf die Idee, uns eine gemeinsame Aufgabe zu geben: eine Kids-Party! Zu der Veranstaltung sollten Kinder aus der Gemeinde die Möglichkeit haben, Kinder aus nicht-christlichen Elternhäusern mitzubringen. Bei den Vorbereitungen haben wir entdeckt, dass wir den gleichen Humor haben und auch sonst recht ähnlich ticken. Die Gefühle ließen dann nicht mehr lange auf sich warten. Jetzt sind wir 9 Jahre verheiratet. Ich kann mir keinen besseren Ehemann und Vater für meine Kinder vorstellen und bin sooo dankbar, ihn zu haben!

Du arbeitest als Erzieherin in einem Kindergarten. Was sind deine persönlichen Ansprüche an diese Arbeit und wie bringst du das mit deinem Glauben in Übereinstimmung?
Beziehungen nach Gottes Maßstab sind mir wichtig. Ich betreue eine Gruppe von 14 Kindern im Alter von 3-6 Jahren und möchte, dass sie sich wohlfühlen sowie gute Rahmenbedingungen und Angebote zur Förderung haben. Die Kinder sollen sich richtig gut entwickeln können. Mein Anliegen ist auch, Glauben für die Kinder greifbar zu machen. Ich sehe meinen Beruf als Berufung und Gott hilft mir, meine Grenzen zu erweitern, sei es in Punkto Geduld, Kreativität, Liebe oder Weisheit im Umgang mit den Kindern. Die Erfahrungen aus meinem Beruf helfen mir auch zu Hause weiter. Durch die vielen verschiedenen Situationen wird man im Umgang mit den eigenen Kindern geübter und entspannter.

Was ist dir im Glauben und Christsein wichtig? Was ist deine Leidenschaft bezüglich Glauben und Gemeinde?
Dass Glauben eine Beziehung zu Jesus ist und kein Einhalten von Regeln. Weiterhin das tiefe Wissen, dass er mich liebt, dass er sich nicht verändert, auch wenn ich Fehler mache, dass er uns immer wieder vergibt und ermutigt, weiter zu machen und dass er uns wie ein liebevoller Vater nie überfordert. Gleichzeitig traut uns Gott aber auch viel zu und will mit uns große Dinge tun.
Dies an Menschen weiterzugeben, die nicht wissen, was Gott für sie getan hat und wo es für sie hingeht, wenn sie ihren Kurs nicht ändern, ist mir sehr wichtig. Ebenso ist es total spannend, Gott in Aktion zu sehen. Zum Beispiel wenn man für Kranke betet und sieht, wie es besser mit ihnen wird. Wir erleben dies immer wieder. In letzter Zeit ist beispielsweise eine Person mit jahrelangen Rückenschmerzen, welche nur unter Morphium auszuhalten waren, wenige Stunden nach dem Gebet geheilt worden. Bei anderen Personen sind ungewöhnlich große Gewebeveränderungen verschwunden oder haben sich verkleinert. So etwas begeistert mich!

Was wünschst du dir für unsere Gemeinde?
Ich wünsche mir, dass die Atmosphäre von Gottes Liebe erfüllt ist und auch Gäste spüren, dass da etwas Besonderes ist. Und dass wir gemeinsam auf dem Weg sind, um mehr von Gott, seinen Schätzen für uns sowie den eigenen Gaben zu entdecken. Ich bin sehr dankbar, zu dieser Gemeinde gehören zu dürfen.

Welche Höhen und Tiefen gab es in deinem Glaubensleben?
Höhen gibt es immer dann, wenn wir merken, wie Gott geniale Dinge tut und seine Nähe fast greifbar ist. Auch im Alltag, wenn ich sehe, wie gesegnet wir sind mit unseren Kindern, Familien, Freunden, der Gemeinde, der Arbeit und all den ganz praktischen Dingen. Auch die Tiefen gehören dazu, die aber im Nachhinein oft mit Höhen verbunden sind - einfach weil ich gemerkt habe, dass Gott Gutes daraus gemacht hat bzw. mein Vertrauen auf Gott gestärkt worden ist. Zum einen war das die schwere Krankheit meines Vaters, an der er gestorben ist, aber wodurch er auch zu Gott gefunden hat. Nun können wir uns darauf freuen, ihn irgendwann wiederzusehen und das ganz ohne Leid. Das andere war ein Gewächs in meinem Hals, der dank Gottes eingreifen nicht operiert werden musste. Medizinisch war die Veränderung nicht zu erklären, aber an dieser Stelle wurden die Verheißungen Gottes zum Thema Heilung für mich sehr greifbar.
Ich habe folgendes Bibelwort aus Jesaja 53,4-5 für mich buchstabiert und es über mein Leben gestellt. Seitdem lässt es mich nicht mehr los – und das nicht nur in Bezug auf mich selbst: „Fürwahr, er trug unsere Krankheit und lud auf sich unsere Schmerzen. Wir aber hielten ihn für den, der geplagt und von Gott geschlagen und gemartert wäre. Aber er ist um unsrer Missetat willen verwundet und um unsrer Sünde willen zerschlagen. Die Strafe liegt auf ihm, auf dass wir Frieden hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilt.“
Zu erleben, wie sich auch dieses Wort im Leben anderer erfüllt, macht mich glücklich.

Was hat dir aus dem einen oder anderen Tal herausgeholfen?
In solchen grenzwertigen Situationen sind mir Menschen sehr wichtig, die für mich da sind und für mich beten. Meine Familie und auch Freunde geben mir dabei viel Halt. Aber die meiste Veränderung bringt es mir, wenn ich Gottes Verheißungen und Prinzipen für mich annehme, auch wenn meine Gefühle etwas ganz anderes dazu sagen.
Hast du Hobbys, treibst du Sport? Was machst du als Ausgleich zum Dienst?
Mein größtes und schönstes Hobby ist, Zeit mit meiner Familie, vor allem mit meinem Mann und meinen Kindern, zu verbringen. Dann tut es auch richtig gut, mit anderen, mir kostbaren Menschen zusammen zu sein. Und wenn ich mal nicht reden will, weil ich das im Beruf schon genug tue, liebe ich es zu puzzeln. Zum Ausgleich für die viele Zeit mit Kindern, die ich sehr genieße, mache ich jedoch auch gern mal etwas völlig anderes, das nichts mit Kinderbetreuung zu tun hat.

Was möchtest du gern anderen Menschen weitergeben?
Dass der Glaube an Jesus alles andere als langweilig und altmodisch ist. Es ist zum einen die wichtigste und beste Entscheidung, sein Leben unter Gottes Führung zu stellen. Zum anderen tut es auch gut, nicht irgend einem Schicksal ausgeliefert zu sein, sondern felsenfest zu wissen, dass mein Leben in den Händen eines liebenden Vaters liegt, dem alle Macht im Himmel und auf Erden gehört. Abschließend fällt mir die Jahreslosung ein, die mir aus dem Herzen spricht: „Gott nahe zu sein ist mein Glück!“

Vielen Dank für das Interview.


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Dezember 2013 und Januar 2014

Ohne Gott, hätte ich nie vergeben können

Jan Heger kommt ursprünglich aus Borsdorf bei Leipzig, lebt heute in Freiberg, ist gelernter Raumausstatter, studierte Sozialpädagogik und Management und ist seit 7 Jahren mit Josefina verheiratet. Sie haben zwei kleine Kinder: Noah und Rahel. Jan ist begeisterter Rennradler und Ausdauerläufer, hört oft klassische Musik, kocht und backt gern. Mit seiner Familie liebt er es, durch Wald und Flur zu spazieren und sammelt nebenbei noch Mineralien. Ronny Dietrich traf sich in vertrauter Atmosphäre mit ihm zum Interview.

Du bist seit vier Jahren Mitglied unserer Gemeinde. Wie kam es dazu?
Nach dem Studium in Dresden bin ich mit zu meiner Frau nach Würzburg gezogen. Sie hatte dort ein Studium angefangen. Als sie fertig war, zog es uns wieder nach Sachsen. In Freiberg fand ich 2009 eine Arbeitsstelle in der Jugendarbeit. Während der Freiberger Anfangszeit kamen wir in vielen verschiedenen Situationen mit Menschen aus der Gemeinde in Kontakt. Wir schauten uns zwei Gemeinden in Freiberg an, auch die Jakobi-Christophorus-Gemeinde, weil wir diesen Namen schon so oft gehört hatten. Bei unserem ersten Besuch wurden wir angesprochen, fühlten uns gleich wohl und sind geblieben. Uns gefällt hier besonders der Mix aus Jung und Alt. Die vielen entsprechenden Angebote für alle Altersklassen sind gut, aber ein Pendant zu den „Evas“ gibt’s leider noch nicht.

Wie habt ihr euch kennen und lieben gelernt?
Kennengelernt haben wir uns auf einer Rüstzeit in Annaberg im Jahr 2004. Wir waren beide als Mitarbeiter dabei. Sie fiel mir sofort ins Auge und obwohl sie eigentlich nicht darauf aus war, eine Beziehung zu beginnen, ließ ich mich nicht davon abhalten, mich nach der Rüstzeit öfter mit ihr zu treffen. So lernten wir uns recht schnell besser kennen, besuchten gemeinsam Rüstzeiten und heirateten schließlich 2006.

Wie bist du zum Glauben gekommen?
Die Christenlehre und Konfi-Zeit haben in meinen Kinder- und Jugendjahren kein Interesse für Gott und den Glauben geweckt. In meiner Schulzeit erfuhr ich viel Ablehnung und wurde gemobbt. Ich zog mich zurück und wollte auch mit niemandem etwas zu tun haben. Im Alter von 17 Jahren bekam ich eine Einladung von unserer JG in Borsdorf. Ich hatte Angst, auch hier wieder Ablehnung zu erfahren. Aber ich wurde, entgegen meiner Erwartung, angenommen wie ich war. Ich lernte Leute kennen, die im Gegensatz zu meiner Meinung, dass Christsein langweilig und steif ist, einen lebendigen Glauben hatten und lebten. Für mich waren früher Christen Leute, die sonntags in die Kirche gehen und nicht mehr. Ich war fasziniert von diesem Glauben und wollte mehr davon. Im Mai 1999 habe ich mich bekehrt und Jesus mein Leben gegeben. In dem Moment bekam ich die Kraft, denen zu vergeben, die mich in meiner Schulzeit gemobbt hatten. Ich brachte all diese Erlebnisse vor Gott, und danach bekam ich einen tiefen Frieden in mein Herz. Derjenige, der es am ärgsten mit mir getrieben hatte, wurde selbst Christ. Wir konnten uns gegenseitig Vergebung zusprechen und wurden sehr gute Freunde. Später leiteten wir sogar zusammen die JG. Ich bin überzeugt: Ohne Gottes heilende Kraft, hätte ich nie vergeben und diese Last loswerden können.

Du arbeitest jetzt als Teamleiter in der Kinderarche Lichtenberg und betreust Jugendliche in einer Wohngruppe. Was genau ist deine Aufgabe und was hat dich dazu bewogen, diesen Berufsweg einzuschlagen?
Mit Kindern und Jugendlichen wollte ich früher aufgrund meiner Kinder- und Jugendzeit nichts zu tun haben. Aber Gott hatte mein verletztes Herz geheilt. Ich war somit frei von Ängsten und Schmerz. Ich verspürte den Drang, beruflich etwas mit Menschen machen zu wollen. Während des Studiums absolvierte ich ein Praktikum in der stationären Jugendhilfe, welches mich letztlich dazu bewegte, später auf diesem Gebiet zu arbeiten.
Die Kinder und Jugendlichen in unserer Wohngruppe kommen zumeist aus schwierigen familiären Verhältnissen, manchmal gepaart mit psychosomatischen Störungen. Durch therapeutische Angebote und Begleitung im Alltag sollen sie auf ein selbstständiges Leben vorbereitet werden. Dieser Alltag ist oft sehr herausfordernd, gerade verbale Entgleisungen der Jugendlichen muss man erst mal verdauen. Im Gebet kann ich das an Gott abgeben und ich bekomme wieder neu die Kraft, die Kinder immer wieder in Liebe anzunehmen. Ohne Gebet und die Beziehung zu Gott hätte ich nicht die Kraft, dies jeden Tag zu leisten.

Was ist dir im Glauben und Christsein wichtig? Was ist deine Leidenschaft in Bezug auf Glauben in Familie und Beruf?
Wichtig ist mir als Christ, „echt“ zu sein. In der Art, wie ich bin und rede, will ich nicht auf der Welle der Welt mitschwimmen, sondern Jesus nachlaufen. Andere sollen erkennen warum ich anders bin. Schwächen kann man nicht verbergen, aber man muss dazu stehen und auch den Mut haben, um Vergebung zu bitten. Das kann im Beruf, aber auch in Freundeskreis oder Ehe sein. Die Erkenntnis, dass ich gesegnet bin in allem, was Gott für mich getan hat und was ich bekommen habe, ist für mich immer wieder ein Gewinn. Ich habe eine tolle Familie und einen Job, der mir gefällt. Das alles ist ein Geschenk und obendrauf legt mir Gott auch noch die Kraft, alles meistern zu können. Die Verlockung ist groß, sich über dies und jenes zu beschweren, z.B. darüber, nicht zu den reichsten 2% der Menschheit zu gehören. Aber zu erkennen, dass man gesegnet ist und nicht die Sorgen und Nöte der anderen 98% der Weltbevölkerung hat, zwingt einem förmlich eine demutsvolle Dankbarkeit auf.

Was fasziniert dich an Jesus Christus?
Es sind drei Kernpunkte, die mich faszinieren:
1. Jesus rettet auch heute noch. Das steht nicht nur in der Bibel, sondern ich habe es selbst erlebt.
2. Er ist bei uns alle Tage, auch dann, wenn gerade kein Mensch da ist, mit dem ich offen reden kann, der mich so versteht, wie ich es tatsächlich meine.
3. Mich fasziniert auch seine Art und Weise, wie er Antworten auf eindeutige und zielgerichtete Fragen seiner Gegner gibt (Bsp. Mt. 20, 1-16, Luk. 15, 11-32 oder Joh. 8, 1-11) bzw. von Gottes Gerechtigkeit redet.

Ein Bibelwort, ein Vers, der dich begleitet?
Röm 1,16 und Jak 2,17: Wie Paulus schreibt, schäme ich mich nicht, Christ zu sein und es ist für mich auch richtig, dass aus Glauben heraus die Werke sichtbar werden. Ich eifere keiner Werksgerechtigkeit nach und will sagen: Als Christ musst du dies und jenes tun. Unter dem Aspekt der Dankbarkeit für die Rettung, die mir widerfahren ist, will und kann ich nicht anders, als die Werke zu tun. Mir ist es ein Anliegen, den Menschen zu dienen.

Welche Höhen und Tiefen gab es in deinem Glaubensleben?
Die anfängliche Euphorie in meinem Christsein wurde durch Theologievorlesungen, die ich neben meinem Studium besuchte, gedämpft. Da wurden Dinge hinterfragt und diskutiert, welche für mich felsenfest standen. Das feste Fundament war auf einmal nicht mehr so stabil. Es brauchte einige Zeit, bis ich meinen Standpunkt zu den heiklen Themen gefunden hatte. Diese Zeit ließ meinen Glauben reifen und das Fundament wurde umso fester. Mein Weg bis heute ist von solchen Dingen durchzogen, es ist ein Lernprozess, in dem sich glaubensstarke und Dürrezeiten abwechseln.

Was hat dir aus dem einen oder anderen Tal herausgeholfen?
Das Wissen, dass Gott mich hält und dass in der Vergangenheit sein Tragen für mich erfahrbar war. Ich weiß, dass ich nicht allein bin. Gott ist real und er ist da, ob ich ihn gerade spüre oder nicht. Die Gemeinschaft mit Christen, z.B. auf Rüstzeiten, im Hauskreis oder Gottesdienst, aber auch im kleinen Kreis ist für mich immer wieder notwendig, um mich auf Gott auszurichten, im Glauben gestärkt zu werden und somit geistlich wachsen zu können.

Wir feiert ihr Weihnachten?
Wenn ich nicht gerade im Dienst bin, dann feiern wir natürlich mit der Familie. Der Gottesdienstbesuch gehört für uns dazu, ebenso wie Geschenke für die Kinder und Zeit zur Besinnung. Letzteres zumeist erst, wenn die Kinder schlafen und wir uns mit einem Glas Wein das größte Geschenk, die Geburt unseres Heilandes, bewusst machen. Und wenn wir das Lied „Oh du fröhliche“ singen, spätestens dann ist Weihnachten auch in meinem Herzen angekommen.

Hast du ein Motto, wenn es um Glauben, Leben und Gemeinde geht?
Gott kennt mich durch und durch und liebt mich trotzdem grenzenlos. Aus Dankbarkeit strebe ich danach, alles aus Liebe zu Gott und meinem Nächsten zu tun.

Vielen Dank für das ausführliche Interview.





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