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Februar und März 2017
Sylvia Gietzelt zog mit ihren Eltern im Alter von sieben Jahren von Oelsa bei Rabenau nach Freiberg. Sie ist mit Michael verheiratet und hat mit ihm zwei Kinder. Vor kurzem gab es gleich bei beiden Nachwuchs und so wurde die leidenschaftliche Chorsängerin zur zweifachen Oma. Über ihren Lebensweg und darüber, was sie sonst noch bewegt, hat sich Ronny Dietrich mit ihr unterhalten.
Wie war das bei dir: Wie bist du zum Glauben gekommen?
Ich bin in einem christlichen Elternhaus aufgewachsen. Auch die Verwandtschaft und die Freunde meiner Eltern waren Christen. So bin ich als Einzelkind wohl behütet zum christlichen Glauben gekommen. Wir wohnten früher an der jetzigen Chemnitzer Straße in der Nähe des damaligen Studentenwohnheimes.
Meine Kindheit war sehr schön und es gab immer viele Kinder zum Spielen. Beim Nachbarn wurde gebaut, was ja zu DDR-Zeiten doch lange dauerte. Dort haben wir Kinder uns getroffen. Er war Sportlehrer und baute uns auch tolle Sportgeräte. Die Christenlehre und der Kindergottesdienst waren für mich ebenfalls so normal wie das Spielen auf der Baustelle. Ich war zwar nicht so aktiv in der Gemeinde, bin aber oft zum Kindergottesdienst gegangen und habe mich immer wohlgefühlt.
Wie hast du Gemeinde früher wahrgenommen und wie siehst du sie heute? Hat sich dabei etwas verändert?
Früher war der Pfarrer eine richtige Autoritätsperson, jedenfalls habe ich das als Jugendliche so empfunden. Mit heute ist das nicht mehr vergleichbar. Es gibt jetzt viel mehr ehrenamtliche Mitarbeiter als Hauptamtliche. Das Miteinander ist weniger autoritär, sondern freundschaftlich.
Wie hast du deinen Ehemann kennengelernt?
Ich kenne Michael seit dem siebenten Lebensjahr, wir gingen sogar in die gleiche Schulklasse. Zehn Jahre nach der Schulzeit, auf einem Klassentreffen, haben wir uns wiedergesehen. Ein Jahr später haben wir geheiratet.
Gab es bei der Partnerwahl für dich wichtige Kriterien?
Ja, ich wollte einen Christen zum Ehemann, da ich Erfahrungen aus dem Bekanntenkreis hatte, wie es in Beziehungen von Christen mit nichtchristlichen Ehepartnern so laufen kann. Ich dachte, lieber bleibe ich allein, als mich zu verbiegen. Als ich Michael wiedersah, war er gerade auf dem Weg, Gott kennenzulernen.
Was war da passiert?
Wir kannten uns ja schon durch die Schulzeit, aber bei der Konfirmation war er nicht dabei. Erst später kam er durch Freunde wieder näher zu Jesus. Er hat dann die Konfirmation nachgeholt. Für mich war das ein Zeichen, dass vieles stimmig war.
Welche Bibelverse sind dir besonders wichtig?
In Vorbereitung auf das Interview habe ich auch meinen Tauf- und Konfirmationsspruch herausgesucht und war davon berührt, wie diese heute noch passen.
Die Gnade aber des HERRN währt
von Ewigkeit zu Ewigkeit über denen,
die ihn fürchten, und seine Gerechtigkeit
auf Kindeskind bei denen, die
seinen Bund halten und gedenken an
seine Gebote, dass sie danach tun.
(Taufspruch aus Psalm 103,17-18)
Der HERR ist mein Teil,
spricht meine Seele;
darum will ich auf ihn hoffen.
(Konfirmationsspruch aus Klagelieder 3,24)
Du singst gern im Chor. Wie kam es dazu?
Noch unter Kantor Jahn kam ich in den Johannis-Chor. Das war im Jahr 1971/ 72. Ich weiß noch, dass meine Eltern etwas ängstlich waren, weil ich zum Chor in die Johannisgemeinde musste und der Weg dorthin etwas weiter war. Aber das Singen im Chor, mittlerweile im Petri-Chor, ist seitdem für mich eine wahre Freude!
Wie hast du die DDR-Zeit als Christ erlebt?
Zu DDR-Zeiten war es mit Ausbildung und Studium nicht so einfach, es sei denn, man tat, was das Regime einforderte. Konfrontationen lagen mir noch nie, auch das System wollte ich nicht und habe deshalb „nur“ eine Ausbildung gemacht.
Wie hast du Gott in deinem Leben erfahren?
In der Jugendzeit hatte ich nie diese Aha-Erlebnisse. Da ich mit Gebet und in christlicher Lebensweise großgeworden bin, war Gott irgendwie Normalität. Hilfe hat es aber immer gegeben.
Ein solches Aha-Erlebnis hatte ich, als ich letztes Jahr zum zweiten Mal mit Brustkrebs krank war. Ich bin dabei aber in kein Loch gefallen und fühlte mich immer getragen und ruhig. Ehe ich zur OP ging, beteten einige für mich. Ruhe und Frieden überkamen mich und dies habe ich mit ins Krankenhaus genommen. Vor acht Jahren, beim ersten Mal, war das noch anders. Das Wissen, dass andere mit mir sind, dass so viele Kreise und Personen für mich beten, hilft ungemein. Dies macht ja u. a. unsere Gemeinde aus, das ist einfach toll und sollte von jedem für sich in Anspruch genommen werden!
Ich fragte mich zwar auch, warum mir das passiert, aber vielleicht ist es so, dass man sich für sich selbst mal Zeit nimmt und zur inneren Ruhe kommt, was sonst im Alltag schwer geht. Mitten in diese Zeit kamen unsere beiden Kinder mit der Nachricht, dass wir Großeltern werden. Jeweils das erste Kind sollte kommen.
Nach der OP war ich zur Kur. Dort wurde ich eher negativ angerührt, als ich erlebte, womit sich Menschen mit 75+ so beschäftigen. Ich habe gemerkt, womit ich mich „füttern“ möchte und was ich wirklich nicht brauche. Gott hat mich, auch wenn ich es nicht immer bewusst wahrgenommen habe, getragen. Ich kann nicht verstehen, wie Ungläubige das Leben meistern. Die Endlichkeit wird einem mit zunehmendem Alter immer bewusster, die Frage nach dem Sinn des Lebens stellt sich doch irgendwann.
Was ist oder war dir für deine Familie wichtig?
Mir ist immer wichtig gewesen, dass unsere Kinder einen christlichen Weg gehen. Was für mich selbstverständlich war, ist bei unseren Kindern nicht mehr so. Unsere Tochter war da z.B. auch sehr hinterfragend. Für suchende Jugendliche war die Situation damals in der Gemeinde auch aufgrund der häufigen Pfarrerwechsel nicht optimal. Man braucht eine gute Gemeinde mit Ansprechpartnern. Bei unserem jüngeren Sohn lief das anders. Tobias kam in eine gut funktionierende Junge Gemeinde, war Lobpreisbandmitglied. In Beziehung und Ehe sind immer ein offenes Wort und Aussprachen, aber auch gemeinsames Bitten vor Gott eine gute Basis. Gebet hilft immer und Dankbarkeit ist mir wichtig. Wir lebten mit meinen Eltern unter einem Dach. Es gab dann aber auch schwere Zeiten, als die Mutter dement wurde. Dort haben wir erlebt, was Gebet ausmacht. Wir erhielten dadurch Kraft und Frieden. Andererseits war die häusliche Nähe auch sehr schön und man hatte jemanden, der mal mithilft, die Kinder behütete oder ähnliches. Heute ist diese Gemeinsamkeit durch unsere Individualität etwas auseinandergerückt.
Gottes Wege haben manchmal eine überraschende Wendung …
Ja, in einem Urlaub in Kärnten war es bei einer Wanderung neblig und regnerisch, die Wege schlecht markiert. Irrtümlicherweise sind wir in ein falsches Tal abgestiegen. Am Fuße des Tales gab es eine Straße mit einer Bushaltestelle. Leider war der Bus gerade weg und es hielt ein kleiner Transporter, dessen Fahrerin fragte, wo wir hin wöllten. Es stellte sich heraus, dass wir das gleiche Ziel hatten, und wurden mitgenommen.
Was wünschst du dir für unsere Gemeinde?
Dass der Mix aus Jung und Alt mit den vielfältigen Veranstaltungen erhalten bleibt, durch viele getragen wird und weiter auch sichtbar wachsen kann. Dazu wünsche ich uns Gottes Gnade und Zuspruch.
Vielen Dank für das nette Gespräch!
59
Dezember 2016 und Januar 2017
Jens Haser lebt mit seiner Familie in Naundorf und gehört seit einem Jahr zu unserer Gemeinde. Seine Frau Daniela ist Tierärztin. Zur Familie gehören die beiden Kinder Valentin und Matilda; nicht zu vergessen: zwei Meerschweinchen und eine Katze.
Jens, du bist von Beruf Feuerwehrmann. Wie ist es dazu gekommen?
Die Feuerwehr hat mich schon immer fasziniert. Mit 18 bin ich in die Freiwillige Feuerwehr Hetzdorf eingetreten. Schon damals dachte ich, dass die Berufsfeuerwehr schon richtig cool wäre. Nach dem Abitur erlernte ich dann den Beruf des Rettungsassistenten beim DRK. 2002 bewarb ich mich bei der Berufsfeuerwehr Dresden und wurde angenommen, sozusagen „mit dem Hochwasser angespült“.
Du bist ein professioneller Lebensretter. Wie ist es für dich, Leben zu retten?
Größtenteils sind es ja ganz normale Aufgaben, bei denen man Menschen in allen möglichen Situationen beisteht. Das eigentliche „Leben retten“ kommt zwar auch vor, ist aber nur die Spitze des Eisbergs.
Was ist für dich das Wichtigste im Leben?
Das Wichtigste und Schwierigste zugleich ist, im Alltag die Verbindung zu Jesus zu halten.
Wie bist du zum Glauben gekommen?
Ich war immer ein Gegner der Christen und hab vom Glauben früher überhaupt nichts wissen wollen. Ich habe sogar dagegen geschossen. Und dann hab ich eine Frau kennen gelernt, die Christin war. In Diskussionen mit ihr und mit anderen hab ich Beweise gesucht, dass das Christsein alles Quatsch ist. Aber die Christen, die ich dabei kennen lernte, meinten es wirklich ernst und sie hatten etwas anderes an oder in sich als die, die ich vorher kannte und die vorgaben, Christen zu sein. Ich habe lebendige Christen kennen gelernt, die an Jesus geglaubt, mit ihm wirklich gelebt und ihn gesucht haben. Und das hat mir imponiert. Später fand ich heraus, dass das mit dem Heiligen Geist zu tun hatte. Ich habe dann angefangen, die Bibel zu lesen, um das alles zu verstehen. Durch die Bibel hat Gott zu mir gesprochen. Letztendlich stand ich vor der Entscheidung, entweder in meinem Leben weiterzumachen wie bisher oder zu akzeptieren, dass Gott zu mir gesprochen hat. Ich habe mich dann logischerweise 2002 für Letzteres entschieden.
Was fasziniert dich an Jesus Christus?
Das Beste an ihm, finde ich, ist, dass er so überraschend anders ist. Er tut nicht das, was wir erwarten, er agiert und reagiert völlig anders als wir es oft in unseren engen Grenzen denken. Er ist voller Menschlichkeit, Göttlichkeit, Weisheit und Gnade. Es ist alles so rund bei ihm.
An welcher Stelle in deinem Leben hast du Gott am Stärksten erlebt?
Das war natürlich schon bei meiner Bekehrung. Ich habe vorher ein völlig weltliches Leben gelebt: ein starker Humanist im Absturz begriffen. Durch Jesus habe ich mein Leben völlig neu ausgerichtet. Ich habe ganz andere Werte und Ziele bekommen. Wie er mein Leben umgekrempelt hat, das ist das Stärkste, was ich erleben durfte. Man kommt aus einem Leben, das von naturwissenschaftlichen Grenzen bestimmt wird und psychologisch erklärbar ist, in ein Leben hinein, das übernatürlich ist. Und dieses Leben ist erlebbar und „Beine wegziehend“.
Vervollständige bitte den Satz: Ein Leben ohne Gott wäre für dich wie …
… tot.
Du bist Mitarbeiter im Leitertrainingskurs. Was bewegt dich in Bezug auf Leitertraining?
Für mich ist es nicht nur primär, Leiter herauszubilden, sondern das Schönste ist, in einer Gemeinschaft den Leibes-Gedanken zu leben und gemeinsam zu Christus hin zu wachsen (Epheser 4,15). Leiterschaft beginnt mit Jüngerschaft. Es entsteht Beziehung, man verletzt sich auch mal gegenseitig und vergibt einander, und dabei werden Leiter herausgebildet.
Was ist die wichtigste Frage, die du gern von Gott beantwortet hättest?
Ich habe so viele „Warums“. Die wichtigste Frage ist vielleicht diese: Warum bin ich so, wie ich bin? Paulus schreibt, dass er die guten Dinge tun will, aber er sieht an sich selber, dass er diese Dinge nicht immer tut. Manchmal entscheide auch ich mich bewusst, die schlechten Dinge zu tun, aber ich kriege es in dem Moment einfach nicht besser hin. Und da frage ich mich: Warum ist das so? Ich will es doch eigentlich nicht.
Was ist dein größtes Gebetsanliegen?
Am meisten bete ich für unsere Kinder.
Worüber freust du dich zurzeit am meisten?
Dass sich Valentin so gut entwickelt hat.
Was macht dich vor allem traurig?
Die Zerrissenheit der Christen. Das geht mir echt auf den Keks. Ich sehe in der Einheit der Christen riesige Stärken und ein riesiges Potential, stattdessen kocht jeder sein eigenes Süppchen. Durch Grabenkämpfe sind wir schwach. Und das ist ein Punkt, der mich sehr nervt und ärgert. Wir schauen immer mehr auf unsere Unterschiede, statt auf das, was uns eint, nämlich Jesus Christus.
Welches sind deine größten Vorbilder?
Mein Lieblingsvorbild ist Bruder Andrew, der Bibelschmuggler Gottes. Er ist echt, er war voll Gnade und voll Weisheit Gottes. Er hat ein Leben geführt, das ich sehr nachahmungswürdig finde.
Was sind deine Hobbys?
Ich gehe Fliegenfischen, hier direkt vor der Haustür in der Bobritzsch.
Was haben dir deine Eltern vor allem mitgegeben?
Auf jeden Fall viel Liebe. Ich bin immer geliebt worden, hatte ein geborgenes Zuhause und wusste stets, dass ich jederzeit nach Hause kommen kann.
Und was willst du deinen Kindern mitgeben?
Ich will sie wissen lassen, dass ich sie immer liebe, egal was ist, und sie immer nach Hause kommen können. Zusätzlich das Plus, dass es jemanden gibt, auf den sie sich noch mehr verlassen können als auf mich. Und das ist Jesus.
Wenn du eine Million gewinnen würdest, was würdest du tun?
Ich würde mir ein kleines Segelboot kaufen. Aber eigentlich will ich gar keine Million gewinnen, weil es einfach Nöte macht, die ich nicht haben muss.
Gibt es einen Traum, den du dir irgendwann erfüllen möchtest?
Mich reizt es, noch Theologie zu studieren.
Wenn du wüsstest, dass du nur noch kurze Zeit zu leben hast, was würdest du tun?
Ich würde, glaube ich, endlich den „Arsch noch mehr hochkriegen“ und ein paar Leuten von Jesus erzählen. Die Menschenfurcht noch ein bisschen mehr verlieren.
Welcher Bibelvers ist dir besonders wichtig?
Sprüche 16,9: Des Menschen Herz erdenkt sich seinen Weg; aber der Herr allein lenkt seinen Schritt. Das ist der Vers, mit dem ich mich bekehrt habe.
Wir feiern im nächsten Jahr 500 Jahre Reformation. Welche Bedeutung hat für dich die Reformation?
Luther hat einen riesigen Aufbruch geschaffen. Die Kirche war in einer totalen Sackgasse. Ich genieße gern die Früchte, aber ich würde mich freuen, wenn es noch eine Reformation der Reformation gäbe, damit die Leute wieder mehr auf Jesus schauen. Und die Bibel als das ernst nehmen, was sie ist: als Wort Gottes. Nicht nur als Leitlinie, um ein guter Mensch zu werden, sondern als lebendiges Wort Gottes.
Gemeinde ist für dich …
… ein Zuhause.
Was fällt dir als erstes zu unserer Gemeinde ein?
Die tolle Arbeit für das Reich Gottes, der Glaubenskurs.
Was sollte unsere Gemeinde verstärkt tun?
Ich finde, wir müssen mehr versuchen, einander kennen zu lernen und mehr Sachen miteinander zu tun. Wir sollten mehr Kapazitäten schaffen, damit alle an einem Strang ziehen. Es gibt noch zu viel Grüppchenbildung, man kennt sich noch nicht gut genug, wenige machen zu viel. Die Masse müsste mit hineingenommen werden, um gemeinsam ins Reich Gottes zu investieren. Dazu gehört es auch, Ängste zu verlieren und Vertrauen zu lernen. Wir brauchen mehr Gemeinschaft, um besser das Reich Gottes bauen zu können, und das alles mit Freude.
Vielen Dank für das ehrliche Gespräch. Dir und deiner Familie wünschen wir weiterhin viel Segen unseres Herrn.
Frank Herter
58
Oktober und November 2016
Für dieses „Gemeinde aktuell“ hat sich Daniel Liebscher mit dem frischgebackenen Ehepaar Müller getroffen, das in der zweiten Lebenshälfte mit Gottes Hilfe neues Glück gefunden hat. Janett und Andreas Müller haben beide das 50. Lebensjahr schon überschritten, im Dezember 2015 haben sie standesamtlich geheiratet und wurden am 13. August 2016 in der Jakobikirche getraut.
Janett, kannst du ein paar Sätze zu deiner Geschichte und deiner Verbindung zur Jakobikirche sagen?
Ja, ich bin gleich gegenüber der Kirche in der Dresdner Straße aufgewachsen und in der Jakobikirche getauft und konfirmiert. Im Glauben hat mich meine Omi geprägt, die mich in die Kirche mitgenommen und zur Christenlehre geschickt hat. Ich habe auch ein Jahr lang Flöte gelernt. Die Groß-eltern meiner Freundin waren Kirchner, so dass ich oft mit in die Kirche kam. Als Kind habe ich besonders gerne beim Krippenspiel mitgemacht, oft als Engel, so bin ich gleich über die Straße gegangen, oder als Prophet, da habe ich von der Kanzel gesprochen. In meiner Lehrzeit ging ich noch zur Jungen Gemeinde, aber seit meinem Fachstudium in Rodewisch kam ich nur noch zu Weihnachten.
Andreas, wo warst du zu Hause, und wie war es bei dir mit der Gemeinde?
Ich bin ein richtiges Stadtkind vom Wasserberg, meine Eltern haben für meine Taufe und Konfirmation gesorgt, zum Gottesdienst sind wir in die Anton-Günther-Straße gegangen. Der Glauben gehört bei mir einfach dazu, auch wenn ich ihn mehr innerlich und im Stillen gelebt habe.
Kannst du von einer Erfahrung berichten, wo du Gott eindrücklich erlebt hast?
Das war der Fall, als ich auf dem Wehrkreiskommando überzeugt werden sollte, länger zur Armee zu gehen, was ich nicht wollte. Da hat mir Gott wirklich geholfen, dass ich bei meinem Nein bleiben konnte. Und dann kam die Wende und ich bin ganz drum herum gekommen. Das ist für mich ein Erlebnis mit Gottes Hilfe.
Andreas, du hast in deinem Leben eine große Enttäuschung erlebt?
Ja, ich habe im Jahr 2000 meine erste Frau geheiratet und wir wurden in der Kapelle in Zug getraut, wie meine Großeltern und Eltern auch. Unsere Ehe hat sich leider nicht gut entwickelt, vor allem auch in Bezug auf den christlichen Glauben. Dadurch ist mein Vertrauen stark enttäuscht worden. Nach 10 Jahren wurde die Ehe geschieden. Und ich wollte allein bleiben. Ich hatte eigentlich nur noch meine Arbeit, als Fliesenleger bin ich schon viele Jahre bundesweit im Einsatz.
Janett, wie ging es bei dir weiter?
Ich habe mit 20 Jahren geheiratet. Mein Mann war kein Christ. Und meinen Glauben lebte ich auch nur im Stillen, d.h. Weihnachten ging ich in die Kirche. Wir haben zwei Jungs bekommen, die wurden in der Jakobikirche getauft. Und sie sind dann sogar freiwillig zur Konfirmation in die Petrikirche gegangen, darüber war ich richtig froh, ein Wunder Gottes! Ansonsten war ich nicht glücklich und unser Miteinander in meiner Ehe wurde immer schwieriger. Im Jahr 2000 besuchten wir den Glaubenskurs. Aber es wurde nicht besser. 2004 war meine Not so groß, dass ich unsere Pfarrerin, Gundula Rudloff, aufsuchte. Wir nutzten eine Eheberatung bei „Team F" und ich ging zum Hauskreis. 2006 war ich wieder beim Glaubenskurs dabei, doch dann hatte ich einen richtigen Zusammenbruch und kam zur Reha in eine christliche Klinik. Dort habe ich Gott erlebt und auch ganz persönlich zu ihm gesagt: Ich will dich erleben und spüren! Und ich habe es festgemacht, dass er der Weg, die Wahrheit und das Leben für mich ist! Trotzdem war es sehr schwer, als wir uns nach 24 Jahren trennten und meine Ehe gescheitert war. Da war der Glauben an Gott mein wichtigster Halt. Aus Dankbarkeit war ich wieder im Glaubenskurs und habe den Begrüßungsdienst gemacht. Seitdem bin ich auch fest im Hauskreis involviert. Stück für Stück ging es mir psychisch wieder besser, ich kam auch von den Tabletten los und konnte Heilung und Stärkung als Person durch Gott erfahren. Und ich habe immer wieder Gottes Versorgung erlebt.
Kannst du dafür Beispiele nennen?
Ja, es ist ein Wunder, dass ich die ganze Zeit die Wohnung behalten konnte, was mir sehr wichtig war. Oder 2012 war ich in Zagelsdorf bei einer Singlefreizeit, gerne wollte ich ab September dort eine berufsbegleitende Bibelschule besuchen. Da bekam ich eine Auszahlung von Zinsen und jemand bot mir finanzielle Unterstützung an. So konnte ich viel lernen.
Und du warst weiterhin auf der Suche nach einem Partner?
Ja, das wir mir ganz wichtig, ich habe auch noch mal gemerkt, dass es für mich mit meinem Partner ohne Gott nicht funktioniert. Seit Oktober 2012 habe ich meinen zukünftigen Ehemann gesegnet und immer mit Gott so gesprochen: Du hast gesagt in deinem Wort: „Der Mensch soll nicht alleine sein". Gib mir doch bitte den richtigen zu mir passenden Ehemann.
Dann hat es aber noch eine Weile gedauert?
Ja, ich musste Geduld lernen, dass ich nicht immer vorneweg renne. 2014 habe ich noch gesagt: Nichts ist für mich schlimmer als alleine zu sein. Seit einer Freizeit war der Gedanke einer Annonce da. Praktisch hat mir eine Freundin geholfen, diese bei der Freien Presse aufzugeben mit dem entscheidenden Satz: „Suche den Mann fürs Leben, mit dem ich den christlichen Glauben leben kann." Es sollte ja auch ein Freiberger sein! Und dann habe ich mein Wunder Gottes erlebt, Andreas ist mein Geschenk Gottes!
Andreas, jetzt wurde es für dich interessant?
Eigentlich wollte ich gar keine Frau mehr haben. Im Rückblick muss ich aber sagen, dass Gott etwas vorbereitet hat. Am Samstag vor dem Lesen der Annonce habe ich den Film „Die Bibel" auf DVD angeschaut. Er stand schon sehr lange noch verpackt im Schrank. Der Film hat mir irgendwie viel Hoffnung gegeben und dann kam der nächste Tag. Bei meinen Eltern zum Mittagessen las ich die Annonce und steckte sie heimlich ein – meine Mutter hat es trotzdem gemerkt.
Was hat dich daran so angesprochen?
Der Satz hatte auf mich eine große Wirkung, ich wollte es gar nicht glauben, was da stand. Ich habe versucht, zwischen den Zeilen zu lesen. Und dann habe ich angefangen zu schreiben, ich habe tausendmal angefangen. Was sollte ich schreiben? Ich habe das noch nie gemacht. Doch dann war der Brief fertig, handschriftlich und ein großes Bild, damit ich nicht zu viel schreiben musste. Und ich habe ihn tatsächlich abgeschickt. Ich dachte: Wenn Gott will, kann ich doch mein Glück versuchen.
Und dann hast du auf einen Anruf gewartet?
Nein, ich war völlig überrascht, als Janett eine Woche später anrief. Ich war ganz still und musste mich danach gleich dafür entschuldigen. Ich dachte, sie kriegt bestimmt Tausende Zuschriften.
Und, Janett, habt ihr euch dann getroffen?
Ja, auf dem Untermarkt. Andreas kam mit Blumen, wir wollten Kaffeetrinken, aber es kam noch ein Spaziergang im Tierpark dazu und ein Abendessen. Ich konnte einen richtigen Ehemann-TÜV machen.
Andreas, wie war es für dich?
Schön, aber ich hab die ganze Zeit gedacht, ich bin doch eh nur einer von vielen, die getestet werden. Doch bei der Verabschiedung hat mir Janett Hoffnung gemacht. Am Sonntag hat sie gleich wieder angerufen und wir haben einen Ausflug zur Augustusburg gemacht. Fortan traf man sich öfter, wir haben telefoniert und SMS geschrieben und uns so kennengelernt.
Janett:
Andreas hat mir immer eine Rose geschenkt. Einmal hat er gesagt: „Bis ans Lebensende, wenn du willst."
Was haben eigentlich eure Familien zu eurer Liebe gesagt?
Wir sind bei den Eltern jeweils sehr gut aufgenommen worden, auch von meinen Söhnen, und mein Enkel hat mal gefragt: „Schwebt die Omi immer noch auf Wolke 7?"
Habt ihr denn gleich ans Heiraten gedacht?
Eigentlich nicht, aber seit Silvester 2014 stand es fest, dass die Beziehung für immer sein sollte. Im Sommer 2015 hat uns eine Situation in der Familie gezeigt, wie schnell alles vorbei sein kann. Da haben wir uns gesagt, worauf warten wir noch, und wir haben einen Plan gemacht. Erst standesamtlich heiraten, dann Janett's Wohnung renovieren und zusammenziehen und danach die kirchliche Trauung in der Jakobikirche, der große Traum von Janett. Und so ist es dann auch geworden. Der Höhepunkt war unsere Trauung am 13. August 2016.
Wie war das für euch?
Es war ein herrlicher Tag, die Feier und der Gottesdienst waren wunderschön und unser Spruch passt: Der Herr denkt an uns und segnet uns! (Psalm 115,12) Das haben wir ja erlebt. Seit dem Segen gehören wir irgendwie noch fester zusammen und spüren Gottes Hände über uns. Und jetzt können wir den Inhalt der Annonce leben: Mit dem Mann und der Frau fürs Leben den christlichen Glauben teilen. Wir beten zusammen und lesen Gottes Wort, wir gehen sonntags gemeinsam zum Gottesdienst. Damit bringen wir unsere Einigkeit zum Ausdruck.
Habt ihr gemeinsame Träume und Ziele?
Dass Andreas doch in der Region Arbeit findet, damit er in der Woche nicht so weit weg ist. Wir wollen gerne etwas weitergeben von dem, was wir erlebt haben, damit auch andere Mut bekommen, Enttäuschte und Einsame.
Ihr Lieben, es ist schön zu sehen, wie Gott bei euch Vieles zum Guten gewendet hat und wie er euch beschenkt hat. Seid weiterhin gesegnet und bringt euch ein mit euren Gaben und Erfahrungen, damit auch andere durch euch beschenkt und gesegnet werden! Vielen Dank für eure Offenheit.
57
August und September 2016
Für unser Interview hat Pfarrer Daniel Liebscher Frau Ingeburg Rehwagen besucht und sich mit ihr unterhalten:
Frau Rehwagen, Sie sind 86 Jahre alt, ganz neu in unserer Kirchgemeinde und wirklich oft anwesend, das fällt positiv auf. Wie kommt das?
Ja, ich bin am 31. Januar 2016 offiziell aufgenommen worden und in die Kirche wieder eingetreten, obwohl ich nie bewusst ausgetreten bin.
Vorher habe ich mich nicht richtig getraut, einfach zu kommen. In den 50er Jahren war ich regelmäßig zu Abendandachten in der Jakobikirche.
Warum haben Sie sich jetzt gerade in der Jakobikirche gemeldet?
Ich habe zum Beispiel Margitta Richter wiedergetroffen, die ich von früheren Zeiten kenne. Mir gefällt die lebendige Gemeinde; das ist wie eine Familie, da gehöre ich hin. Kinder sind meine Welt. Und ich bin verrückt nach der Predigt. Auch wenn manches erst mal weg ist, irgendwann sind die Sätze wieder da. Das lohnt sich.
Wo waren Sie in den letzten Jahren?
Ich muss zugeben, ich war jetzt über zwanzig Jahre lang am Sonntagvormittag in der Sauna. Aber jetzt gehöre ich zur Gemeinde, da komme ich auch zum Gottesdienst, solange ich es kann.
Ja, ich staune, dass Sie sich immer aufmachen!
Da muss man sich manchmal überwinden, aber das geht, wenn man es will. Ich kann auch mit dem Bus fahren, und nach dem Gottesdienst habe ich mehrere Gelegenheiten, nach Hause zu kommen. Deshalb will ich jetzt auch mal ins Kirchencafé gehen.
Das ist vorbildlich, Frau Rehwagen, dieses Sich-Überwinden, und noch dazu in Ihrem Alter. Das kann vielen anderen Mut machen! Man kann sich ja auch melden, wenn man Hilfe oder eine Mitfahrgelegenheit braucht. Sie kommen auch noch zu anderen Veranstaltungen?
Ja, ich gehe zum Seniorensingen in der Beutlerstraße und zum Frauenkreis in der Dresdner Straße. Mir gefällt der gute Zusammenhalt, die Verbundenheit wie in einer Familie.
Im Gottesdienst bin ich immer weiter vorgerückt, jetzt ist die 31 mein Stammplatz. Und es gibt jemanden, der mich beim Abendmahl mit nach vorn nimmt, sodass ich genug Halt habe.
Aber wenn ich die Kinder sehe oder das Foto von der Konfi-Rüstzeit im Gemeinde aktuell, da könnte ich direkt mit reinhuppen. Ich hab schon noch Schwung, wenn ich auch wackle.
Frau Rehwagen, wie sind Sie eigentlich zum Glauben gekommen?
Als Kind habe ich mich für Gott interessiert und wollte in die Kirche, aber ich durfte nicht. Ich dachte immer, wenn ich groß bin, dann geh ich rein. Als ich mit 14 ins Pflichtjahr nach Berthelsdorf kam, ging ich zum ersten Mal in die JG. Wir sollten in großen Bibeln Mose aufschlagen, doch ich wusste ja gar nichts. Das ist gleich aufgefallen und da bin ich dann nicht mehr hingegangen.
Mit 15 war ich wieder zu Hause in Halsbrücke. Als ich einmal Hausarrest hatte, fand ich ein Neues Testament auf dem Boden und fragte die Großmutter danach. Die sagte dann, jetzt ist Schluss, ich nehme dich mit in die Kirche. Und dann ging es los. Ich fing mit dem Konfirmandenunterricht an und wurde dann gleich für sechs Wochen zum Katecheten-Lehrgang geschickt. Ich konnte gar nicht genug kriegen.
Mir langte alles nicht, ich hätte jeden Tag in der Kirche sein können. Eine entscheidende Erfahrung für mein Vertrauen zu Gott hatte ich noch mit 16 Jahren im Winter 1946, als ich zu einer Rüstzeit bei Bad Elster fahren wollte und dort in der Nacht nicht ankam, aber in einem Haus aufgenommen wurde. Das war Gebetserhörung und Bewahrung, die man nicht vergisst.
Und was haben Sie dann alles in der Kirche gemacht?
Kindergottesdienst in Conradsdorf, auch mal die Orgelbegleitung im Gottesdienst oder gelegentlich den Pfarrer bei Gottesdiensten vertreten.
Ich hab gemacht, was nötig war. Aber ich war ja außerdem noch viel unterwegs, so in Großhartmannsdorf oder in Freiberg und bin als Helferin mit zu Konfirmandenrüstzeiten gefahren.
Sie haben auch Gottesdienste gehalten?
Ja, irgendwann wollte der Superintendent den „2. Pfarrer von Conradsdorf“ kennenlernen, dadurch kam ich dann in den 70er Jahren zum kirchlichen Fernunterricht in Neudietendorf. Das war schön, und das Praktische war für mich gar nicht so schwer.
Das klingt ja spannend. Wie ging es denn dann mit Ihrem Dienst weiter?
Das ist leider eine traurige Geschichte. Irgendwie war für mich alles auf einmal zu Ende. Das war in der Zeit, als die Nikolaikirche aufgegeben wurde, Pfarrer Falkenberg wegging, ebenso Pfarrer Richter in Großhartmannsdorf und Pfarrer Mütze in Conradsdorf. Da habe ich den Anschluss verloren.
Später habe ich noch eine Zeitlang in der katholischen Gemeinde mitgeholfen, doch irgendwann stand ich ganz ohne Gemeinde da.
Wie ist es Ihnen damit persönlich gegangen?
Erst war alles so intensiv und dann war ich ganz leer. Ich war mit meinem Glauben alleine. In der Bibel habe ich auch nicht mehr regelmäßig gelesen. Aber einmal hat mich ein Wort besonders getroffen:
Verlass dich auf den HERRN von ganzem Herzen, und verlass dich nicht auf deinen Verstand, sondern gedenke an ihn in allen deinen Wegen, so wird er dich recht führen. (Sprüche 3,5+6)
Dieser Spruch kommt immer wieder und ist ein fester Bestandteil meines Lebens geworden. Ich habe mich natürlich abgelenkt.
Fünf Jahre lang habe ich mich intensiv um eine Mitbewohnerin im Haus gekümmert. In ihre Familie bin ich bis heute gut integriert.
Ich bin viel gereist und war immer unterwegs, aber jetzt bin ich schon seit zehn Jahren nicht mehr weggefahren.
Frau Rehwagen, Sie sind alleine?
Ich war seit 1953 verheiratet, und 1991 ist mein Mann verstorben. Kinder haben wir keine, deshalb war meine Sehnsucht nach der Gemeinde auch so groß.
Man darf nicht denken, man wird dort nicht mehr gebraucht und will niemandem zur Last fallen. Gerade im Alter soll man in der Gemeinde bleiben, solange es geht.
Danke für diesen Rat, oder haben Sie für uns noch eine „kleine Predigt“?
Ich habe den Willen, etwas zu tun und bete, dafür auch die Kraft zu bekommen. Und ich lerne es, Hilfe anzunehmen.
Die Gottesdienste und die Gemeinschaft geben mir so viel, auch die neuen Lieder. Wenn wir zum Beispiel singen: „Ich will näher zu dir, Jesus“, dann ist das richtig gut.
Liebe Frau Rehwagen, ich bin überrascht von dem Einblick in Ihr Leben. Da gibt es bestimmt noch viel Spannendes zu hören, und ich staune, wie Sie mit 86 nochmal einen Neustart gewagt haben: Gratulation! Möge Gott Ihnen noch viel Kraft dafür schenken und daran wirken, dass sich viele ein Beispiel an Ihnen nehmen. Herzlichen Dank und Gottes Segen für Sie.
56
Juni und Juli 2016
Clemens und Annegrit Voigt sind seit sieben Jahren verheiratet und haben einen Sohn Theodor. Annegrit kommt aus der Nähe von Riesa und ist Lebensmittelchemikerin. Nicht nur im Beruf ist sie den kleinsten Molekülen in Lebensmitteln auf der Spur, sondern auch Gottes Wort hinterfragt sie gern sehr tiefgründig, wenn sie nicht gerade tanzt, bastelt oder Bücher liest. Clemens ist in Meißen aufgewachsen und arbeitet als Betriebsleiter bei der BayWa AG. Er ist Landwirt und Agraringenieur und kennt sich z.B. in Sachen Grassamen bestens aus, was nicht zuletzt auch dem eigenen Kleingarten zu Gute kommt. Zum Interview besuchte Ronny Dietrich Familie Voigt in ihrem gemütlichen Zuhause.
Eure Familien kannten sich schon lange, ihr hingegen seid euch in jener Zeit nie begegnet …
Annegrit: Ja, wenn wir in der Familie darüber reden, finden das alle ganz witzig. Auch, dass wir uns in einer Zeit kennenlernten, als Clemens gerade ein Jahr seiner Lehre in Hannover verbrachte und eigentlich gar nicht da war.
Clemens: Während der Ausbildung in Hannover habe ich die Mitarbeit bei der evangelischen Jugend in Meißen jedoch nicht unterbrochen. Annegrit machte 2004 gerade ein freiwilliges soziales Jahr in Meißen. Da haben wir uns kennengelernt.
Bis ihr ein Paar wurdet, hat es aber immer noch gedauert …
Annegrit: Zusammengekommen sind wir dann 2006 während des Studiums in Dresden, und 2008 haben wir geheiratet.
Clemens: In einem Gespräch mit Pfarrer Liebscher erfuhren wir, dass uns damals ein Kommilitone von ihm getraut hat … Die Welt ist halt auch nur ein Dorf.
Wie seid ihr nach Freiberg bzw. in unsere Gemeinde gekommen?
Annegrit: Nach dem Studium machten wir erst einen Zwischenstopp in Coswig. Nach seinem Wechsel nach Hainichen wollten wir etwas näher an Clemens‘ neuer Arbeit wohnen und zogen nach Freiberg. Hier sind wir zeitgleich mit dem neuen Pfarrer Daniel Liebscher und seiner Familie angekommen.
Clemens: Ich bin bisher immer dafür gewesen, in diejenige Gemeinde zu gehen, zu der man vom Wohnort her gehört. Also hab ich geschaut, in welches Gemeindegebiet wir denn gezogen sind. So sind wir in die Jakobikirche zum Gottesdienst gegangen und haben uns wohl gefühlt. Wieder gibt es hier eine kleine Parallele. Die Kirche meiner Heimatgemeinde ist vom gleichen Architekten wie die Jakobikirche geplant und auch gleich gebaut worden. Da fühlte ich mich gleich willkommen.
Was findet ihr gut an unserer Gemeinde?
Clemens: Nun, das breite Altersspektrum der Gemeindeglieder, die gemeinsam Gottesdienst feiern, finde ich beeindruckend. Ebenso finde ich schön, dass die Kinder den Gottesdienst mit beginnen und noch eine Zeit dabei sind und so auch mitbekommen, was Gottesdienst ist.
Annegrit: Für mich ist der Gottesdienst der Mittelpunkt des Gemeindelebens. Und ich finde es schön, dass er so zahlreich besucht wird und nicht jeder nach dem Ende des Gottesdienstes auseinanderhetzt. Da spürt man die Gemeindegemeinschaft. Und ich finde es schön, dass wir durch die Gemeinde und vor allem unseren Hauskreis Anschluss und Freunde gefunden haben. Dadurch merkt man auch, wie man Wurzeln schlägt. Als wir in Coswig wohnten, haben wir uns ebenso bemüht, in die Gemeinde hineinzuwachsen, aber das ging nicht so richtig. Auch in den Kirchgemeinden, in denen wir vorher waren, haben wir versucht, durch Mitarbeit und Gottesdienstbesuche „dazuzugehören“. Nur sind wir da nicht so gut reingewachsen.
Was macht ihr konkret ehrenamtlich in der Gemeinde?
Clemens: Ich spiele gelegentlich Bass und bin Hobbyheimwerker, was gut mit der Arbeit im Technikteam (Tontechnik und Beamer) zusammenpasst. Sehr gern würde ich in einer festen Lobpreisband mitspielen, aber dabei ist die Zeit das Problem. Da ist mir das Thema Ehearbeit wichtiger.
Annegrit: Ich helfe beim Kindersachen-Flohmarkt mit. Und das Thema Ehearbeit liegt uns beiden am Herzen. Aber neben allem Engagement wie Ehearbeit oder Technikteam ist uns die Familie und auch Familienzeit wichtig.
Ihr sprecht das Thema Ehearbeit an, was genau stellt ihr euch darunter vor?
Clemens: Wir waren vor einiger Zeit auf einem Ehewochenende von TEAM.F. Dort kam es mir aufs Herz, dass man sowas bei uns auch anstoßen könnte, da es etwas Derartiges in unserer Gemeinde bisher nicht gibt. Über solch ein Angebot würden wir uns freuen und kennen auch andere, die davon profitieren könnten. Wir finden, das ist ein sehr wichtiges Thema. Ein Kernpunkt beim Thema Ehe, so stellen wir fest, ist die Kommunikation! Wenn eine Familie im Alltag zwar funktioniert, aber nicht mehr wirklich miteinander redet oder reden kann, braucht es Gelegenheiten, um das Miteinander wieder anzuregen.
Annegrit: Erste Unterstützung für die Etablierung eines Eheangebotes kam von unserem Hauskreis. Durch die Werbung dafür und die Ideen-Sammel-Veranstaltung im März sind wir mittlerweile ein kleiner Kreis von ca. 10 Personen. Wir haben das Ziel, ein kontinuierliches Eheangebot in der Gemeinde aufzubauen. Es soll einfach Segen bringen und wie eine Art Tankstelle für Ehepaare werden. Da es nicht für alle möglich ist, sich ein freies Wochenende zu nehmen und auf ein Seminar zu fahren, soll es etwas Regelmäßiges vor Ort geben. Das können z.B. Seminare oder Candle-Light-Dinner mit verschiedenen Impulsen sein. Wir können damit vielleicht keine kaputten Ehen retten, aber Anstoß zum Reden geben und Gott eine Möglichkeit einräumen, in Beziehungen hineinzusprechen.
Was bedeutet es für euch, in einen Hauskreis zu gehen?
Annegrit: Mir bedeutet unser Hauskreis sehr viel. Es ist schön, in vertrauter Runde Sorgen und fröhliche Ereignisse zu teilen und gemeinsam vor Gott bringen zu können. Das tut mir gut. Außerdem haben wir durch den Hauskreis Freunde gefunden. Und ich finde es gut, mit anderen über den Glauben zu diskutieren oder Bibelstellen zu „sezieren“.
Clemens: Für mich bedeutet Hauskreis Familie, Geborgenheit, Austausch und über die Bibel nachdenken.
Wer ist Gott für euch?
Annegrit: Für mich ist die göttliche Bezugsperson eher der Vater als Jesus. Unglaublich ist es, wie im alltäglichen Leben Gottes Gegenwart spürbar ist. Wenn ich einen Regenbogen sehe, dann ist es für mich wie ein göttliches „Hallo“.
Clemens: Im Gottesdienst spüre ich den heiligen Geist sehr oft und wie er mir Kraft gibt. Durch die Arbeit bin ich stark gefordert, aber ich bekomme da Kraft und bin wieder aufgebaut in vielerlei Hinsicht. In der Pubertät war mir oft nicht nach Gottesdienst, aber ich habe während der Zeit in der Jungen Gemeinde meinen Platz bei Gott gefunden. Viele Erlebnisse mit Gott bestärken mich auch jetzt darin, in der Ehearbeit weiterzumachen. Mein Eindruck für Freiberg ist: Es wird ein Licht sein! Vielleicht nicht unbedingt durch die Ehearbeit, aber durch Gottes Handeln.
Habt ihr ein Lebensmotto oder etwas ähnliches, das euch hilft, wenn euch der Wind hart entgegenweht?
Annegrit: Ich singe gern und wenn der Wind sehr stürmisch wird, dann höre und singe ich das Lied von Brian Doerksen nach Psalm 13: „How long, oh Lord“.
Clemens: Wenn der Wind hart weht … dann bete ich!
Habt ihr einen Bibelvers, der euch begleitet?
Annegrit: Mein Konfirmationsspruch, Jeremia 29,13-14 „… wenn ihr mich von ganzem Herzen suchen werdet, so will ich mich von euch finden lassen, spricht der HERR, …“
Clemens: Mein Taufspruch, 1. Clemensbrief 36,1 „Das ist der Weg, Geliebte, auf dem ihr euer Heil finden werdet: Jesus Christus.“
Vielen Dank für as nette Gespräch.
55
April und Mai 2016
Josefina Heger ist mit Jan verheiratet und von Beruf Sozialpädagogin. Zurzeit arbeitet sie als Erzieherin im evang.-luth. Kindergarten St. Johannis. Zu ihrer Familie gehören die Kinder Noah und Rahel. Frank Herter traf sich mit ihr zu einem Interview.
Wie bist du zum Glauben gekommen?
Ich bin in einem christlichen Elternhaus aufgewachsen. In Radeburg bei Dresden wurde ich in der lutherischen Gemeinde groß und besuchte dort Christenlehre, Konfirmandenunterricht und Junge Gemeinde. Gut erinnere ich mich z.B., wie wir mit 66 Streichholzschachteln die Namen der biblischen Bücher gelernt haben. In dieser Gemeinde wurde ich gut an den Glauben herangeführt. Später spielte ich auch in der Lobpreisband Gitarre. Als ich 15 war, habe ich an einem Segnungsabend in einer Rüstzeit mein Leben noch einmal neu Jesus übergeben. Dort wurde ich so mit dem Heiligen Geist erfüllt, dass ich in der nächsten Zeit allen, die ich traf, freudestrahlend von meinem Erlebnis erzählen musste. Ich habe Gottes Liebe so sehr gespürt.
Wie bist du bzw. seid ihr zu unserer Gemeinde gekommen?
Ich habe vier Jahre in Würzburg Sozialpädagogik mit dem Schwerpunkt Musiktherapie studiert. 2006 haben wir geheiratet. 2010 sind wir dann aufgrund von Jans Arbeitsstelle nach Freiberg und später dann auch in die Jakobigemeinde gekommen.
Ein Leben ohne Gott wäre für dich ...
…undenkbar und ohne Sinn. Ich hätte keine Sicht auf die Ewigkeit, keine echte Zuversicht und Hoffnung.
Kannst du uns ein besonderes Erlebnis mit Gott erzählen?
Ich habe mir im Februar eine Auszeitwoche in Rathen genommen. Ich suchte die Stille, um meine Beziehung zu Gott wieder zu intensivieren. In der letzten Zeit ist es mir so wichtig geworden, einfach in der Stille vor Gott zu sein. Das Bibelwort
„Es soll euch zuerst um Gottes Reich und seine Gerechtigkeit gehen, dann wird euch das Übrige alles dazugegeben.“ (Matthäus 6,33)
hat mich dahin geführt. Je mehr ich mich auf Gott ausrichte, desto mehr kümmert er sich um alles andere, verändert Menschen, löst Probleme. Gott hat mir wieder die Freude geschenkt, zu ihm zu kommen und in seiner Gegenwart zu sein. Auf der Arbeit und in der Familie bin ich ständig gefordert, aber bei Gott ist das anders. Er drängt sich nicht auf. Er wartet geduldig auf mich, bis ich zu ihm komme. In dieser Woche habe ich versucht, das ein Stück weit umzusetzen. Und es war sehr heilsam. Zurück im Alltag nehme ich mir regelmäßig abends Zeit für Gott, wenn die Kinder im Bett sind.
Was bedeutet dir Jesus?
An Jesus fasziniert mich, dass er immer wieder die Stille gesucht hat, um aufzutanken. Er hat sich Zeit für Gott genommen. Und er weiß, wer er vor Gott ist, nämlich sein Sohn. Das darf ich von ihm lernen: Ich bin Gottes geliebte Tochter, egal, was ich leiste. Ich kann ihm vollkommen vertrauen und brauche mir keine Sorgen zu machen, denn Gott sorgt für mich. Und das führt mich zur Dankbarkeit. Ich danke ihm für das, was er mir gegeben hat: meinen Mann, meine Kinder, alle Umstände. Denn es gibt einen Zusammenhang zwischen Vertrauen und Dankbarkeit. Je mehr ich Gott danke, desto mehr vertraue ich ihm und umgekehrt.
Was machst du besonders gern?
Mein Herz brennt für die Musik: Singen, Klavier und Gitarre spielen, aber auch mal mit den Kindern Quatsch machen.
Was begeistert dich?
Für mich war lange Zeit das „Pflicht erfüllen“, das „Funktionieren“ im Vordergrund, deshalb bin ich wieder neu am Suchen, was mich begeistert. Ich möchte durch die Freude an der Musik meine Liebe zu Gott ausdrücken und dies auch auf meine Arbeit mitnehmen. Mich begeistert außerdem, dass Gott mir immer wieder Liebe für besonders schwierige Kinder in meiner Arbeitsstelle schenkt.
Und mich begeistert wahrhaftiger Lobpreis und Anbetung.
Wie sieht für dich ein „perfekter Tag“ aus?
Ausschlafen, eine Zeit mit Gott haben, die Kinder fröhlich sehen, einen schönen Familienausflug machen und am Abend noch Klavier spielen. Das wäre für mich ein wunderbarer Tag.
Was würdest du gern einmal erleben, wenn du genug Zeit und Geld hättest?
Ich würde gerne mal eine MEHR-Konferenz in Augsburg erleben.
Was machst du, wenn du mit dem Auto eine Reifenpanne hast?
Ich rufe zuerst meinen Mann an und bete.
Welcher Bibelvers ist dir besonders wertvoll?
Das ist mein Trauspruch: Kolosser 3,12-14:
So zieht nun an als die Auserwählten Gottes, als die Heiligen und Geliebten, herzliches Erbarmen, Freundlichkeit, Demut, Sanftmut, Geduld; und ertrage einer den andern und vergebt euch untereinander, wenn jemand Klage hat gegen den andern; wie der Herr euch vergeben hat, so vergebt auch ihr! Über alles aber zieht an die Liebe, die da ist das Band der Vollkommenheit.
Das habe ich mir als Vorbild für meine Ehe genommen, obwohl Paulus es eigentlich an die Gemeinde schreibt.
Wenn es möglich wäre, eine Zeitreise zu machen: In welche biblische Person würdest du gerne mal für einen Tag hineinschlüpfen und warum?
Mich fasziniert Paulus total, weil er extrem viele Herausforderungen mit Gott bewältigt. Er wusste, wofür er kämpfte.
Was ist das Wichtigste, das du deinen Kindern fürs Leben mitgeben willst?
Dass sie bedingungslos angenommen sind von Gott und sich ihm gegenüber nicht verstellen müssen. Dass sie wissen, wer sie in Gott sind, nämlich seine Königskinder.
Worüber freust du dich zurzeit am meisten?
Dass meine Kinder und mein Mann mich in der Auszeitwoche vermisst haben.
Was macht dich momentan traurig?
Dass viele Eltern nicht wissen, wie sie ihre Kinder erziehen sollen. Was es bedeutet, Mutter und Vater zu sein. Wie sie richtig mit ihren Kindern umgehen sollen. Die Überforderung geht manchmal in destruktive Erziehungsmuster über. Das macht mich traurig.
Welche Bedeutung haben Pfingsten und der Heilige Geist für dich?
Eine sehr große, denn ohne den Heiligen Geist hätte ich keinen Helfer, der mich näher zu Gott bringt. Er hilft mir, Gottes Herz und Wesen näher kennen zu lernen. Er hat mir die Sehnsucht nach Gebet und Freude am Bibellesen geschenkt. Das Sprachengebet ist mir dabei eine große Hilfe geworden.
Gemeinde ist für dich …
… eine große Familie. Ein Zusammentreffen von vielen Generationen, die alle dasselbe Ziel haben, nämlich Gott zu suchen, Gott anzubeten und gemeinsam mit ihm unterwegs zu sein.
Was schätzt du an unserer Gemeinde besonders?
Ich schätze vor allem die gute Kinder- und Jugendarbeit. Das habe ich so in meiner alten Gemeinde nicht erlebt. Ich schätze, dass die Verbindung von traditionellen und neuen Elementen im Gottesdienst eine Rolle spielt.
Wenn du etwas an unserer Gemeinde verändern könntest, was würdest du tun?
Ich würde gerne das gegenseitige Befruchten von Jung und Alt noch etwas besser herausarbeiten. Dass es mehr Kontakte zwischen den Generationen gibt. Das Kirchencafé und das Freiberger Allerlei schätze ich dabei sehr.
Vielen Dank für dieses interessante Gespräch.
54
Februar und März 2016
Diesmal im Interview: Andreas Regitz ist mit seiner Frau Renate seit 23 Jahren verheiratet. Er hat zwei Söhne, Amatus und Jotam. Andreas kommt nicht von einem anderen Stern, aber buchstäblich vom Mittelpunkt der Erde, aus Pausa im Vogtland. Heute wohnt er mit der Familie in Oberbobritzsch und hat sein Hobby zum Beruf gemacht, denn er arbeitet an der Bergakademie Freiberg als IT-Administrator. Ronny Dietrich unterhielt sich mit ihm.
Deine Familie und du, ihr seid vor ca. einem Jahr
offizielle Mitglieder unserer Gemeinde geworden. Was hat euch dazu
bewogen?
Ich habe aufgrund vieler verschiedener Wohnorte
schon etliche Gemeinden kennengelernt, zuletzt auch hier in
Bobritzsch. Meine Absicht ist es immer, in die jeweilige Ortsgemeinde
zu gehen. Da es hier aus verschiedenen Gründen in den letzten Jahren
„nicht mehr passte“, waren wir auf der Suche nach einer Alternative.
Meine Frau hatte von ihrer Freiberger Zeit her immer noch Kontakt
zu einem Hauskreis in Jakobi, und so begannen wir, die Gottesdienste
dort zu besuchen.
Mir ist es wichtig, aus dem Gottesdienst etwas
mitzunehmen: eine Ermahnung, eine Ermutigung, einen Gedanken, der mir
im Glauben weiterhilft. Das ist in Jakobi oft der Fall. Außerdem
erlebe ich hier die Freiheit, so zu sein wie ich bin, was mich
begeistert. Wenn ich z.B. beim Lobpreis nicht aufstehe und die Hände
hebe, werde ich ebenso wenig schief angesehen, als wenn ich es tun
würde. In der Jakobikirche fühlen wir uns wohl und haben Gemeinschaft
gefunden, was nicht zuletzt auch an dem Hauskreis liegt, zu dem wir
inzwischen gehören. Die Möglichkeit, mich in die Gemeinde
einzubringen, war ein weiterer wichtiger Punkt, zu Jakobi zu wechseln.
Wie waren denn die Umstände, unter denen ihr euch
kennengelernt habt?
Wir haben uns auf einer
Motorradfreizeit kennengelernt. Meine Frau reiste mit dem Auto an,
weil sie Motorrad fahren wollte. Ich bin nur mitgefahren, weil mein
Cousin nicht allein fahren wollte. Das war 1991. Als der
Rüstzeitleiter, der ein Jahr jünger war als ich, uns Ältere um 22 Uhr
ins Bett schicken wollte, protestierten wir. So unterhielten wir uns
an jenem Abend „notgedrungen“ miteinander. Schnell merkten wir, dass
wir uns beide für Computer interessierten, weshalb wir in Kontakt
blieben.
Beschreib doch mal deinen Weg zu Gott!
Ich
komme aus einem christlichen Elternhaus, mein Vater war Prediger. Mir
wurde Christsein von der Wiege an vorgelebt, sodass es die logische
Konsequenz für mich war, in unserer Gemeinde mitzuarbeiten. Ich habe
unter anderem Jugendarbeit mitgemacht und unter Anleitung meines
Vaters begonnen, Gemeinschaftsstunden zu halten.
Ich war stolz auf
das, was ICH leistete. Als die Wende kam, ging mein Leben in kurzer
Zeit den Bach runter. Meine damalige Frau lief mir davon, mein Job war
weg, ich war sauer auf Gott und habe die Gemeindearbeit hingeworfen.
Alles, worauf ich stolz war, war plötzlich fort. In dieser Zeit
begegnete mir Gott. Eines Morgens las ich in der Losung:
„Seid allezeit fröhlich. Seid dankbar in allen Dingen.“ (1. Thessalonicher 5,16-18)
Ich hatte nichts mehr, wofür ich dankbar sein wollte. Als ich
anschließend die Topfpflanzen goss, fand ich die Flamingoblume mit
Blüten übersät. Das brachte mich zum Nachdenken über mein Christsein
und war der Anfang auf dem Weg der Erkenntnis, dass Gott mich trotz
allem lieb hat. So wurde aus dem „frommen“ Andreas nach 25 Jahren ein
Mensch mit einer echten Beziehung zu unserem lebendigen Gott.
Das
heißt aber nicht, dass es seitdem keine Talstrecken mehr gegeben
hätte. In einer dieser Zeiten legte ich meinen Predigtdienst nieder
und tat in der Gemeinde fast nichts mehr.
Eines Tages hörte ich im
ERF (Evangeliumsrundfunk) einen Satz: „…vielleicht ist da draußen ein
junger Mann, der die Gabe des Predigens hat, es aber nicht tut.“
Dieser Satz hat mich getroffen - ich schaltete das Radio aus.
In
der nächsten Zeit begann ich, Gott zu fragen, was ich tun soll. Ich
bekam den Spruch
„Predige das Wort, steh dazu, es sei zur Zeit oder zur Unzeit;
weise zurecht, drohe, ermahne mit aller Geduld und Lehre.“ (2.
Timotheus 4,2)
Seitdem versuche ich, die Gelegenheiten, die
Gott mir gibt, zu nutzen, um Menschen von Gott zu erzählen, auch wenn
ich mir oft nicht sicher bin, ob jetzt Zeit oder Unzeit dazu ist.
Dabei ist mir bewusst, dass ich das in der Verantwortung vor Gott tue.
Du bist beim Team des Glaubenskurses dabei. Wie kam es
dazu?
Für mich ist die Mitarbeit in der Gemeinde eine
Selbstverständlichkeit, weshalb ich mich auch in Jakobi einbringen und
meine Gaben nutzen will. Nicht nur beim Predigen oder in Bibelstunden,
sondern zum Beispiel auch mit Aushilfe beim Begrüßungsdienst oder beim
Abendmahl.
Letztes Jahr fühlte ich mich von Gott dazu angestoßen,
den Glaubenskurs als Teilnehmer zu besuchen. Ich erlebte dort eine
wunderbare Gelegenheit, Menschen mit Gottes Liebe bekannt zu machen,
weshalb ich meine Gaben gerne an dieser Stelle einbringen will.
Ich freue mich, wenn ich irgendwo mitdienen kann und Gott mich dazu
gebraucht, anderen zu helfen.
Welche Bedeutung hat für dich die Bibel?
Sie
ist für mich das Nonplusultra, die Gebrauchsanweisung für unser Leben.
Gottes Wort, von dem ich mich immer wieder korrigieren lassen will.
Welche Spuren Gottes kannst du in deinem Leben sehen?
Mein Konfirmationsspruch ist:
„Der HERR ist mein Hirte, mir
wird nichts mangeln.“ (Psalm 23,1)
Zur Konfirmation fand ich
ihn unbedeutend, den kennt doch jeder, das ist nichts Besonderes. Aber
bis heute erlebe ich, dass mir tatsächlich nichts mangelt. Zum
Beispiel wollte ich schon zu DDR-Zeiten am liebsten etwas mit
Computern machen, aber als Nicht-FDJler ohne Jugendweihe und fernab
der mir bekannten Computerhersteller. So begann ich eine Lehre als
Elektronikfacharbeiter beim VEB Elektronik Gera, wo Kassettenrekorder
und Kondensatoren hergestellt wurden. Als es zur Aufteilung auf die
einzelnen Abteilungen kam, erhielt ich den einzigen Lehrlingsplatz in
einer Abteilung, die Computer baute, was mir bis zu meinem ersten Tag
dort völlig unbekannt war. Aber Gott wusste um meinen Herzenswunsch
und wie er zu erfüllen wäre. Ich erlebe bis heute, dass Er uns mit
allem, was wir brauchen, versorgt. Darauf vertraue ich!
Jesus spricht: „Ich bin gekommen, um auf der Erde ein Feuer
zu entfachen. Wie froh wäre ich, es würde schon brennen!“ (Lukas
12,49) - Wofür brennt dein Herz?
Das ist kurz gesagt „die
Arbeit mit dem Wort Gottes“. Dabei geht es mir darum, sich darüber
auszutauschen, sich gegenseitig zu korrigieren (ja, auch ich brauche
Korrektur) und Zeugnis zu geben von dem, was ich erlebt habe.
Was ist dir im Glauben und Christsein wichtig? Was ist
deine Leidenschaft in Bezug auf Glauben und Gemeinde?
An
Jesus festhalten, egal wie die Situation ist. Gott in allen Dingen die
Treue halten, auch dann, wenn es aus menschlicher bzw. weltlicher
Sicht schwerfällt oder unverständlich erscheint.
Ich sehe in
letzter Zeit zu viele Ehen in meinem Bekanntenkreis zerbrechen. Mir
kommt das Thema Ehe in Predigten und Gemeindeveranstaltungen zu wenig
vor. Vielleicht sollte es mehr Anleitung zum Führen einer Ehe geben,
um Krisen vorzubeugen und beim Umgang mit ihnen zu helfen.
Wenn du unsere Stadt bzw. unser Land anschaust, was
wünschst du dir?
Für Deutschland wünsche ich mir, dass wir
die Verantwortung, die wir vor Gott haben, mehr in den Blick bekommen.
Gott hat uns Gaben und Möglichkeiten gegeben. Was tun wir damit?
Irgendwann müssen wir über unser Tun und Handeln Rechenschaft ablegen.
Ich wünsche mir mehr Gottesfurcht bei allem Tun.
Wenn es für
jemanden keine „höhere Instanz“ mehr gibt, führt das zu immer mehr
ausufernder Gewalt.
Ich denke da nicht nur an das aktuelle Thema
Flüchtlinge, sondern an alle, die Not leiden. Wir können nicht einfach
die Augen und Türen verschließen und nichts tun.
Ein weiteres
Problem sehe ich in den Gefahren des Internets. Besonders Familien
müssten mehr dabei unterstützt werden, gewaltverherrlichende und
pornografische Inhalte von ihren Kindern fernzuhalten.
Was fasziniert dich an Jesus Christus?
Dass er
mich bis heute nie im Stich gelassen hat und stattdessen immer noch
die Rechnungen bezahlt für das, was ich so verzapfe.
Hast du ein Motto, wenn es um Glauben, Leben und Gemeinde
geht?
Von Jesus erzählen, wo immer sich die Gelegenheit
bietet!
Vielen Dank für das nette Gespräch.
53
Dezember 2015 und Januar 2016
Die Freibergerin Bettina Neuber ist diesmal unsere Interviewpartnerin. Die Musik- und Ergotherapeutin ist noch in Elternzeit, hält aber schon Ausschau nach einer neuen Arbeitsstelle. Zur Familie gehören außerdem ihr Mann Thomas und die beiden Mädchen. Frank Herter traf Bettina Neuber in ihrem gemütlichen Wohnzimmer.
Was macht man als Musik- und Ergotherapeutin?
Als Ergotherapeutin arbeitet man zielorientiert in sämtlichen
Altersgruppen an einer Störung oder Behinderung, die vom Arzt
diagnostiziert wurde.
Die Musiktherapie ist eine nonverbale, handlungsorientierte
Therapieform, welche auch bei allen Altersgruppen an Störungen
ansetzt. Zum Beispiel wird das Singen von Liedern, das Spielen auf
orff'schen Instrumenten oder das Musikhören dabei genutzt.
Wie bist du zum Glauben und in unsere Gemeinde gekommen?
Ich bin in einem christlichen Elternhaus aufgewachsen. In der
Petrigemeinde habe ich die Christenlehre, den Konfirmandenunterricht
und auch die Junge Gemeinde besucht. Als junge Erwachsene habe ich
mich dann nach einem Hauskreis umgeschaut. Durch die übergemeindliche
Jugendarbeit und die Jugendevangelisation JESUS HOUSE im Kinopolis
2007 kam ich in Kontakt mit Leuten aus dem Hauskreis Erler. So kamen
mein jetziger Mann Thomas und ich in diesen Hauskreis und 2008 in die
Jakobi-Christophorus-Gemeinde.
Was ist das Wichtigste für dich im Leben?
Meine Familie und Gott.
Hast du Vorbilder?
Meine Eltern und Jesus.
Welche der drei Personen Gottes hat bei dir besondere Bedeutung:
der himmlische Vater, Jesus oder der Heilige Geist?
Für mich ist es Gott, der Vater. Bei einer Evas-Rüstzeit haben wir das
einmal aufgeschlüsselt und es ist mir sehr deutlich geworden. Ich habe
nämlich eine ganz tiefe Beziehung zu meinem Papa. Die Vaterbeziehung
zu Gott ist für mich sehr wichtig.
Ein Leben ohne Gott wäre für dich ...
… trist, undenkbar, mir würde etwas fehlen, extrem schwierig.
Gibt es ein besonderes Erlebnis mit Gott in deinem Leben?
Aktuell fühle ich mich bei der Arbeitssuche sehr von Gott getragen.
Ansonsten sind es die kleinen, alltäglichen Dinge, wo ich Gott erlebe.
Unsere große Tochter wurde vor kurzem operiert und es ist alles gut
gegangen. Dafür bin ich sehr dankbar.
Was begeistert dich? Man kennt dich aus mindestens drei
Gemeindebereichen. Warum engagierst du dich z.B. bei dem sozialen
Projekt „Weihnachten im Schuhkarton“?
Weil es eine gute Sache ist und weil es mir Freude macht, armen
Kindern etwas abzugeben von unserem Überfluss. Erstaunlich ist, dass
neben Gemeinden und Schulen das letzte Mal auch ein Friseurladen
mitgemacht hat. Ich finde das sehr gut, weil er viel bessere
Öffnungszeiten hat. Solche Initiativen brauchen wir wieder und noch
mehr davon.
Es gibt auch das Angebot, dass wir vorbereitete Kartons ausgeben, die
man nur noch befüllen muss. Ich bin dankbar, dass es so eine große
Resonanz gibt.
Du bist Leiterin des Elki-Kreises. Was begeistert dich dabei?
Die Kinder! Es ist so toll, von Gott zu erzählen, dass sie schon so
früh etwas vom Glauben mitbekommen. Wir singen z.B. immer wieder das
Lied „Mein Gott ist so groß, so stark und so mächtig!“ Als meine Große
zur OP musste und so große Angst vor der Narkosespritze hatte, hab ich
ihr gesagt, dass sie an das Lied denken soll. Als sie wieder nach
Hause kam, hat sie stolz erzählt, dass sie gar keine Spritze bekommen
hat. Dass sie an das Lied gedacht hat und Gott ihr anders half, fand
ich echt berührend. Solche Erfahrungen begeistern mich. Nebenbei: Ab
Januar suchen wir für den Elki-Kreis Verstärkung.
Neulich konnte ich deine musikalischen Gaben beim Fagott spielen
im Lobpreisteam erleben. Was bedeutet Musik und Lobpreis für dich?
Das ist für mich total wichtig. Lobpreislieder berühren mich immer
wieder. Sie haben so eine Intensität. Da ist so viel Kraft dahinter
und der Heilige Geist wird für mich spürbar.
Hast du noch andere Hobbys?
Musik (Fagott, Flöte und Klavier), meine Kinder und die Gartenarbeit.
Ich mache so gerne Marmelade.
Was haben dir deine Eltern vor allem mitgegeben?
Ehrlichkeit. Und dass man den Zorn nicht ins Bett mitnimmt, sondern
vorher (bevor die Sonne untergeht) nochmal darüber spricht (Epheser
4,26).
Was ist das Wichtigste, was du deinen Kindern fürs Leben
mitgeben willst?
Dass sie immer auf Gott vertrauen können, egal wie blöd es läuft. Und
dass sie immer zu ihm kommen können.
Wie entspannst du dich? Wo ist dein Lieblingsplatz?
Da setze ich mich am liebsten ans Klavier oder ich höre Musik.
Hast du eine „Bucketlist“ bzw. „Löffel-Liste“? Was würdest du gerne
mal machen?
Ich würde gerne Dudelsack spielen lernen. Das war schon immer mein
großer Traum. Und ich würde gerne mal nach Irland in den Urlaub
fahren.
Wie lautet dein Lieblings-Bibelvers?
Das ist unser Trauspruch: Und dient einander, ein jeder mit der Gabe,
die er empfangen hat, als die guten Haushalter der mancherlei Gnade
Gottes. (1. Petrus 4,10)
Gemeinde ist für dich ...
… eine große Familie, wo ich mich gut aufgehoben fühle.
Was schätzt du an eurem Hauskreis?
Unsere Verschiedenheiten, weil wir unterschiedliche Charaktere sind
und dazu noch aus verschiedenen Gemeinden kommen. Da gibt es sehr,
sehr interessante Diskussionen.
Wenn du etwas an unserer Gemeinde verändern könntest, was
würdest du als erstes tun?
Ich würde versuchen, die neue und die alte Musik besser in Einklang zu
bringen. Ich liebe auch die Orgelmusik. Es braucht ein besseres
Gleichgewicht. Zum Beispiel könnte ein Lobpreisteam auch mal ein
Gesangbuchlied spielen.
Was sollte unsere Gemeinde verstärkt tun?
Mehr rausgehen in die Stadt. Claudia Skibitzki hat erzählt, wie sie
mit einer Gruppe ins Rathaus geht, um zu beten. Das fand ich so krass.
Das hat auf mich Eindruck gemacht. Der Bürgermeister hat dann
berichtet, dass sich Dinge zum Guten bewegt haben. Auch die „Tage der
Liebe Gottes“ und den Glaubenskurs finde ich richtig gut.
Wie feiert ihr Advent und Weihnachten?
Wir backen Plätzchen und schmücken das Wohnzimmer mit Kerzen und
vielen erzgebirgischen Figuren (z.B. „Rachermannl“). Wir besuchen auch
das Krippenspiel. Bei uns gibt es auf jeden Fall Hausmusik am
Heiligabend. Darauf freue ich mich schon sehr.
Vielen Dank für dieses interessante Interview.
52
Okober und November 2015
Karoline und Burkhard Lohöfener kommen
ursprünglich aus Leipzig und wohnen heute in Freiberg. Sie sind seit
2011 verheiratet, haben einen Sohn und erwarten bald Nachwuchs.
Karoline ist selbstständige Musikpädagogin und momentan in Elternzeit.
Weil Musik ihre Leidenschaft ist, singt und spielt sie nicht nur im
Beruf, sondern auch im Lobpreisteam. Außerdem ist sie im Elki
(Eltern-Kind-Kreis) und in der Krabbelgruppe im Asylbewerberheim
tätig.
Ihr Ehemann Burkhard arbeitet als Ingenieur im Bereich
Automatisierungs- und Verfahrenstechnik am Deutschen
Brennstoffinstitut in Freiberg. Die Leidenschaft für Musik teilt er
mit seiner Frau. Er spielt nicht nur auf der Bühne, sondern zieht auch
hinter den Kulissen im Technikteam an den Strippen. Neben
musikalischen Aktivitäten unternimmt die gesamte Familie gern
ausgedehnte Fahrradtouren. Ronny Dietrich traf sich mit Familie
Lohöfener in entspannter Atmosphäre zum Interview.
Ihr kennt euch schon aus der Grundschule, aber wie kam es, dass
ihr ein Paar wurdet?
Karo: Ja, wir kennen uns eigentlich schon seit der 2. Klasse, aber
Burkhard hat mich da noch nicht bemerkt. In der 11. Klasse haben wir
uns das erste Mal bewusst wahrgenommen. Ein Schuljahr später haben wir
dann einmal etwas zusammen unternommen, denn Burkhard brauchte
jemanden zum Tanzen. Bis wir ein Paar wurden, dauerte es dann noch
einmal etwa ein halbes Jahr. Kurz darauf kam jedoch eine Zeit der
räumlichen Trennung. Ich machte in Mecklenburg-Vorpommern ein FSJ und
Burkhard ging für ein Jahr nach Schottland.
Burkhard: Wie wir zusammengekommen sind, war für mich eine
Gebetserhörung. Ich hatte vor Karo keine Freundin und wollte auch
keine haben, die nicht meine Frau wird. Ich habe Gott darum gebeten,
dass er mir die Frau zeigt, die er im Blick hat und dass er alles
vorbereitet. Als wir dann einmal so nebeneinander saßen, nahmen wir
zeitgleich die Hand des anderen und wussten, dass wir zusammengehören
(ohne jemals gefragt zu haben!). Für mich war dies das Zeichen: Das
ist SIE.
Was hat euch nach Freiberg gezogen?
Burkhard: 2006 habe ich mich entschieden, in Freiberg zu studieren.
Karo: Mein Weg führte mich erst nach Nürnberg, denn dort wollte ich an
der Musikhochschule studieren. Ich habe darum gebetet, die
Aufnahmeprüfung zu bestehen und einen der wenigen Studienplätze zu
erhalten. Ich bekam tatsächlich einen Platz über das
Nachrückverfahren, weil ein Mitbewerber vergessen hatte, sich
zurückzumelden.
Zu Studienbeginn war der Kommilitone dann doch da und obwohl ich
seinen Platz hatte, haben sie ihn trotzdem aufgenommen.
Als ich mit dem Studium fertig war, studierte Burkhard noch und so bin
ich 2010 nach Freiberg gezogen.
Wie hat euch Gott berührt, dass ihr ihm nachfolgt?
Karo: Mein Weg war ganz traditionell. Ich bin in einem christlichen
Elternhaus aufgewachsen und bekam so das Christsein vorgelebt. So ging
ich auch in die Junge Gemeinde, wo Gott peu à peu an mir wirken
konnte.
Burkhard: Wie Karo komme auch ich aus einem christlichen Elternhaus.
Ich ging in eine charismatische Gemeinde in Leipzig. Wichtig war mir
immer eine persönlich Beziehung zu Jesus. Mein Wunsch war, dass auf
ein Gebet hin auch eine Antwort kam. Dass Gott handelt und Antworten
gibt, erfuhr ich immer wieder, wie z.B. beim Gebet um meine Frau. Aber
auch zuvor bei der Suche nach einer geeigneten Stelle als Zivi wurde
ich überrascht. Ich bekam eine Stelle in einer Wohngemeinschaft der
Arche. Es ging darum, mit geistig behinderten Menschen in einer
Wohngruppe zusammenzuwohnen und den Alltag mit ihnen zu verbringen.
Die Menschen in der WG brauchten jedoch eher körperliche Hilfe. Das
ich mit dieser Stelle die perfekte Wahl getroffen hatte, wurde mir
erst später klar. Es war keine Arbeit, sondern eine Familie, in die
Jesus mich hineingestellt hatte.
Wie habt ihr den Weg zu unserer Gemeinde gefunden, was hat euch
dazu bewogen zu bleiben?
Burkhard: Wir kommen aus ganz unterschiedlichen Gemeinden und hatten
so auch unterschiedliche Vorstellungen. Ich war seit dem Studienbeginn
in der SMD (Studentenmission Deutschland). Als Karo dann nach Freiberg
kam, waren die Wochenenden wieder frei und wir suchten nach einer
Heimatgemeinde. Für uns waren traditionelle und moderne Musik in der
Kirche wichtig und auch, dass es Möglichkeiten zum Austausch
untereinander gibt, damit man andere Menschen überhaupt kennenlernen
kann. Wir stellten fest, dass oft mit dem Schlussstück der Orgel die
Kirche leer war. In Jakobi war das anders. Kirchenkaffee kannte ich
aus der Zeit in Schottland bereits, hier kamen wir mit anderen ins
Gespräch.
Karo: In Jakobi haben wir beide eine neue Heimat, persönlich und
geistlich, gefunden. Ich habe große Schritte im Glauben getan, weil
mir hier Glauben vorgelebt, aber nicht gefordert wird und ich viele
Begegnungen mit dem lebendigen Gott erfahren konnte.
Was fasziniert euch an Jesus?
Burkhard: Der Grundstein unserer Ehe ist Jesus, er selbst hat dieses
Fundament für uns gelegt. Gott selbst hat den Masterplan. Rückblickend
auf unser bisheriges Leben sind wir begeistert von der mehr als guten
Führung auf unseren Wegen. Die Erlösung durch Jesus macht die
persönliche Führung Gottes in unserem Leben erst möglich.
Durch die Erfahrungen mit unserem Sohn wird mir immer klarer, was Gott
meint, wenn er sagt, was wir tun sollen oder nicht; und wie es ihm
gehen muss, wenn wir nicht auf ihn hören. Von dieser Treue und Geduld
bin ich fasziniert.
Karo: Mich fasziniert, wie unglaublich geduldig Jesus ist. Er kennt
uns genau und fordert uns auch, aber er überfordert uns nicht, sondern
wartet, bis wir für Veränderung bereit sind.
Welche Erfahrung habt ihr gemacht, wenn es darum geht, anderen
Menschen von Jesus und seiner Liebe zu erzählen?
Karo: Das ganze Spektrum von absolutem Desinteresse oder Aussagen wie:
„Ist ja klar dass es bei euch klappt, ihr glaubt ja an Gott“, bis hin
zu echtem Interesse, dass z.B. die Bibel, scheinbar so alt und
verstaubt, heute für jemanden Wegweiser und Richtlinie sein kann.
Burkhard: Wenn Glauben ehrlich und ernsthaft gelebt wird, man also
Dinge wirklich auch so tut, wie man es meint, wirft das irgendwann
ehrliche Fragen auf. Es entstehen Anknüpfungspunkte, bei denen man
auch ernsthafte Antworten geben kann.
Welche Höhen und Tiefen gab es bisher in euerm Glaubensleben?
Burkhard: Höhen und Tiefen gibt’s viele. Die Tiefen waren für mich
immer Zeiten des Lernens und solche, aus denen ich gestärkt heraus
ging. Es scheint, als ob es manchmal notwendig ist, durch ein Tal
schreiten zu müssen, damit man mal aus seinem Trott herauskommt und
neu über die Dinge, die man so tut, nachdenkt. Wenn für eine Sache das
Feuer langsam zurück- oder gar ausgeht und man sie nur noch macht,
weil man dazu eingeteilt ist, dann hat Gott sicher auch keinen
Gefallen daran. Ich denke, Gott nutzt Höhen und Tiefen, um uns immer
wieder neu auszurichten.
Karo: Vor allem meine Studienzeit war geistlich gesehen eher eine tote
Zeit. Freizeiten und Hauskreis sind für mich immer wieder Oasen zum
Auftanken und, um mich wieder neu auf Gott auszurichten.
Gibt es einen Bibelvers, der dich/euch begleitet, euch
motiviert?
Karo: Da fällt mir unser Trauspruch ein, Joh. 15,16: Nicht ihr habt
mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt und bestimmt, dass ihr
hingeht und Frucht bringt und eure Frucht bleibt, damit, wenn ihr den
Vater bittet in meinem Namen, er‘s euch gebe.
Burkhard / Karo: Er macht uns immer wieder klar, dass nicht wir zu
Gott gekommen sind, sondern dass er uns gesucht und auserwählt hat;
dass wir als seine Kinder zu etwas berufen sind, nämlich Frucht zu
bringen.
Und diese Frucht ist in erster Linie, Gottes Reich hier auf Erden zu
bauen, also den Auftrag auszuführen. Das liegt uns am Herzen.
Was möchtet ihr gern anderen Menschen weitergeben?
Karo: Glauben hat etwas mit Leben zu tun und ist nicht etwas, was man
sonntags aus dem Schrank holt!
Burkhard: „Beten, das heißt: Reden mit Gott.“ Man sollte die Antwort
erwarten und darauf vertrauen, dass Gott antwortet. Keine Antwort
sollte aber ungeprüft bleiben.
Was wünscht ihr euch für unsere Gemeinde?
Burkhard / Karo: Die Gemeinde soll ein Ort sein, an dem jeder geben
und auch nehmen kann. Es soll ein Ort zum Wohlfühlen sein, dabei
sollen die Nöte von einzelnen nicht unbeachtet bleiben. Nicht der
Pfarrer ist die „Bezugsperson“, sondern die Gemeindeglieder sind es.
Dann werden weiterhin Menschen leicht in unserer Gemeinde ihren Platz
finden, um mit ihren Fähigkeiten am Reich Gottes mitzubauen und so
gemeinsam zum großen Ganzen beitragen zu können.
Ihr habt vor nicht allzu langer Zeit die Leitung eures
Hauskreises übernommen. Was ist euer Anliegen?
Burkhard / Karo: Wir sind seit vier Jahren in diesem Hauskreis. Vor
etwa vier Monaten haben wir die Leitung übernommen, weil wir es auf
dem Herzen hatten und, um die bisherigen Verantwortlichen zu
entlasten. Als nun neue Hauskreisverantwortliche sehen wir unsere
Funktion darin, den Hauskreis zu koordinieren und dafür Sorge zu
tragen, dass es auch thematisch weitergeht. Karo war zuletzt in
Chemnitz auf einem Hauskreisleiterseminar und hat dort viele gute
Anregungen erfahren. Wir versuchen, davon einiges umzusetzen und sind
gespannt, wie Gott wirken will.
Derzeit wandelt sich unser Hauskreis hin zu einem Familienhauskreis,
d.h. wir haben Zuwachs besonders durch Familien mit Kindern bekommen,
was aus unserer Sicht eine schöne Entwicklung ist.
Wie ist für euch Familie, Gemeinde, Beruf, Hauskreis und Hobby
vereinbar? Wie schafft ihr diesen Spagat?
Karo: Ich bin in Elternzeit und zu Hause, was erstmal mehr Freiraum
schafft. Außerdem haben wir tolle Nachbarn, die unseren Sohn gern mal
haben wollen.
Burkhard: Zeitlich ist das schwierig unter einen Hut zu bringen.
Elternzeit ist wirklich gut und zu empfehlen. Als Benjamin geboren
war, hatten wir erst einmal alle ehrenamtlichen Tätigkeiten abgegeben.
Wir brauchten die Zeit zunächst voll und ganz für uns. Nach und nach
sind wir dann wieder eingestiegen. Unsere Ehe und Familie geht allem
anderen vor.
Habt ihr ein Lebensmotto?
Burkhard / Karo: In der Woche das leben, was man sonntags hört und was
man in der Bibel liest. Und Gott außerdem immer wieder neu fragen, was
jetzt dran ist.
Was sind eure großen Ziele für die Zukunft?
Burkhard / Karo: Jetzt sind wir hier in Freiberg. Was kommt und wohin
wir gehen, wissen wir nicht. Eines steht für uns aber fest: Wir wollen
uns am Lebensende noch lieben wie am ersten Tag, egal wo wir sind und
was wir tun. Wir wollen uns von Gott führen und überraschen lassen,
denn ER ist GUT und seine Pläne sind das Beste für uns!
Vielen Dank für das nette Interview.
51
August und September 2015
Mit dem langjährigen Gemeindemitglied Christian Reiche hat Pfarrer Daniel Liebscher einen originellen Freiberger Musik- und Orgelfreund interviewt, der in seinem hohen Alter immer noch treu seinen Dienst in der Gemeinde ausfüllt und sogar noch als Lehrer arbeitet.
Herr Reiche, Sie gehören schon lange zur
Jakobi-Christophorus-Kirchgemeinde, wie kam das und wo kann man Ihnen
begegnen?
Ich bin jetzt schon fast 40 Jahre in der Jakobikirche zu Hause, weil
ich lange in der Oststraße gewohnt habe, und es sind jetzt schon viele
Jahre, dass ich im Sommerhalbjahr als Kirchner für die Mittagsmusik am
Freitag in der Jakobikirche zuständig bin. Das ist mein kleiner Dienst
in der Gemeinde.
Das hat sicher mit Ihrem besonderen musikalischen Interesse und
Engagement zu tun?
Oh ja, ich hab schon viel gemacht, ich spiele Gitarre und Mandoline,
ich singe sehr gern und habe verschiedene Kultur- und
Instrumentalgruppen geleitet.
Und wie kommen Sie zu Ihrer besonderen Beziehung zur Orgel?
Als Kind ging ich mit meiner Mutter in die Nikolaikirche, da hat mir
die Orgel besonders imponiert. Seitdem bin ich von diesem Instrument
fasziniert. Als 13-Jähriger hatte ich meine erste Begegnung mit Bachs
Musik, gespielt auf einem Harmonium in der Jakobistube.
Spielen Sie auch selbst Orgel?
Ich hatte zwar Unterricht, aber kein Klavier; das war damals
schwierig. Doch ein Kantor hat mich später so weit gebracht, dass ich
ein paar Choräle spielen kann. Außerdem habe ich immer besonders im
Kirchenchor gesungen.
Wie ist es dazu gekommen?
Den Kontakt mit dem Glauben und der Kirchenmusik habe ich meiner
Mutter zu verdanken, die mich zur Kirche mitnahm. Ich besuchte auch
noch die Sonntagsschule bei der Landeskirchlichen Gemeinschaft. Nach
meiner Ausbildung zum Stahl- und Maschinenbauer ging ich zum
Kirchenchor. Da gab es Zeiten, wo wir Männerstimmen vor der Predigt
die Motette in Nikolai und nach der Predigt in Petri mitgesungen
haben. 1960 kam ich dann zum Domchor, wo ich über 40 Jahre lang
mitsang. Manche Stücke, die jedes Jahr zweimal dran kamen, habe ich
also 80 mal mitgesungen.
Möchten Sie dabei etwas hervorheben?
Ja, das sind die großen Werke von Bach, das Weihnachtsoratorium oder
die Matthäuspassion. Diese haben mir sehr geholfen; sie sind ja auch
Verkündigung und haben mich im Glauben wieder neu verankert. Das
möchte ich nicht missen.
Was haben Sie beruflich gemacht?
Ich bin dann zur Bahn gegangen und konnte Wagenmeister werden. Wenn
ich Schicht hatte, ist es auch vorgekommen, dass ich mit dem Fahrrad
von Arbeit zwischendurch zum Dom gefahren bin, um dort unsere Stücke
im Gottesdienst mitzusingen.
Und wie war das noch mal mit der Gitarre und dem Unterricht?
Ich bin jetzt schon viele Jahre als Lehrer für Konzertgitarre in
verschiedenen privaten Musikschulen tätig.
Immer noch?
Ja, ich habe noch acht Schüler, das macht mir große Freude. Ich fahre
zweimal in der Woche mit dem Bus, mit dem ich auch sonntags zum
Gottesdienst komme. Durch das Alter ist das leider viel seltener
geworden. Zu den Musiken an unseren Silbermannorgeln gehe ich mittags,
abends schaffe ich das leider nur noch selten.
Und was hat Sie im Glauben geprägt?
Zuerst natürlich meine Mutter, die Sonntagsschule und dann das Singen
im Chor, besonders aber die Werke von Bach. Ich kann sagen, dass ich
in vielen Situationen die schützende Hand Gottes gespürt habe. Ein
Ereignis ist da besonders eindrücklich, das ich schon als 11-Jähriger
während des Krieges hatte. Draußen an der Brander Straße bin ich um
mein Leben gerannt, als ein Geschoss direkt hinter mir in den Gehweg
einschlug. Noch lange hat mich das Loch dort daran erinnert, dass Gott
mich bewahrt hat.
Ist Ihnen ein Wort Gottes besonders wichtig?
Der Psalm 23, besonders der Anfang. Das ist auch mein Taufspruch:
Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.
Und auch Amos 5,6: Sucht mich, so werdet ihr leben.
Was bedeutet Ihnen der Dienst bei der Mittagsmusik?
Ich habe den Dienst damals von Herrn Bertlein übernommen; mal sehen,
wie lange ich ihn noch tun kann. Natürlich ist mir die Silbermannorgel
besonders wichtig, und die Musik.
Mittlerweile kenne ich auch viele Organisten. Ich halte immer eine
kleine Begrüßungsansprache, bei der ich schon mal gesagt habe, dass
alles zur Ehre Gottes geschieht. Weil Gott uns nahe ist, sollten wir
ihm allezeit danken und ihn lobpreisen, nicht nur mit
Lippenbekenntnissen, sondern auch mit Werken.
Das ist schon fast ein schöner Schlusssatz. Haben Sie noch
etwas, das Sie den Lesern mitgeben wollen oder was Ihnen für die
Gemeinde wichtig ist?
Ich bin dankbar für die Gemeinde, sie ist jünger und lebendiger
geworden; sie hat sich positiv entwickelt. Ich finde es wertvoll, dass
die Verkündigung klar und überzeugend ist.
Vielen Dank, Herr Reiche, für die interessanten Antworten und
Einblicke.
Ich wünsche Ihnen und Ihrer Frau Gottes Segen und viel Kraft für
Ihren Dienst auch im Alter.
Vielen Dank, dass Sie so treu freitags unsere Kirche aufschließen
und die Besucher zur Mittagsmusik willkommen heißen und dafür, dass
Sie auch für die Organisten die richtige Kontaktperson sind.
Natürlich wünschen wir uns zum gegebenen Zeitpunkt eine würdige
Nachfolge und immer wieder viele Besucher zu den Musiken. Für die
Erhaltung und Überholung unserer Silbermannorgel in Jakobi bis zum
300-jährigen Weihejubiläum 2018 sind die ersten Schritte bereits
eingeleitet, was Sie besonders freuen dürfte. Vielen Dank noch einmal.
50
Juni und Juli 2015
Rahel Gneuß ist Mitarbeiterin und Lobpreisleiterin in der Jungen Gemeinde. Sie arbeitet außerdem im Schülergebetskreis des Geschwister-Scholl-Gymnasiums mit und spielt Piano in der Band „Lion of Judah“. Gerade macht sie ihr Abitur. Frank Herter hat sie beim Mittagessen getroffen.
Ein Leben ohne Gott wäre für dich ...
… ziel- und sinnlos.
Was fasziniert dich an Jesus?
Es gibt einerseits Momente, da erlebe ich ihn als guten Freund,
der immer für mich da ist und bei dem ich Trost und Kraft finde. Und
dann gibt es andererseits Momente, wo ich total von ihm fasziniert bin
und es mich fast umhaut, wenn ich realisiere, was er für mich getan
hat. Gerade an Karfreitag und Ostern habe ich ihn dieses Jahr sehr
intensiv erlebt, als ich in der Bibel die Passionsgeschichte gelesen
habe. Mir wurde klar: Wenn ich der einzige Mensch auf der Erde wäre,
hätte er es trotzdem für mich getan. Er liebt mich, obwohl er mich
ganz genau kennt. Und das finde ich sehr faszinierend und begeisternd.
Es gibt Momente, da staune ich, wie groß, wie schön und wie herrlich
er ist und dass er der Sieger, der Löwe von Judah und gleichzeitig das
Lamm ist. Jesus ist der Grund, warum ich lebe und das Ziel, worauf ich
hinlebe.
Wie bist du zum Glauben gekommen?
Ich bin christlich aufgewachsen und habe schon im Kindergottesdienst
den Glauben ernst genommen. Bereits als Kind habe ich gebetet. Über
die Jahre hinweg bekam mein kindlicher Glaube eine andere Tiefe. Es
gab viele Punkte, die mein Glaubenswachstum gefördert haben: Der
Kindergottesdienst in Essen, der Konfiunterricht, die Junge Gemeinde,
der PROMISE, der Bibelkreis. Bei meiner ersten Rüstzeit in Annaberg
habe ich noch einmal neues Feuer für Gott bekommen und ihn sehr
intensiv erlebt. Dann die Jüngerschaftsschule in Annaberg, der Einsatz
in Moldawien und das Mentoring mit Antje.
Was bedeutet Lobpreis für dich als Lobpreisleiterin?
Lobpreis heißt für mich: Gottes Größe und Wahrheit bewusst über das zu
stellen, was ich sonst sehe und erlebe. Ich richte meinen Blick auf
Gott aus und bekenne, dass er über dem Sturm steht. Ich glaube, dass
er groß, gut, allmächtig und gerecht ist, auch wenn ich das gerade
nicht sehe. Ich spreche die Wahrheit über ihn aus und gebe ihm damit
die Ehre. Ich richte meinen Blick weg von den Wellen - wie bei Petrus
- und hin zu Jesus. Dabei ist wichtig, dass ich trotzdem nicht fromme
Sätze runterbeten muss, sondern dass ich ehrlich vor ihm bin und mein
Herz vor ihm ausschütte. Damit zeige ich ihm, dass ich nichts vor ihm
verstecken will.
Hast du Vorbilder?
Ich habe gute geistliche Freunde, die für mich vorbildhaft sind. Dann
gibt es bestimmte Persönlichkeiten, über die zu lesen mich sehr
beeindruckt hat, z.B. Keith Green oder auch Dietrich Bonhoeffer. Zur
Zeit bin ich von Johannes Hartl sehr begeistert. Von ihm beziehe ich
sehr viele wichtige Impulse.
Kannst du ein besonderes Erlebnis mit Gott erzählen?
Als ich im letzten Herbst einmal gebetet habe, wünschte ich mir ein
konkretes Zeichen seiner Liebe. Es reichte mir nicht, nur theoretisch
zu wissen, dass er mich liebt und für mich da ist. Ich wollte es von
ihm selbst und persönlich erfahren. Gott hat mir daraufhin
geantwortet: „Ich habe dir das größte Zeichen meiner Liebe gegeben.
Ich bin für dich ans Kreuz gegangen. Reicht dir das denn nicht? Was
willst du denn noch?“ Daraufhin habe ich in mein Gebetstagebuch einen
ganzen Liebesbrief von Gott an mich über zwei Seiten aufgeschrieben.
Ich schrieb einfach los und es floss nur so. Gott hat mir darin seine
ganze Liebe deutlich gemacht. Er sagte: „Du wünschst dir rote Rosen
und ich schenke dir eine ganze Blumenwiese. Du wünschst dir einen
Liebesbrief und ich habe die Bibel für dich schreiben lassen, das ist
der größte Liebesbrief, den es gibt. Du wünschst dir kleine Zeichen
meiner Liebe, aber ich habe dir das Kreuz gegeben. Reicht dir das
nicht?“ Das war für mich nochmal so ein neues Zeichen, wo Gott mir
persönlich sagt, dass er mich liebt.
Du machst gerade dein Abitur. Wie geht es für dich weiter?
Ich werde ab 1. Oktober für 10 Monate ins Gebetshaus Augsburg (www.gebetshaus.org)
gehen. Das ist ein Ort, wo Gott ohne Pause angebetet wird durch
Lobpreis, Gebet, Dank und Fürbitte; durch Musik und Wort. Ich werde
dort eine Gebetshaus-Schule machen. Es klingt komisch, denn man könnte
sagen: Nach dem Abi gehe ich beten!
In diesem Jahr für Gott möchte ich mich nochmal neu auf Gott
ausrichten und ihn suchen. Es ist ein Orientierungsjahr, wo ich meine
Beziehung zu Gott neu stärken möchte. Ich könnte natürlich auch
irgendwo in der Welt ein soziales Projekt unterstützen, aber ich habe
den Eindruck, dass es für mich jetzt erstmal dran ist, wie Maria Zeit
mit Jesus zu verbringen und nicht wie Martha, aktiv zu sein.
Welchen Rat würdest du unseren Konfirmanden und Jugendlichen
geben?
Kommt zur JG! Mir hat es sehr geholfen, eine feste Gruppe zu haben,
weil es alleine immer schwerer ist, dran zu bleiben. Es gibt immer
Zeiten, wo einem der Glaube langweilig oder überflüssig erscheint oder
wo Zweifel aufkommen. Dann ist es sehr wichtig, dass man Menschen hat,
die einen ermutigen.
Wenn du Gott nicht verstehst, dann kannst du zu ihm kommen und vor ihm
weinen, schreien und ihm das alles hinlegen. Sei lieber wütend auf ihn
und sag ihm das alles, als ihn links liegen zu lassen. Lass ihn
niemals los.
Was ist die wichtigste Frage, die du gern von Gott beantwortet
hättest?
Es ist die Frage nach dem Leid. Wenn sein Wille geschieht, warum
passieren dann so viele Sachen, wo man den Eindruck hat, dass er nicht
die Kontrolle hat? Das ist für mich sehr unverständlich. Dann die
Frage: Wie funktioniert Gebet? Wie kann es sein, dass wir kleinen
Menschen beten und dass sich der allmächtige Gott davon bewusst
abhängig macht? Das ist auch ein Grund dafür, warum ich ins Gebetshaus
gehen möchte.
Was haben dir deine Eltern mitgegeben?
Die christliche Erziehung. Ich bin total froh, dass ich schon als Kind
so viel empfangen durfte und so viel in mich hineingelegt wurde, dass
es mir heute viel leichter fällt, Jesus zu vertrauen. In meinen
Glaubenskrisen habe ich schon viele gute Gespräche mit meiner Mutter
gehabt. Besonders die Gebete mit ihr haben mich sehr ermutigt.
Was ist das Wichtigste im Leben für dich?
Das ist die Beziehung zu Gott, die Jesus im höchsten Gebot ausdrückt.
Die Liebe zu Gott steht an erster Stelle. Man darf dabei aber nicht
stehen bleiben, sondern sie muss sich in der Liebe zum Nächsten und
der Liebe zu sich selbst zeigen. Ich wünsche mir, dass die Liebe
Gottes alle meine Taten motiviert, auch wenn ich merke, wie weit ich
davon noch entfernt bin.
Gibt es einen Bibelvers, der dir besonders wichtig ist und mit
dem du besonders viel verbindest?
In der Konfizeit hat mich mein Konfirmationsspruch sehr begeistert:
Denn es sollen wohl Berge weichen und Hügel hinfallen, aber meine
Gnade soll nicht von dir weichen, und der Bund meines Friedens soll
nicht hinfallen, spricht der HERR, dein Erbarmer.
(Jesaja 54,10)
Dieser Vers war für mich ganz wichtig in einer Zeit, in der ich sehr
an mir gezweifelt habe. Gott sagt hier: Egal, was passiert, egal, was
die Umstände sagen, egal, ob du gebraucht wirst - meine Liebe zu dir
steht einfach fest.
Zurzeit ist mir ein anderer Vers wichtig geworden, Jakobus 4,2:
Ihr habt nicht, weil ihr nicht bittet.
Hier sagt Gott eigentlich, dass der Schlüssel für Veränderung im Gebet
liegt. Gott will uns so viel schenken, aber er wartet darauf, dass wir
ihn darum bitten. Das finde ich faszinierend, wie er sich da bewusst
von uns abhängig macht. Weil Gebet aber auch so eine Sache ist, in der
ich noch ganz viele Fragen habe, bin ich besonders gespannt auf die
Zeit in Augsburg.
Hast du schon mal an Gott gezweifelt?
Oh, ja. Auf jeden Fall. An Gott habe ich gezweifelt, solange ich
glaube. Aber ich merke, dass sich das, woran ich zweifle, verändert
und dass das, was feststeht, immer mehr wird.
Früher habe ich daran gezweifelt, ob es Gott gibt. Dass es Gott gibt,
ist für mich heute keine Frage mehr. Heute sind es andere Fragen, aber
der Grundstock, der feststeht, wächst ständig. Dass er gut ist, ist
für mich mittlerweile klar. Heute zweifle ich an Gott, wenn ich das
Gefühl habe, dass er mich ungerecht behandelt. Oder ich zweifle an
ihm, weil ich ihn nicht verstehe. Aus dem Zweifel komme ich raus,
indem ich weiterbete und mit geistlichen Freunden darüber rede und auf
ihn warte.
Was ist Gemeinde für dich?
Ein Ort, wo ich meinen Glauben mit anderen Christen teilen kann, wo
ich hinkommen kann wie ich bin, wo ich offen sein kann, wo ich zu
meinen Schwächen stehen kann. Gemeinde ist ein Ort, wo ich von anderen
Christen gestärkt und aufgebaut werde. Aber auch ein Ort, wo ich das,
was ich gut kann, einbringe, um anderen zu helfen. Gemeinde ist ein
Ort, wo ich gebe und nehme, wo ich trage und getragen werde.
Was gefällt dir an unserer Gemeinde?
Die Junge Gemeinde, weil sie ein Ort ist, wo ich gut auftanken kann.
Dann gefällt mir das Zusammenspiel von der älteren Generation und der
Jugend. Ich freue mich, dass die Konfis und Jugendlichen oft im
Gottesdienst sind und auch, dass Lobpreis seinen Platz in unserem
landeskirchlichen Gottesdienst findet. Und dass man bereit ist,
aufeinander zu achten und sich zu respektieren. Das Kirchencafé und
vor allem das Freiberger Allerlei finde ich einfach schön.
Wenn du etwas an unserer Gemeinde verändern könntest, was
würdest du als erstes tun?
Ich würde den fehlenden Haken in der Kirchenbemalung im Altarraum in
der Kuppel ersetzen. Es fehlt ein Häkchen in der Reihenfolge: Häkchen
- Blatt - Häkchen - Blatt - Blatt - Häkchen usw.
Nein, kleiner Scherz. Was ich wirklich ändern würde, weiß ich jetzt
nicht. Darüber muss ich erst nachdenken.
Vielen Dank für das Interview.
49
April und Mai 2015
Christina und Dr. Jürgen Fege gehören seit einigen Jahren
fest zum Bild unserer Gemeinde. Gemeinsam bauten sie nach der Wende
eine Praxis für Orthopädie in Brand-Erbisdorf auf. Dadurch waren beide
zeitlich sehr in Anspruch genommen. Nach der Abgabe der Praxis und
einer mit dem neuen Lebensabschnitt verbundenen Neuorientierung fanden
sie in der Jakobi-Christophorus-Gemeinde alte Bekannte und Freunde
wieder und auch eine geistliche Heimat.
Sie bringen sich überall dort in unserer Gemeinde ein, wo es gerade
nötig ist. So sind beide fester Bestandteil des Vorbereitungsteams vom
„Freiberger Allerlei“ (gemeinsames Mittagessen nach dem Gottesdienst
im Gemeindehaus). Jürgen bringt sich außerdem beim Männerstammtisch
mit ein und Christina im Kirchenkaffeeteam. Sie wohnen in Berthelsdorf,
haben zwei erwachsene Kinder, fünf Enkel und eine Urenkelin. Regina
Reimann unterhielt sich mit ihnen.
Was ist für euch in Gemeinde von besonderer Bedeutung?
Jürgen: Der Zusammenhalt, dass alle Altersgruppen in der Gemeinde
vertreten sind und dass jeder versucht, mit dem anderen zurecht zu
kommen. Der Umgang miteinander muss gepflegt werden. Zum Christsein
gehört dazu, in Gemeinde zu leben, dass man mit anderen Gott loben und
preisen kann. Dass man sich gegenseitig ermutigt und stärkt. Gemeinde
gehört zum Glauben.
Christina: Gemeinde ist für mich so etwas wie Heimat. Ich empfinde das
wie eine Familie mit Mutter, Vater, Oma, Opa, Tanten, Geschwistern und
Kindern. Man gehört zusammen, und das ist gut so. Auch wenn man nicht
mit jedem immer ganz eng ist, auch wenn man selbst manches anders
machen würde.
Genauso wie in Familie ist es in Gemeinde wichtig, den anderen in
seiner Art stehen zu lassen und anzunehmen. Gerade die Vielfalt –
Menschen aller Altersgruppen, verschiedene Musikstile,
unterschiedliche Möglichkeiten, den Glauben zu leben und auszudrücken
– empfinde ich als bereichernd.
Warum ist euch Mitarbeit in der Gemeinde wichtig?
Christina und Jürgen: Das ist doch das Schöne an Gemeinde, dass man
viele Möglichkeiten hat. Für alle Lebensbereiche und alle
Altersgruppen gibt es Angebote: für Familien mit Kindern, für
Jugendliche in der Jungen Gemeinde, für Senioren, ... Es gibt für
jeden einen Bereich, wo er mit anpacken kann.
Es ist auch sehr angenehm, dass man untereinander verbunden ist. Dass
jemand anruft und nachfragt, wenn man sich länger nicht gesehen hat,
und dass man selber nach anderen schaut. Wichtig ist, dass man
aufeinander Acht hat. Es ist uns wichtig, dass Gemeinde offen ist,
dass wir aufmerksam füreinander sind – so kann man sich nach dem
Gottesdienst umschauen: Ist hier ein neues Gesicht, das man zum
Kirchenkaffee einladen könnte? Kirchenkaffee bietet eine gute
Möglichkeit, sich zu treffen, neue Kontakte zu knüpfen und alte
Kontakte aufzufrischen.
Gemeinde lebt von Beziehungen und das Kirchenkaffee bietet dafür einen
guten Rahmen, den wir gerne mitgestalten.
Welche Vision habt ihr für Gemeinde?
Jürgen: Ich möchte mich weiterhin nützlich einsetzen für alles, was
anfällt und notwendig ist, will mittendrin sein mit Jung und Alt. Es
ist uns immer ein Anliegen, für eine gute Atmosphäre, für einen guten
Geist zu sorgen. Der Heilige Geist soll anwesend sein.
Christina: Wichtig ist es, für die Gemeinde zu beten, dass der
spürbare Geist Gottes in der Gemeinde bleibt.
Gibt es ein Bibelwort, das euch begleitet?
Jürgen: Das ist für mich Psalm 23.
„Der Herr ist mein Hirte,
mir wird nichts mangeln.
Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen
Wasser.
Er erquicket meine Seele.
Er führt mich auf rechter Straße um seines Namens willen.
Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück;
denn du bist bei mir,
dein Stecken und Stab trösten mich.
Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde.
Du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir voll ein. Gutes und
Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang, und ich werde
bleiben im Hause des Herrn immerdar.“
Dieser Psalm wurde schon vor so vielen Jahren gebetet.
Er begleitet auch mich schon sehr lange und gibt mir immer wieder
Kraft.
Christina: Josua 1,5.
„Ich will dich nicht verlassen noch von dir weichen, spricht der
Herr.“
Das war mein Konfirmationsspruch. Meine Mutter hat ihn damals für mich
ausgesucht. Auch als ich im Glauben noch nicht so fest stand, war das
trotzdem ein Vers, auf den ich immer zurückgekommen bin. Und mit der
Zeit ist mir der Spruch immer wichtiger geworden. Das ist so eine
ermutigende Zusage: „Der Herr wird dich nicht verlassen“. Ich habe
diese Zusage bekommen und ich halte mich daran fest. Das gibt mir
Kraft.
Gibt es jemanden, der für euch Vorbild ist?
Christina: Meine Mutter. Sie war eine stille und doch ganz starke,
tiefgläubige Christin, die auch Menschen am Rande der Gesellschaft gut
aufnehmen und annehmen konnte.
Es muss vielleicht auch den Jüngeren bewusst werden, dass die – meist
sind es ja Frauen – Beterinnen sehr wichtig sind. Es gibt auch in
unserer Gemeinde Beterinnen, die im Hintergrund beten, und dabei ganz
viel für Gemeinde bewirken.
Jürgen: Unsere beiden Mütter und meine Großmutter haben viel für uns
gebetet.
Was ist das wichtigste, was ihr euern Kindern mitgeben wolltet?
Christina: Der Glaube. Wir beten ganz viel für die Kinder, dass Gott
ihnen den Weg zeigen möchte. Unsere Kinder wissen und erleben, dass
wir sehr viel Kraft aus dem Glauben schöpfen. Wir haben einen
wunderbaren Familienverbund und Zusammenhalt.
Meine Mutter sagte immer zu mir: “Christina, du hast so einen
wunderbaren Spruch (Konfirmationsspruch)“. Wenn ich unsere Kinder
morgens Gott hinlegen kann: „Herr, segne sie“, dann freue ich mich,
dass ich alles an Gott abgeben kann. Man kann den Glauben nur
vorleben. Die Entscheidung müssen sie selber treffen.
Welche Frage hättet ihr gerne von Gott beantwortet?
Christina: Warum lässt Gott dieses Töten zu, dass die Welt so aus den
Fugen gerät? Wenn man die Not sieht, so viele unschuldige Kinder, die
getötet werden, das ist unbegreiflich.
Jürgen: Ich lese zurzeit das Buch „Die Hütte“ von Paul Young. Dort
wird das verständlich erklärt: Gott hat den Menschen vergeben, aber er
lässt ihnen die Freiheit, sich für den Glauben zu entscheiden oder
nicht.
Wie kommen wir an Menschen heran, wie können wir sie gewinnen?
Ich denke, wenn wir uns für den Menschen interessieren und ein
ehrliches Interesse an ihm zeigen.
Wenn ihr wüsstet, dass ihr nur noch kurze Zeit zu leben hättet …
Jürgen: Ich weiß, dass mein Leben in Gottes Hand liegt und möchte auch
in dieser Situation daran festhalten. Wir haben miteinander über unser
Lebensende gesprochen und auch Vorsorge getroffen. Es ist ganz
wichtig, nicht nur für die Älteren, dass klare rechtliche Regelungen
und Absprachen getroffen werden.
Christina: Als mein Vater im Sterben lag, besprach er mit mir, wie
seine Beerdigung ablaufen solle. Es war auch für mich eine Hilfe zu
wissen, wie er es geregelt haben möchte.
Für mich ist wichtig, Gott zu bitten: Herr, mach es mit meinem Ende
gut, und ich bete auch darum, einmal in Frieden gehen zu können.
Wichtig ist es auch, die Kinder mit einzubeziehen. Kinder dürfen
wissen, dass die Großeltern in den Himmel gehen. Es ist nicht gut,
ihnen irgendetwas vorzumachen.
Nachdem meine Mutter gestorben war, hat unsere Enkeltochter, die den
Tod ihrer Großoma bewusst miterlebt hat, noch lange danach mit ihr im
Himmel telefoniert.
Was wünscht ihr euch für unsere Gemeinde? Was wollt ihr unserer
Gemeinde sagen?
Christina: Die Jahreslosung für das Jahr 2015.
„Nehmt einander an, so wie Christus euch angenommen hat, zu Gottes
Lob.“
In der Bibelübersetzung von Bruns kommt das so gut zum Ausdruck: „So
nehmt einander freundlich an, wie Christus sich euer zur Ehre Gottes
angenommen hat.“
Jürgen: Wenn man mit ehrlicher Freundlichkeit auf andere zugeht, und
Jesus ist mittendrin, dann kann ein gutes Miteinander wachsen. Dafür
ist auch das Freiberger Allerlei und das Kirchenkaffee gut, weil es
alle Generationen umfasst und Beziehungen über die Altersgruppen
hinweg entstehen, so dass die Älteren ihre Lebenserfahrung an die
Jüngeren weitergeben können und diese auch in ihrem Glaubensleben
begleiten. Und ebenso können die Älteren von den Jüngeren profitieren.
Vielen Dank für diesen Einblick in euer Leben. Ich wünsche euch, dass ihr weiterhin vielen Menschen zum Segen werdet.
48
Februar und März 2015
Mandy Vogel kommt ursprünglich aus Naundorf. Sie besuchte in Freiberg das Gymnasium und erlernte danach den Beruf einer Ergotherapeutin. Heute wohnt sie zusammen mit ihrem Sohn Jonas und zwei Meerschweinchen in Freiberg. Wenn sie neben ihrem Job in der Rehaklinik Hetzdorf und der Familie etwas Zeit für sich selbst findet, liebt sie es zu singen, zu basteln und zu dekorieren; mit allem, was Gottes wunderbare Natur so hergibt. Ronny Dietrich traf sich mit ihr zum Interview.
Du wurdest im Kindesalter getauft. Wie ging es dann weiter?
Ja, ich wurde als Baby getauft und später auch konfirmiert. 15 Jahre
lang habe ich beim Krippenspiel in unserer Gemeinde mitgewirkt, zuerst
als „Darsteller“ und später in der Leitung, ohne aber mit dem Herzen
dabei zu sein. Ich empfand Gemeindeleben als Pflicht und Gemeinde eher
als einen Verein. Erst mit 32 Jahren, als meine Ehe gescheitert war
und ich selbst nichts an der Situation ändern konnte, habe ich mich
bekehrt. Bis zu diesem Zeitpunkt der Trennung war mein Leben
durchgeplant und strukturiert. Ich machte alles irgendwie aus einem
Pflichtbewusstsein heraus, konnte die Lasten aber kaum noch tragen.
Durch die familiäre Situation kam ich an einen Punkt, an dem ich durch
eigenes Handeln nichts mehr verändern konnte. An dem Abend, als mein
Mann auszog, sprach Gott durch eine Freundin zu mir: Ich solle mich in
seine Hand fallen lassen! Und ich tat es.
Wie hast du Gott danach erfahren?
Ab dem Zeitpunkt habe ich ganz viel Heilung in mir erfahren. Zuvor war
ich innerlich immer aufgewühlt, angespannt und zerrissen. An diesem
Abend war es, als zerrisse eine Kette um mein Herz. Ich fühlte mich
innerlich frei, mein Herz schlug hoch und ich war bei Gott geborgen
und getröstet. Das Bibelwort „Gott ist in den Schwachen mächtig“
durfte ich hautnah erleben.
Und dann hast du Gott persönlich kennengelernt …
Später schenkte mir eine Freundin eine Bibel. Ab diesem Tag hatte ich
immer so starkes Verlangen nach Bibellesen, dass ich jede freie
Minute, z.B. zwischen Arbeit und Abholen meines Sohnes aus dem
Kindergarten, zum Lesen nutzte. Jetzt wollte ich Gott aus dem Herzen
heraus kennenlernen. Ich wurde dann auch in den Hauskreis von Freunden
eingeladen und dort herzlich aufgenommen.
Wie bist du dann in unsere Gemeinde gekommen?
Die Freunde aus dem Hauskreis gehörten alle zur
Jakobi-Christophorus-Gemeinde; so ging ich eines Sonntags ebenfalls
mit hin. Ich war beim Betreten der Kirche und von Gottes Gegenwart so
überwältigt, dass mir die Tränen kamen.
Durch die persönliche Begrüßung am Eingang fühlte ich mich wirklich
eingeladen.
Ich wusste dann nicht so recht, wo ich mich hinsetzen sollte. Also
nahm ich sehr weit hinten Platz, um niemanden „zu stören“.
Die Gemeindemitglieder, die sich neben mich setzten, begrüßten mich
mit Handschlag, so dass ich mich in der Gemeinde sofort willkommen
fühlte. Das war im Jahr 2012.
Du bist inzwischen Mitarbeiterin im Kindergottesdienst. Wie kam
es dazu?
Es dauerte nicht lange und mir wurde von einer Freundin die Mitarbeit
im Kindergottesdienst empfohlen. Ute, Heide und Eva von der
Kinderkrabbelgruppe haben mich herzlich aufgenommen und mich Stück für
Stück mit allem vertraut gemacht, was es im Kindergottesdienst so zu
tun gibt.
Ich habe seitdem viel über die Gaben Gottes und meine Berufung
nachgedacht und kann heute sagen, dass es mir Spaß macht und mich
erfüllt. Ich habe meine Berufung gefunden.
Ich kann nur jedem ans Herz legen, sich in den verschiedenen Diensten
der Gemeinde auszuprobieren, um seine eigene Berufung zu finden. Die
freudestrahlenden Augen der Kinder sind Dank genug und motivieren mich
auch, weiter zu machen.
Was hat sich seit deiner Bekehrung im Beruf verändert?
Im Beruf hat Gott mich in einer Art und Weise verändert, dass ich auch
hier die Dinge an ihn abgeben kann und nicht alles selber tragen muss.
Ich habe immer gedacht, dass meine Patienten an mich den Anspruch
haben, dass ich sie gesund mache. Das hat mich auf Dauer ausgelaugt.
Heute lege ich es im Gebet in Gottes Hand und frage ihn, wie ich den
Patienten auf ihrem Weg der Genesung helfen kann. Das entlastet mich;
und wenn sie möchten, bete ich auch für sie.
Gibt es ein Bibelwort, das dich begleitet?
Ja, das ist Epheser 6, „Die geistliche Waffenrüstung Gottes“. Hier ein
Auszug ab Vers 10:
"Seid stark in dem Herrn und in der Macht seiner Stärke. Zieht an die
Waffenrüstung Gottes, damit ihr bestehen könnt gegen die listigen
Anschläge des Teufels.
So steht nun fest, umgürtet an euren Lenden mit Wahrheit und angetan
mit dem Panzer der Gerechtigkeit und an den Beinen gestiefelt, bereit
einzutreten für das Evangelium des Friedens.
Vor allen Dingen aber ergreift den Schild des Glaubens, mit dem ihr
auslöschen könnt alle feurigen Pfeile des Bösen, und nehmt den Helm
des Heils und das Schwert des Geistes, welches ist das Wort Gottes.
Betet allezeit mit Bitten und Flehen im Geist und wacht dazu mit aller
Beharrlichkeit im Gebet für alle Heiligen."
Es ist für mich ermutigend, dass wir den Anfeindungen dieser Welt
nicht hilflos ausgeliefert sind, sondern Gott uns Handwerkszeug gibt,
um uns zu schützen.
Was fasziniert dich an Jesus Christus?
Er ist immer ohne Vorurteile allen und jedem gegenüber.
Was denkst du über unsere Gemeinde?
Immer, wenn ich in die Gemeinde gehe, ist es für mich wie ein
Familientreffen. Ich wünsche mir, dass das Zusammensein der
Generationen wie beim Gemeindefest oder Freiberger Allerlei bestehen
bleibt.
Vielen Dank für das Interview!
47
Dezember 2014 und Januar 2015
Uwe Tesch kennen viele im Zusammenhang mit der
Rumänienarbeit unserer Gemeinde.
Frank Herter traf sich mit ihm während seines Heimaturlaubs im Oktober
zu einem Interview.
Uwe, was sollte man über dich wissen?
Ich bin in Langenau geboren. Meine Ausbildung zum Metallurgen habe ich
in Halsbrücke absolviert und 30 Jahre lang in diesem Beruf gearbeitet.
Im Geheimen hatte ich aber immer den Wunsch, Erzieher zu werden. Jetzt
hat mir Gott endlich die Gelegenheit gegeben, mit Kindern zu arbeiten.
Wie bist du zum Glauben gekommen?
Meine Eltern hatten mit dem Glauben an Gott nichts zu tun. Ich durfte
in meiner Schul- und Lehrzeit keine Kontakte zu Christen haben. Doch
irgendwann ging ich, statt in den Hort, mit einigen meiner
Klassenkameraden mit zur Christenlehre.
Dort habe ich viele biblische Bildergeschichten aus dem Buch „Schild
des Glaubens“ kennengelernt. Meine Eltern wurden vom Hort darüber
informiert und sie verboten mir die Christenlehre.
Viel später, nach dem plötzlichen Tod meiner Mutter und völliger
Erschöpfung vom Hausbau, fiel ich in ein tiefes Loch. Da kam die Frage
auf: „Was zählt im Leben?“ Bis zu diesem Zeitpunkt habe ich mich um
dieses Problem immer gedrückt.
Jetzt fing die Suche nach dem Lebenssinn an. Ich habe u.a. im okkulten
Bereich gesucht, aber dann ist mir klar geworden: Dort gibt es keinen
Halt. Das ist nicht das, was ich suche. Im Nachhinein muss ich sagen:
Gott hat mich vor vielem bewahrt und mich durch dies alles
hindurchgeführt.
Im Jahr 2002 bin ich nach intensiver Suche bei Jesus angelangt. Das
geschah durch Menschen im Verein „Christen für gerechte
Wirtschaftsordnung“. Nach vielen Gesprächen habe ich es dann
geschafft, mein Leben Jesus zu übergeben.
Danach suchte ich eine Gemeinde. Ich wollte eine Ganz-Taufe und bin
zur Luthergemeinde in Chemnitz gekommen. Dort habe ich den Alphakurs
besucht und wurde anschließend auch getauft. Ich ging danach
regelmäßig zu den Gottesdiensten, merkte aber sehr schnell, dass durch
die räumliche Entfernung ein lebendiges Gemeindeleben für mich kaum
möglich war. So suchte ich eine Gemeinde in der Nähe und fand im
Dezember 2002 die Jakobigemeinde in Freiberg.
Wie kam es, dass du im Jahr 2011 nach Rumänien gegangen bist?
Dieser neue Lebensabschnitt hat damit begonnen, dass meine Frau und
ich keinen gemeinsamen Weg mehr fanden. Ich lud sie oft in die
Gemeinde ein, aber sie wollte keinen Schritt in diese Richtung gehen.
Es schmerzt mich noch heute sehr. Irgendwann ging es nicht mehr und
ich zog zu Hause aus und bei Henry Kunze ein.
Durch Mike Emrich bin ich im Januar 2011 nach Rumänien gekommen. Ich
war beeindruckt von der schönen Landschaft und geschockt von den
primitiven Lebensverhältnissen in diesem Teil Europas. Mit Freunden
war ich dann nochmals zwei Wochen bei einem praktischen Einsatz im
Samariteanul Milos. Im August kam dann eine Anfrage von der Leiterin
des Kinderheims, ob ich mir vorstellen könnte, im Heim mitzuarbeiten.
Für mich begann eine Zeit des Fragens und Betens. Ich fragte Gott: Ist
dies der richtige Schritt? Henry gab mir dann den Rat: Wenn du nicht
losgehst, wirst du es nie erfahren!
Es gab auch noch das Problem der 6-monatigen Kündigungsfrist bei
meinem Arbeitgeber, aber Gott hat sich auch darum wunderbar gekümmert.
Wider Erwarten hatte ich ein gutes Gespräch mit meinem Betriebsleiter.
Er stellte mich probeweise für ein Jahr frei. Das hätte ich mir nie
träumen lassen. Innerhalb von vier Wochen war alles geklärt.
Wie hat dich Gott in dieser Entscheidung geführt?
Über ein Jahr vorher haben wir im Hauskreis den Jakobusbrief
behandelt. Dort hat mich ein Vers ganz besonders bewegt, Jakobus 1,27
(N.L.B.): „Rein und vorbildlich Gott, unserem Vater, zu dienen
bedeutet, dass wir uns um die Sorgen der Witwen und Waisen kümmern und
uns nicht von der Welt verderben lassen.“ Dass ich heute in Rumänien
bin, ist ganz stark Ausdruck dieses Verses. Ich habe ihn als klaren
Ruf empfunden.
Kannst du uns das Kinderheim näher beschreiben?
Es wurde 1998 vom Ehepaar Scheytt in Weidenbach (Ghimbav) gegründet,
das 5 km von Kronstadt (Brasov) entfernt ist.
Das Heim wird familienähnlich geführt und hat 20 Kinder und
Jugendliche zwischen 7 und 19 Jahren in drei Gruppen.
Sie sind entweder Waisenkinder oder kommen aus schwierigen
Familienverhältnissen. Teilweise hatten sie kein Zuhause mehr oder
wurden abgelehnt. Alle haben eine Vergangenheit, die wir uns nicht
wünschen. Ich als Erzieher kann kaum die Liebe geben, die jeder
braucht. Nur Gottes Liebe ist stark genug, um ihre Defizite
auszugleichen und sie zu heilen. Die Kinder haben in dem Heim eine
neue Familie gefunden, werden versorgt und haben alle Möglichkeiten in
Bezug auf Bildung.
Was passiert mit den Kindern, wenn sie das Heim verlassen?
Leider ist das Ausbildungssystem nicht vergleichbar mit dem in
Deutschland. Es ist schwierig, einen guten Ausbildungsplatz zu finden.
Wir versuchen, den Jugendlichen Plätze in Firmen zu vermitteln, was
nicht einfach ist.
Das Heim ist christlich geprägt. Gibt es vor Ort Gemeinden, die
mit euch zusammenarbeiten?
Sonntags gehen wir mit unseren Kindern in eine freie Gemeinde. Vasile,
der mit mir schon in Deutschland war, wurde dort getauft. Für die
anderen beten wir, dass sie Jesus kennenlernen. Wir lesen vor dem
Frühstück und vor dem Abendessen einen Abschnitt aus der Bibel und
reden darüber. Gott muss ihnen jedoch den Glauben ins Herz legen. Das
ist ein großes Gebetsanliegen.
Wie finanziert sich das Kinderheim? Was hat es mit der
Scheytt-Stiftung auf sich?
Das Ehepaar Scheytt hat die Stiftung in Deutschland gegründet. Sie
finanziert das Heim und hat mich auf der Basis eines 400-Euro-Jobs
angestellt.
Es gibt noch zwei weitere Aufgabengebiete bei euch: „Brot für die
Schule“ und ein Reparaturprojekt.
Kannst du uns dazu über die neusten Entwicklungen berichten?
„Brot für die Schule“ ist ein großes Projekt (monatlich 6000,- Euro)
und unterstützt die Sinti- und Roma-Familien, die ihre Kinder zur
Schule schicken. Die Verteilung des täglichen Brotes wird von einer
ehemaligen Lehrerin gewährleistet. Das Reparaturprojekt hilft
Menschen, die Häuser mit maroden Dächern haben. Wir liefern ihnen
Baumaterial und Werkzeug.
Wie können wir als Gemeinde deinen Dienst unterstützen?
Zu allererst durch Gebet und dann durch Sammeln von im Heim benötigten
Dingen oder auch durch Spenden an die Scheytt-Stiftung.
Was war bisher deine größte Herausforderung? Wo wurde dein Glauben am
stärksten geprüft?
Eine der größten Herausforderungen war vor kurzem die Vorbereitung der
Dachsanierung des Kinderheims, womit ich beauftragt war. Wir
bestellten das Baumaterial und fanden Handwerker über unsere Gemeinde.
Es war geplant, dass sie mit ihren Familien einen Bau-Urlaub machen.
Eineinhalb Wochen vor dem Termin sagte unsere Leiterin das Vorhaben
mit der Begründung ab, alles anders machen zu wollen.
Das war ein Schock für mich. Es ging sogar so weit, dass ich mich
fragte, ob dies hier noch mein Platz ist. Es war schwer für mich, den
Handwerkern abzusagen.
Nach einer Woche hat unsere Leiterin dann erkannt, was durch ihre
Entscheidung alles kaputt gegangen war. Daraufhin hat sie sich
verändert. Es gab viele Gespräche und Beziehungen wurden aufgebaut. Im
nächsten Jahr zu Ostern werden nun die Handwerker kommen und mit der
Dachsanierung beginnen.
Was hat dieses Erlebnis für deinen Glauben bedeutet?
Die Erkenntnis, dass man Gott vertrauen kann. Er führt uns souverän
und versorgt uns, manchmal jedoch anders als wir es uns vorgestellt
haben. Er hat in dieser schwierigen Zeit Beziehungen gestaltet -
einfach gut.
Ich habe Gott auch erlebt, als er mich wirklich behütet hat bei meinem
Unfall im Januar. Das Auto hatte sich überschlagen, das Dach war
komplett eingedrückt und mir ist nichts passiert! Ich kann es heute
noch nicht fassen, denn an jenem Sonntag stand in der Losung: „Wohl
dem, der sich des Schwachen annimmt! Den wird der HERR erretten zur
bösen Zeit. Der HERR wird ihn bewahren und beim Leben erhalten und es
ihm lassen wohlgehen auf Erden.“ (Psalm 41, 2-3)
Und ich habe erlebt, dass Gott mich auch anschließend versorgt hat.
Ich war im März hier, um mir mit meinen begrenzten Mitteln ein neues
Auto zu kaufen. Im Gottesdienst wurde jemand von Gott so berührt, dass
er mich anschließend fragte, ob ich jemanden kennen würde, der ein
Auto benötigt. So wurde mir ein gutes gebrauchtes Auto geschenkt! Das
sind für mich keine normalen Wege, sondern Gottes Wunder. Gott ist
mächtig und er kann über unser Vorstellungsvermögen hinaus wirken.
Was ist deine Lieblingsstelle in der Bibel?
Es ist die Geschichte vom Ringen Jakobs mit Gott, in der er sagt: „Ich
lasse dich nicht, du segnest mich denn.“ (1. Mose 32, 23-33)
Vielen Dank für das Gespräch, Uwe, und weiterhin Gottes Segen!
46
Oktober und November 2014
Für diese Ausgabe unserer Gemeindezeitung hat sich Pfarrer Daniel Liebscher mit unserem Gemeindeglied Friederike Darbinjan unterhalten, weil er ihre Herzensanliegen bezüglich Schuld der Vergangenheit und die Liebe zum jüdischen Volk zur Sprache bringen wollte. Friederike ist selbstständig und hat zwei erwachsene Söhne.
Liebe Friederike, „Darbinjan“ ist ein seltener Name?
Ja, der kommt von meinem Mann und aus Armenien.
Seit wann bist du in unserer Gemeinde, und wie hast du bei uns
deinen Platz gefunden?
Ich bin seit sieben Jahren in der Gemeinde und habe mich konfirmieren
lassen, nachdem ich am Glaubenskurs teilgenommen hatte. Damals habe
ich die Gemeinde gebeten, mir bei meinen ersten Schritten zu helfen.
Ich habe viel Unterstützung bekommen und konnte zahlreiche Schritte
gehen, nicht nur innerhalb der Kirchgemeinde. Ich empfinde zwar immer
noch, dass Wenige auf mich zukommen, aber es gibt Menschen, die mir
entscheidend geholfen haben, wie das Ehepaar Kuhnt oder Uwe Tesch. Ich
bin dankbar, dass ich einen festen Platz im Hauskreis bei Mike und
Katrin Emrich habe.
Und mir ist noch eine ganze Reihe von echten „Müttern im Glauben“
wichtig, bei denen ich oft Hilfe fand. Ich bringe mich ein und suche
mir auch außerhalb der Gemeinde Oasen und Aufgaben.
Bist du damals erst zum Glauben gekommen?
Ja, ich bin zwar als Baby noch getauft, aber dann atheistisch und
kommunistisch erzogen worden. Und ich gebe zu, ich habe das ehrlich
geglaubt. Meine Eltern waren Genossen. Ich habe in Moskau studiert und
war in Freiberg als Geologin in der Forschung und Erkundung tätig. Bis
zur Wende war ich richtig überzeugt und engagiert. In Bezug auf
Probleme dachte ich, wir Jüngeren könnten es besser machen.
Wie siehst du diese Zeit und dein Engagement aus heutiger Sicht?
Mir ist es sehr wichtig, dass ich meine Überzeugung von damals zugebe.
Ich rede mich nicht heraus, dass ich niemandem etwas getan habe und
nur ein Rädchen im Getriebe gewesen wäre. Ich sage deshalb lieber, ich
war ein Stein in der Pyramide – ich habe das System mitgetragen. Ich
bin dabei gewesen. Ich habe meine Schuld erkannt und bekannt. Das hat
mir der Heilige Geist gezeigt. Ich habe Menschen besucht und sagte
ihnen, dass es mir Leid tut, was ihnen angetan worden ist. Durch
Vergebung der Schuld bin ich viele Lasten losgeworden.
Wie ging es dann für dich weiter nach der Wende?
Es war ein riesengroßer Umbruch. Mit einem Mal war alles vorbei - mein
gesamtes vorheriges Leben, alle meine Träume und Möglichkeiten. Ich
ging dann in die Privatwirtschaft und habe sehr viel gearbeitet. Das
war eine aufregende Zeit, wo ich wieder voll dabei war.
Gleichzeitig habe ich mich auf der Suche nach Antworten stark auf
esoterische Sachen eingelassen. Für mich als Geologin schien zunächst
manches plausibel zu sein, aber an einer bestimmten Stelle hatte ich
dann doch wieder Zweifel und es ging bei mir nicht mehr weiter. Dann
bin ich zusammengebrochen und wusste auf einmal, wen ich wirklich
anrufen kann – Gott.
Ja, Gott hat mich hart gebremst und mir letztlich aus meinem Elend
heraus geholfen. Ich konnte Vertrauen zu einem Seelsorger finden. Am
Ende des Prozesses standen der Glaubenskurs und meine Konfirmation. In
Bezug auf die Esoterik möchte ich allen sagen: Hütet euch davor! Gott
gegenüber ist das ein Fremdgehen. Setzt das Vertrauen nicht aufs
Spiel.
Hattest du in dieser Zeit eine besondere Erkenntnis?
Ich hatte ja überhaupt keine Ahnung und keine Vorstellung von Gott und
über das Kreuz. Jesus, dachte ich, das erschließt sich mir nicht. Doch
dann habe ich Jesus und seine Erlösung als Brücke zu Gott erkannt und
angenommen. Seitdem ist der Blick auf Jesus für mich das Wichtigste.
In der Seelsorge bin ich mittlerweile viele Lasten aus meinem Leben
losgeworden. Ich habe immer wieder Christen gesucht und gefunden, die
mir geholfen haben, meine Vergangenheit zu verarbeiten.
Ich finde deine Formulierung sehr gut, „wenn ich dabei war, bin
ich auch schuldig“. Wie bist du dann zu deinem Engagement für Juden,
das Volk Gottes, gekommen?
Ich bin antifaschistisch geprägt aufgewachsen und fand immer nicht
gut, was Hitler gemacht hat.
Die großen Romane über die Konzentrationslager sind mir sehr nahe
gegangen.
Nachdem ich bewusst Christ geworden bin, ging das aber noch viel
weiter. Nach einem Vortrag über den Holocaust in unserer Gemeinde war
ich erstmals in meiner Seele betroffen und habe erkannt: „Meine
Vorfahren waren ja auch dabei.“
Wieder wurde mir bewusst, dass auch wir ein Stein in der Pyramide
dieses Schreckens gewesen waren. Da habe ich mit Entsetzen gesagt:
„Herr, vergib uns unsere Schuld“ und eine ganze Nacht geweint. Dann
suchte ich einen mir bekannten Juden auf und bat ihn stellvertretend
um Vergebung. Wieder war viel von der Last abgefallen. In dieser Sache
bin ich nun immer wieder mit christlichen Organisationen unterwegs.
Ich habe verschiedene Reisen gemacht, auch als Übersetzerin, aber
hauptsächlich, um Juden zu begegnen, in Israel und in Osteuropa: in
der Ukraine, in Moldawien.
Was macht ihr auf solchen Reisen und was erlebst du dort?
Wir stehen in Kontakt mit jüdischen Organisationen, wir besuchen
Juden, führen Gespräche, hören ihre Geschichten. Oft ist es erst
einmal schwierig, weil wir Deutsche sind.
Wenn wir aber um Vergebung bitten, passiert viel; die Vergebung ändert
alles. Wenn Vertreter der Opfer und der Täter zusammenkommen, wenn
Vergebung möglich ist, wird vieles gelöst: negative Ketten, die sich
über Generationen hinziehen. Bei dem ganzen Thema „Schuld der
Vergangenheit“ oder „Schuld des Volkes und der Väter“ wird viel
verdrängt. Ich darf ja Frieden haben durch Jesus, und wenn ich Juden
besuche, geht es mir um sie, dass sie auch Frieden haben. Und das
passiert tatsächlich.
Gibt es für euer Anliegen ausreichend Verständnis? Was wünschst
du dir?
Ich finde, hier muss noch viel mehr Sensibilisierung geschehen.
Natürlich ernten wir auch Kritik, werden als Nestbeschmutzer
hingestellt. Doch wir haben uns so nachhaltig schuldig gemacht, dass
wir Gottes Volk nicht genug Liebe entgegen bringen können. Es dürfte
keiner sterben, ohne dies erlebt zu haben. Ich wünsche mir, dass viele
das tun, was Gott in seinem Wort sagt (Jesaja 40): „Tröstet, tröstet
mein Volk!“ Das heißt für mich: Nehmt sie in eure Arme! Das ist mein
Motto geworden, das möchte ich noch oft tun.
Friederike, du bringst mit deiner Person und deinen Beiträgen
ein wichtiges Thema in unsere
Gemeinde ein. Ich hoffe, dass wir damit noch viel erleben, weil Gott
dadurch segnet, sein Volk und uns. Eine letzte Frage: Wie geht es dir,
wenn du aktuell an das Land Israel denkst?
Das ist wie mit anderen Konflikten und Kriegen in dieser Welt.
Menschen versuchen, sich zu schützen, werden verletzt, sie wehren
sich. Aber Gewalt ist kein Weg, und auch Gespräche bringen keine
Lösung. Das Heil liegt in Jesus für die ganze Welt und auch für
Israel. Ich bete, dass auch die Juden ihm näher kommen.
Vielen herzlichen Dank für deine offenen und mutigen Worte. Gottes Segen für dich.
45
August und September 2014
Pfarrer Daniel Liebscher hat Karla und Rolf Rothermundt am
Bergstadtfestsamstag besucht und sich mit ihnen auf ihrer kleinen
Terrasse an der Hausecke angenehm unterhalten.
Vielen Dank für die Einladung und eure Bereitschaft zum Interview für
Gemeinde aktuell. Fangen wir mit ein wenig Hintergrund an.
Wie seid ihr nach Freiberg gekommen und wie habt ihr euch
kennengelernt?
Rolf: Ich kam 1982 nach Freiberg, habe Metallhüttenkunde studiert und
als Diplomingenieur abgeschlossen. Nach dem Studium konnte ich hier
bleiben und habe meine Frau Karla im Freundeskreis kennengelernt.
Später habe ich noch ein Aufbaustudium für Straßen- und
innerstädtischen Tiefbau absolviert und arbeite seit einigen Jahren im
Tiefbauamt der Stadtverwaltung.
Karla: Aufgewachsen bin ich in Brand-Erbisdorf. 1986 zog ich in die
eigene Neubauwohnung nach Freiberg. Zwei Jahre später habe ich meinen
Mann Rolf kennengelernt und 1990 war unsere Hochzeit.
Ich habe einen Sohn mit in die Ehe gebracht und dann haben wir noch
eine gemeinsame Tochter bekommen.
Ihr gehört zur großen Mitarbeiterschaft der Gemeinde. Wie ist es
dazu gekommen?
Rolf: Das hat sich erst entwickelt, als wir im Jahr 2000 gebaut haben
und in die Nähe der Jakobikirche gezogen sind. Ich bin zwar getauft
und zur Christenlehre geschickt worden, aber sonst nicht weiter im
christlichen Glauben aufgewachsen. Doch ich wusste schon ein wenig
Bescheid.
Karla: Ich hatte überhaupt keinen kirchlichen oder christlichen
Hintergrund. Meine Oma hat mich manchmal in die Kirche mitgenommen,
aber da habe ich gar nichts verstanden. Vor unserer Hochzeit bekam ich
Taufunterricht bei Superintendent Schlemmer. Da war der Glauben auch
Thema bei uns zu Hause, aber so richtig hat sich daraus nichts
entwickelt. Auch in der Gemeinde haben wir nicht wirklich Kontakt
gefunden.
Was hat denn dann die entscheidende Veränderung gebracht?
Rolf: Ja, da war zunächst der Besuch der Pfarrerin, als wir eingezogen
sind und als unsere Tochter zum Konfirmandenunterricht eingeladen
wurde. Sofort war ein positiver Kontakt da. Gundula Rudloff hat uns
vom Glaubenskurs erzählt und wir sind hingegangen, auch, um Leute
kennenzulernen. Das hat mir richtig gut gefallen. Der Glauben ist hier
nicht mehr nur theoretisch geblieben, sondern ins Leben
hineingekommen.
Wir haben zum ersten Mal erlebt, wie Gemeinde und das persönliche
Leben ineinandergreifen. Hier ist bei mir die Entscheidung gefallen:
Das will ich.
Karla: Mir hat der Glaubenskurs ebenfalls sehr gefallen, auch wenn ich
immer noch viele Fragen hatte. Wir haben dann noch viel erlebt und
gute Impulse auf den Rüstzeiten in Schmochtitz bekommen, wo wir jetzt
schon zehn Jahre lang mit Freunden aus der katholischen Gemeinde
mitfahren konnten.
Wie ging es dann weiter?
Rolf: Wir haben uns einen Hauskreis ausgesucht, wo uns die Zeit des
Treffens sympathisch war, mittwochs abends alle 14 Tage – das passte
schon. In diesem Kreis sind wir dann so herzlich aufgenommen worden –
wie altbekannte Freunde - und mittlerweile sind wir da richtig
hineingewachsen. Die Gemeinschaft ist uns wichtig, wir können Vieles
lernen und selber Schritte gehen. Ich bete jetzt auch viel für mich
alleine und wir lesen täglich die Losung.
Und wie seid ihr in der ehrenamtlichen Mitarbeiterschaft der
Gemeinde aktiv geworden?
Rolf: Das fing eigentlich schon in den Kleingruppen während des
Glaubenskurses an. Matthias Rudloff hat mich aufgrund meines
technischen Interesses gefragt, ob ich mich vielleicht um die Turmuhr
der Jakobikirche kümmern könnte und mich gleich noch in die
Programmierung des Geläuts eingewiesen. Als ich dann zum ersten Mal
zur Dankeschön-Feier für die Mitarbeiterschaft eingeladen wurde, hat
mich das sehr bewegt und ich habe erst da registriert, dass ich ja
wirklich dazugehöre. Das ist mir in einer Gemeinschaft auch wichtig,
dass sich jeder mit einbringt. Man kommt ja als Außenstehender gar
nicht auf den Gedanken, um wie viele Dinge sich jemand kümmern muss.
Was ist jetzt genau deine Aufgabe an der Kirchturmuhr?
Rolf: Ja, auf jeden Fall muss ich unsere Uhr beobachten. Wenn ich über
die Kreuzung fahre, ist mein zweiter Blick immer zur Uhr. Auch von zu
Hause aus höre ich sehr bewusst auf die Schläge, ob alles stimmt.
Den Schlüssel habe ich mittlerweile immer bei mir, um sofort
eingreifen zu können. So eine Mechanik hat ihre Eigenarten, sodass die
Uhr einfach mal stehenbleibt und regelmäßig gestellt werden muss.
Karla, du hast auch deinen Platz gefunden und machst bei
verschiedenen Aufgaben mit?
Karla: Ja, ich bin eigentlich durch eine Freundin etwas tiefer
eingestiegen und gehe in den Frauentreff, den Kreativkreis oder bin
beim Frauenverwöhn-Wochenende dabei. Ich gehöre auch zu den Leuten,
die von Margitta Richter schnell mal gerufen werden oder etwas zum
Basteln vorbeigebracht bekommen. Ich übernehme gerne kleine Aufgaben.
Ihr seid beide auch politisch engagiert. Wie kam das und was ist
euer Anliegen dabei?
Rolf: Ich war schon zu DDR-Zeiten in der CDU. Nach der Wende habe ich
diese Mitgliedschaft bewusst aktiviert, da war mir dann auch das „C“
für christlich wichtig. Ich bin mittlerweile im Vorstand des
Stadtverbandes und habe als Schriftführer viele organisatorische
Aufgaben.
Karla: Ich habe eine gute Zeit und Gemeinschaft in der Frauenunion
erlebt. Unser Engagement, auch die Bereitschaft zu kandidieren, ist
uns wichtig, weil man da Möglichkeiten nutzen kann, Ideen und Gedanken
einzubringen und wenigstens etwas mit beizutragen. Ähnlich, wie wir
das auch als Mitglieder der Gemeinde sehen.
Karla, du hast seit Kurzem eine neue Arbeit. Auf dem Weg bis dahin
hast du Einiges erlebt.
Hat dir dabei auch dein Glauben geholfen?
Karla: Ja, ich bin eigentlich Fachangestellte für Schreibtechnik, kann
also als Sachbearbeiterin oder Sekretärin arbeiten. Ich war auch zehn
Jahre in der Altenpflege, wo ich das erste Mal so richtig froh war,
Christ zu sein, weil das für viele ein wichtiges Thema ist und ich für
viele Menschen da sein konnte.
Dann war ich im Besucherbergwerk tätig und, als das geschlossen wurde,
im Hotelgewerbe. Eine schwere Zeit und kein schöner Lebensrhythmus für
uns. Damals habe ich viel gebetet und mein Glauben half mir, dass ich
in schwierigen Situationen ruhigbleiben konnte. Das haben sogar andere
gemerkt. Ich habe auch darum gebetet, dass Gott mir hilft, wenn ich
dort sein soll. Das hat er auch getan. Aber dann hat er mir plötzlich
etwas Neues geschenkt und ich arbeite seit einem Monat wieder als
Sekretärin. Jetzt bin ich gespannt, wie ich das mit Gottes Hilfe
meistern kann.
Was sind eure großen Pläne oder Wünsche für die Zukunft?
Rolf: Wir reisen gern. Es wäre schön, wenn wir gesund bleiben und uns
das leisten könnten, noch einiges zu sehen und gemeinsam zu erleben.
Wir sind in allem von Gott abhängig.
Karla: Ich wünsche mir für andere, vor allem aus der Familie und dem
Freundeskreis, dass sie so etwas erleben können wie wir, dass sie in
den Glauben und in die Gemeinde hineinfinden und sich ihr Leben
dadurch verändert.
Was wollt ihr den Lesern oder der Gemeinde mitgeben?
Rolf: Das Gemeindeleben soll sich weiterentwickeln, besonders die
Jugend muss eingebunden werden. Jeder soll seinen Platz finden, damit
er die Gemeinschaft erleben kann und das Gefühl bekommt: Hier kann ich
mich einbringen. Nutzt die Möglichkeiten!
Wir enden mit der Frage, die schon Tradition hat: Habt ihr ein
Lieblingswort aus der Bibel?
Rolf: Ich denke an das Wort von Jesus: Ich bin das Licht der Welt. (Joh
8,12) Das bewegt mich oft.
Karla: Mir fällt eher ein Lied ein. Es gibt Situationen, in denen ich
mir das Buch hole und gerade dieses Lied singe, besonders, wenn ich
alleine bin. Danach geht es wieder. Übrigens stand es am 3. März unter
der Losung:
Herr, du kennst meinen Weg, und du ebnest die Bahn, und du führst mich
den Weg durch die Wüste. Dass du mich einstimmen lässt in deinen
Jubel, o Herr, deiner Engel und himmlischen Heere, das erhebt meine
Seele zu dir, o mein Gott; großer König, Lob sei dir und Ehre! (EG
580)
Vielen Dank für das Gespräch. Es ermutigt mich zu sehen, wie Gott Menschen ruft und versorgt. Seid gesegnet und mögen eure Worte auch andere ermutigen.
44
Juni und Juli 2014
Johannes Helmich kommt aus Erlicht, wohnt nun in
Freiberg und ist seit dem vorletzten Jahr Mitglied unserer Gemeinde.
Er studiert in Freiberg angewandte Naturwissenschaften,
sucht gerade nach einem Thema für seine Bachelorarbeit, ist
Mitarbeiter in der JG, dem PROMISE-Team und leitet derzeit die SMD
Freiberg (Studentenmission Deutschland) an der Uni mit. Neben dem
Studium besucht er einen Hauskreis, liebt Ballsportarten, ist gern
draußen und fährt Fahrrad. Bei schlechtem Wetter wird er auch gern mal
in der Küche kreativ. Darüber, was ihn bewegt und was ihm wichtig ist,
unterhielt sich Ronny Dietrich mit ihm.
Wie bist du zum christlichen Glauben gekommen?
Ich bin von klein auf christlich erzogen worden und habe viele
Rüstzeiten mitgemacht. Das war meinen Eltern wichtig. Vor drei Jahren
war ich dann mit der Jungen Gemeinde auf der „Holy Spirit Night“ in
Stuttgart. Ich habe dort einen ganz neuen Anfang mit Jesus gemacht und
ihm mein Leben übergeben.
Ich hatte zuvor eine Beziehung, die leider schiefging. Es entstand in
mir ein großes Loch, das ich mit verschiedenen Dingen, die Gott nicht
gefallen, zu stopfen versuchte. Ich stürzte mich beispielsweise in die
Welt von PC-Spielen und Pornografie.
Auf der „Holy Spirit Night“ ging ich dann aber zum Gebet nach vorn und
ein junger Mann betete für mich. Ich habe dabei nichts gespürt und
trotzdem war danach alles anders. Er betete auch um Befreiung auf
geistlicher Ebene und hat mich von negativen Bindungen getrennt. Das
war neu für mich.
In der Folge gab es in meinem Leben einige Veränderungen. Ich bin nach
Freiberg gezogen, als mein Zivildienst beendet war, und habe mit dem
Studium begonnen. Meine Süchte waren nicht sofort weg, aber Gott hat
mich gehalten. Er zeigte mir Dinge, die nicht gut waren. Ich ließ
dafür beten und bat selbst um Vergebung. Nun bin ich frei davon. Ohne
Jesus hätte ich das nicht geschafft.
Wie bist du auf die Studienrichtung angewandte
Naturwissenschaften gekommen?
Ich hatte mich für den Zivildienst in einem Kindergarten beworben, um
herauszufinden, ob ich später eher etwas Pädagogisches oder
Naturwissenschaftliches machen will.
Eigentlich wollte ich vor einer Ausbildung ein Jahr als Volontär nach
Israel gehen, das reizt mich schon lange. Irgendwie fühle ich eine
innere Verbundenheit zum Volk Gottes und möchte das Land selbst
erleben. Ich kenne es bisher nur vom Hörensagen. Schon oft habe ich im
Gebet den Eindruck gehabt, dass ich da mal hin soll. Ich habe mich
aber erst einmal für das naturwissenschaftliche Studium entschieden.
Die Reise nach Israel ist jedoch nicht aufgehoben.
Wie passen für dich Wissenschaft und Technik mit dem
christlichen Glauben zusammen?
Vor dem Studium war mir klar: Gott schuf Himmel und Erde und alles,
was darauf lebt. In den Grundlagenvorlesungen zitierte ein Professor
immer wieder mal die Bibel. In dem Zusammenhang hat das meinen Glauben
hinterfragt. Um in Kontakt mit Kommilitonen zu bleiben und selbst
wieder Halt zu bekommen, musste ich mich mit diesen Dingen neu
auseinandersetzen, da die Sichtweisen stark unterschiedlich sind.
Meinen Weg dabei zu finden, war und ist schwierig. Am Anfang war ich
bei Gesprächen mit meinen Kommilitonen über den Glauben wahrscheinlich
zu stürmisch und schreckte manchen ab. Ich bete darum, dass Gott mir
den richtigen Weg und die Mittel dazu zeigt.
Gebet scheint dir sehr wichtig zu sein. Was bedeutet Gebet für
dich genau?
Unser Pfarrer Daniel Liebscher hatte es in einem PROMISE sehr schön
gesagt: Gebet ist ein Schlüssel. Es ist für mich etwas Elementares und
ich merke, ohne Gebet fehlt mir was. Das war aber nicht immer so. Vor
etwa zwei Jahren besuchte ich ein Gebetsseminar mit Andreas Steinert.
Dort war ich einer von denen, für die gebetet und gehört wurde.
Andreas empfing für mich, ich sei ein Mann Gottes, ein Mann des Gebets
und ein Leiter. Das passte überhaupt nicht mit meiner Wahrnehmung von
mir zusammen. Was Gott mit mir vorhatte, war mir nicht bewusst. Aber
seit zwei Semestern darf ich nun gemeinsam mit einem Kommilitonen die
SMD in Freiberg leiten. Außerdem bin ich im Mitarbeiterteam unserer
Jungen Gemeinde und im PROMISE-Team dabei, dort zuerst nur bei den
Anspielen. Inzwischen durfte ich auch schon zweimal predigen und bin
im Segnungsteam, wo ich nun für andere beten kann, so wie für mich
schon gebetet wurde. Das Bild vom Mann des Gebets und Mann Gottes wird
für mich nun Stück für Stück klarer und ich darf weiter darin wachsen.
Man merkt, du brennst für Jesus. Wie findest du neben dem
Studium Zeit für so viele Aktivitäten?
Ich musste schon anfangen, mich zurückzunehmen und sehen, wo ich mich
mit Kraft einbringen soll. Ich bin bei den Vorbereitungstreffen von JG
und PROMISE dabei. Mein Fokus hat sich allerdings etwas verändert, was
wahrscheinlich auch am Älterwerden liegt. Als ich nur in die JG ging,
war ich auf Jugendliche ausgerichtet. Jetzt merke ich, dass mir
zunehmend mehr die Studenten am Herzen liegen. Es begeistert mich,
dass auch am Campus etwas passiert und dass ich da mitwirken kann.
Wer dich im Gottesdienst sieht, merkt schnell, dass Lobpreis
dich mitreißt. Was bedeutet das für dich?
Lobpreis bedeutet für mich, Gott mit allem, was ich bin und habe, die
Ehre zu geben. Ich überlege immer wieder, was da richtig ist.
Aufstehen oder sitzen bleiben? Manchmal schaue ich, was die anderen
machen. Fakt ist, ich will Gott die Ehre geben und etwas anderes zählt
dabei nicht.
Hast du ein Bibelwort, das dich begleitet?
Da fällt mir Römer 8,1 ein: So gibt es nun keine Verdammnis für die,
die in Christus Jesus sind.
Es verdeutlicht mir immer wieder, dass ich frei bin, dass mich niemand
mehr anklagen kann, denn was ich zu Jesus gebracht habe, steht nicht
mehr als Schuld im Raum. Dass ich immer wieder kommen darf, ist das
Größte an Jesus. Keine Schuld muss ich selbst tragen, immer wieder
darf ich sie abgeben.
Was ist dir im Glauben besonders wichtig?
Ich bin eher ein unterstützender Typ, einer, der einem Leiter
zuarbeitet. Jüngerschaft ist mir besonders wichtig. Sie bringt eine
gute Basis, besonders, wenn man sich mit Nichtchristen über
Glaubensfragen unterhält. Ich habe zwei Jahre lang die
Jüngerschaftsschule in Annaberg besucht. Derzeit bin ich selbst
Jünger, um mehr über Jesus und die Bibel zu erfahren und dadurch
gestärkt zu werden. So kann ich mein Wissen und meinen Glauben gezielt
weitergeben. In der Vergangenheit waren mir schon Menschen anvertraut,
die ich begleiten durfte, ohne dass ich es selbst wirklich wollte.
Gott scheint da einen Plan zu haben. Hier möchte ich in Zukunft gern
aktiver werden, um Menschen, die Jesus noch nicht kennen oder noch am
Anfang stehen, ein Stück auf ihrem Weg zu begleiten und ihnen zu
helfen, in eine persönliche Beziehung mit Gott zu kommen.
Gibt es in deinem Leben etwas, wobei du Gottes Führung erlebt
hast?
Ja, die Beziehung zu meinem jüngeren Bruder Benjamin hat Gott total
verändert. Unser Verhältnis zueinander war nicht immer rosig. Jetzt
bin ich dankbar, dass wir eine richtig gute Beziehung haben. Im Sommer
2010 war da der Tief- und auch Wendepunkt erreicht. Ich habe mich bis
dahin wenig als großer Bruder verhalten, der ihm zur Seite steht, ihn
schützt und eine tiefere Verbindung mit ihm sucht.
Ich habe ihn oft gegenüber anderen an die hinterste Stelle gesetzt und
nur meine Ziele verfolgt. Dann waren wir zusammen fünf Wochen in
Frankreich, um als Volontäre ein christliches Zentrum zu unterstützen
und Urlaub zu machen. In dieser Zeit habe ich ihn durch mein Verhalten
verletzt, ohne dass ich es bemerkt habe. Ich erkannte auch nicht, was
ich wirklich falsch gemacht hatte. In dieser Situation fragte mich
mein Bruder, was ich von unserer Beziehung halte. Für mich war
eigentlich alles in Ordnung. Er aber sagte, dass ich für ihn irgendwie
als Bruder gestorben bin. Das traf mich sehr, und ich bin dankbar für
die offene und ehrliche Art meines Bruders.
Von diesem Zeitpunkt an begann ein Prozess des Heilens. Wir redeten
viel und konnten einander unsere Fehler vergeben. Doch es dauerte
danach noch einige Zeit, bis wir uns nicht mehr durch Worte und Taten
verletzen mussten. Wenn wir heute zusammen sind, ist es auch geistlich
gesehen immer eine gesegnete Zeit. Gott hat unsere Beziehung geheilt
und mir gezeigt, wo ich auf falschem Wege lief, ohne es zu merken.
Gott gibt uns nicht auf!
Vielen Dank für das Gespräch.
43
April und Mai 2014
Anna Bähr lebt mit ihrer Tochter und deren Familie in Zug. Geboren in Wollin (früher Polen), erlebte sie mit ihrer Familie als Flüchtling die Schrecken der Kriegszeit. Ihre Lebensgeschichte umfasst u. a. die Hochzeit mit 16 Jahren, die Übernahme des elterlichen Hofes und die Zeit der Vertreibung mit der Geburt ihres dritten Kindes auf der Flucht. Dieses Interview schildert nur einen kleinen Teil ihrer Geschichte. Wer mehr erfahren will, kann sie gerne wie Mike Emrich und Frank Herter besuchen.
Erzählen Sie uns bitte, wie Sie nach Zug gekommen sind?
1940 brachten uns die Nationalsozialisten aus unserer Heimat nach
Plauen. Später wurden wir wieder in Polen, zusammen mit anderen
deutschen Familien, auf Bauernhöfen angesiedelt. Die polnische
Bevölkerung wurde vertrieben und enteignet. Kurz danach musste mein
Mann zum Militär. Mir waren immer gute Beziehungen wichtig, deshalb
versuchte ich, mit den Polen gut zusammenzuleben. 1945 kamen dann die
Russen und wir mussten erneut flüchten. Sie haben uns gefasst und es
sind schreckliche Dinge passiert. Bei Kriegsende landeten wir
schließlich in Halsbrücke. Dort lebten wir über 40 Jahre. Dann zog ich
mit meiner Tochter nach Zug.
Wie hat Sie der Glaube an Gott durch diese schweren Zeiten
getragen?
Von zuhause aus wurden wir christlich erzogen. Aber erst auf der
Flucht kam ich richtig zum Glauben. Ein Erlebnis hat besonders dazu
beigetragen.
Als die Nationalsozialisten von der Roten Armee in Polen besiegt
wurden, überfielen uns russische Soldaten auf unserem Bauernhof. Mein
Schwiegervater war ein sehr gläubiger Mann und für mich ein
geistliches Vorbild. Er hat jeden Sonntag gepredigt. Als er die
Soldaten zu uns kommen sah, versteckte er sich mit seiner Bibel hinter
dem Ofen, um Gott um Schutz und Hilfe im Gebet anzuflehen. Die
Soldaten kamen und stellten uns auf, um uns mit ihren
Maschinenpistolen zu erschießen. Ich hatte furchtbare Angst. Dann
haben sie auch noch meinen Schwiegervater gefunden und brachten ihn zu
uns. Wir standen da und warteten auf die Todesschüsse.
Da kam plötzlich aus dem Nichts ein russischer Offizier auf einem
weißen Pferd zu uns geritten. Der rief: „Halt! Was geht hier vor?“ Die
Soldaten sagten: „Das sind Deutsche!“ Er befahl: „Wenn sie euch sonst
nichts getan haben, dann lasst sie in Ruhe!“ Da ließen sie ihre
Maschinenpistolen sinken und zogen ab. Genauso schnell und unerwartet,
wie er gekommen ist, war der „weiße Reiter“ danach wieder
verschwunden.
Wir erlebten ein Wunder Gottes. Er hat uns beschützt. Für mich war es
Gottes übernatürliches Handeln. Ich weiß, er hat uns gerettet. Er hat
eingegriffen. Und ich bin ihm unendlich dankbar.
Seinen Schutz erlebe ich auch heute noch, z.B. bei vielen zum Teil
schweren Stürzen, die ich ohne Knochenbrüche überlebt habe. Gott
schickte immer wieder seine Schutzengel. Das ist wunderbar. Er ist
barmherzig und beschützt seine Kinder.
Was ist Ihre Lieblingsbibelstelle?
Ich mag die Psalmen sehr. Als ich noch lesen konnte, habe ich immer
wieder die Psalmen gelesen, z.B. nachts, wenn ich nicht schlafen
konnte. Heute höre ich jeden Tag meine Blindencassetten. Das ist
wunderbar.
Was ist für Sie das Wichtigste im Leben?
Das Wichtigste im Leben ist, dass man gesund ist und glaubt. Glaube
kann man nicht machen, er ist ein Geschenk Gottes.
Wie geht es Ihnen mit dem Thema Vergebung?
Wir sind alle sündige Menschen und auf die Vergebung Gottes
angewiesen. Ich verdamme und verfluche niemanden. Ich möchte auch
niemanden richten. Richter ist Gott allein. Gott vergibt uns, deshalb
sollen wir auch vergeben.
Was ist Ihnen an der Gemeinde wichtig?
Wir brauchen die Gemeinde wegen der geistlichen Gemeinschaft und zum
Austausch. Ich besuche gerne den Frauenkreis und den Gottesdienst.
Manchmal werde ich auch zum Gottesdienst in die Adventgemeinde
abgeholt. Sehr wertvoll ist auch der Weltgebetstag der Frauen. Leider
konnte ich aus gesundheitlichen Gründen in letzter Zeit nicht mehr
daran teilnehmen.
Worin sehen Sie Ihre Aufgabe in der Gemeinde?
Heute sehe ich meine Aufgabe darin, Beterin zu sein.
Ich kann nicht mehr viel tun, aber ich kann beten. Ich habe Zeit und
bete für meine Familie, meine Enkel und für viele andere Menschen. Ich
bin so dankbar. Mein Beruf ist Beterin.
Was sollte die Gemeinde Ihrer Meinung nach mehr tun?
Wichtig ist, dass sich jeder in der Gemeinde um den anderen kümmert.
Ein Besuch, ein Anruf ist sehr wichtig. Wir müssen als Gemeinde
zusammenhalten. Keiner darf übersehen werden.
Wie feiern Sie die Passionszeit und das Osterfest?
Früher haben wir in der Passionszeit jeden Freitag gefastet, aber das
kann ich jetzt nicht mehr tun. So haben wir uns an das Leiden des
Herrn Jesu erinnert. Sehr gerne komme ich zum Tischabendmahl in die
Kapelle Zug. Das Osterfest ist bei uns ein schönes Familienfest. Da
gehört der Gottesdienstbesuch für mich dazu.
Vielen Dank für das Gespräch.
42
Februar und März 2014
Charlotte Erler aus Freiberg (auch bekannt als Lotti) ist mit ihrem Mann Ronny seit 9 Jahren verheiratet. Sie haben zwei Kinder und werden bald noch Zuwachs bekommen. Von Beruf ist Charlotte Erzieherin sowie Heilpädagogin und hilft beim Organisieren des Erziehungsseminars. Ganz besonders liegt ihr der Ruf Jesu, alle Menschen zu Jüngern zu machen, am Herzen. In ruhigen Momenten liebt sie es, aus einer Vielzahl von Einzelteilen wieder ganze Bilder zusammen zu puzzeln. Bei einer Tasse außergewöhnlich guten Kaffees hat sich Ronny Dietrich mit ihr unterhalten.
Als Familie seid ihr bereits seit dem Jahr 2009 Mitglied unserer
Gemeinde. Was hat euch dazu bewegt?
Wir sind vorher schon öfter in der Gemeinde gewesen und haben auch aus
verschiedenen Anlässen viele Menschen dahin eingeladen. Ich habe durch
den ELKI-Kreis und den Glaubenskurs mehr und mehr eine Heimat in der
Gemeinde gefunden. Hier herrschte eine lebendige Atmosphäre, und uns
war es wichtig, einen Ort zu haben, wo wir unsere nicht-christlichen
Freunde mitbringen konnten.
Was hast du dir fürs neue Jahr vorgenommen, was wünschst du dir?
Ich habe mir vorgenommen, mit den eigenen Kräften gut hauszuhalten.
Und ich will mehr mit Gott erleben, ihn weiter kennenlernen und mehr
reden hören.
In Joh 14,6 sagt Jesus: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und
das Leben!“ Wie bist du auf den Weg Jesus eingegangen?
Meine Mutter war und ist Christ und mein Vater war bekennender
Atheist. Ich konnte somit gut vergleichen, was besser ist. Ich konnte
erleben, dass Jesus für meine Mutter der beste Freund und in Freud und
Leid immer da war und ihr auch sehr praktisch geholfen hat. Das wollte
ich auch.
In einer Situation, in der mein Vater keinen Ausweg mehr sah, konnte
er nur noch sagen, dass einzig allein Gott ihm noch helfen könne. So
wie Gott für meine Mutter immer da war, so war er auch da, als mein
Vater ihn anrief.
Im Alltag ist es manchmal schwierig, sich für Gott bewusst Zeit zu
nehmen und auf seinen Weg zu sehen. Alles ist uns zwar erlaubt und wir
haben auch viele Freiheiten von Gott, aber nicht alles gefällt ihm und
ist gut für uns. So will ich mich immer wieder neu auf Jesus einlassen
und die Richtung hier und da korrigieren lassen. Jesus hilft mir da
gern.
Wie hast du deinen Mann kennengelernt?
Wenn ich daran denke, muss ich ein wenig schmunzeln. Wir haben uns
zwar öfter in unserer früheren Gemeinde gesehen, uns aber nicht
wirklich gekannt.
Zudem haben wir es überhaupt nicht in Erwägung gezogen, dass unser Weg
mal gemeinsam weitergehen könnte. Irgendwann kam jemand von der
Gemeindeleitung auf die Idee, uns eine gemeinsame Aufgabe zu geben:
eine Kids-Party! Zu der Veranstaltung sollten Kinder aus der Gemeinde
die Möglichkeit haben, Kinder aus nicht-christlichen Elternhäusern
mitzubringen. Bei den Vorbereitungen haben wir entdeckt, dass wir den
gleichen Humor haben und auch sonst recht ähnlich ticken. Die Gefühle
ließen dann nicht mehr lange auf sich warten. Jetzt sind wir 9 Jahre
verheiratet. Ich kann mir keinen besseren Ehemann und Vater für meine
Kinder vorstellen und bin sooo dankbar, ihn zu haben!
Du arbeitest als Erzieherin in einem Kindergarten. Was sind
deine persönlichen Ansprüche an diese Arbeit und wie bringst du das
mit deinem Glauben in Übereinstimmung?
Beziehungen nach Gottes Maßstab sind mir wichtig. Ich betreue eine
Gruppe von 14 Kindern im Alter von 3-6 Jahren und möchte, dass sie
sich wohlfühlen sowie gute Rahmenbedingungen und Angebote zur
Förderung haben. Die Kinder sollen sich richtig gut entwickeln können.
Mein Anliegen ist auch, Glauben für die Kinder greifbar zu machen. Ich
sehe meinen Beruf als Berufung und Gott hilft mir, meine Grenzen zu
erweitern, sei es in Punkto Geduld, Kreativität, Liebe oder Weisheit
im Umgang mit den Kindern. Die Erfahrungen aus meinem Beruf helfen mir
auch zu Hause weiter. Durch die vielen verschiedenen Situationen wird
man im Umgang mit den eigenen Kindern geübter und entspannter.
Was ist dir im Glauben und Christsein wichtig? Was ist deine
Leidenschaft bezüglich Glauben und Gemeinde?
Dass Glauben eine Beziehung zu Jesus ist und kein Einhalten von
Regeln. Weiterhin das tiefe Wissen, dass er mich liebt, dass er sich
nicht verändert, auch wenn ich Fehler mache, dass er uns immer wieder
vergibt und ermutigt, weiter zu machen und dass er uns wie ein
liebevoller Vater nie überfordert. Gleichzeitig traut uns Gott aber
auch viel zu und will mit uns große Dinge tun.
Dies an Menschen weiterzugeben, die nicht wissen, was Gott für sie
getan hat und wo es für sie hingeht, wenn sie ihren Kurs nicht ändern,
ist mir sehr wichtig. Ebenso ist es total spannend, Gott in Aktion zu
sehen. Zum Beispiel wenn man für Kranke betet und sieht, wie es besser
mit ihnen wird. Wir erleben dies immer wieder. In letzter Zeit ist
beispielsweise eine Person mit jahrelangen Rückenschmerzen, welche nur
unter Morphium auszuhalten waren, wenige Stunden nach dem Gebet
geheilt worden. Bei anderen Personen sind ungewöhnlich große
Gewebeveränderungen verschwunden oder haben sich verkleinert. So etwas
begeistert mich!
Was wünschst du dir für unsere Gemeinde?
Ich wünsche mir, dass die Atmosphäre von Gottes Liebe erfüllt ist und
auch Gäste spüren, dass da etwas Besonderes ist. Und dass wir
gemeinsam auf dem Weg sind, um mehr von Gott, seinen Schätzen für uns
sowie den eigenen Gaben zu entdecken. Ich bin sehr dankbar, zu dieser
Gemeinde gehören zu dürfen.
Welche Höhen und Tiefen gab es in deinem Glaubensleben?
Höhen gibt es immer dann, wenn wir merken, wie Gott geniale Dinge tut
und seine Nähe fast greifbar ist. Auch im Alltag, wenn ich sehe, wie
gesegnet wir sind mit unseren Kindern, Familien, Freunden, der
Gemeinde, der Arbeit und all den ganz praktischen Dingen. Auch die
Tiefen gehören dazu, die aber im Nachhinein oft mit Höhen verbunden
sind - einfach weil ich gemerkt habe, dass Gott Gutes daraus gemacht
hat bzw. mein Vertrauen auf Gott gestärkt worden ist. Zum einen war
das die schwere Krankheit meines Vaters, an der er gestorben ist, aber
wodurch er auch zu Gott gefunden hat. Nun können wir uns darauf
freuen, ihn irgendwann wiederzusehen und das ganz ohne Leid. Das
andere war ein Gewächs in meinem Hals, der dank Gottes eingreifen
nicht operiert werden musste. Medizinisch war die Veränderung nicht zu
erklären, aber an dieser Stelle wurden die Verheißungen Gottes zum
Thema Heilung für mich sehr greifbar.
Ich habe folgendes Bibelwort aus Jesaja 53,4-5 für mich buchstabiert
und es über mein Leben gestellt. Seitdem lässt es mich nicht mehr los
– und das nicht nur in Bezug auf mich selbst: „Fürwahr, er trug unsere
Krankheit und lud auf sich unsere Schmerzen. Wir aber hielten ihn für
den, der geplagt und von Gott geschlagen und gemartert wäre. Aber er
ist um unsrer Missetat willen verwundet und um unsrer Sünde willen
zerschlagen. Die Strafe liegt auf ihm, auf dass wir Frieden hätten,
und durch seine Wunden sind wir geheilt.“
Zu erleben, wie sich auch dieses Wort im Leben anderer erfüllt, macht
mich glücklich.
Was hat dir aus dem einen oder anderen Tal herausgeholfen?
In solchen grenzwertigen Situationen sind mir Menschen sehr wichtig,
die für mich da sind und für mich beten. Meine Familie und auch
Freunde geben mir dabei viel Halt. Aber die meiste Veränderung bringt
es mir, wenn ich Gottes Verheißungen und Prinzipen für mich annehme,
auch wenn meine Gefühle etwas ganz anderes dazu sagen.
Hast du Hobbys, treibst du Sport? Was machst du als Ausgleich zum
Dienst?
Mein größtes und schönstes Hobby ist, Zeit mit meiner Familie, vor
allem mit meinem Mann und meinen Kindern, zu verbringen. Dann tut es
auch richtig gut, mit anderen, mir kostbaren Menschen zusammen zu
sein. Und wenn ich mal nicht reden will, weil ich das im Beruf schon
genug tue, liebe ich es zu puzzeln. Zum Ausgleich für die viele Zeit
mit Kindern, die ich sehr genieße, mache ich jedoch auch gern mal
etwas völlig anderes, das nichts mit Kinderbetreuung zu tun hat.
Was möchtest du gern anderen Menschen weitergeben?
Dass der Glaube an Jesus alles andere als langweilig und altmodisch
ist. Es ist zum einen die wichtigste und beste Entscheidung, sein
Leben unter Gottes Führung zu stellen. Zum anderen tut es auch gut,
nicht irgend einem Schicksal ausgeliefert zu sein, sondern felsenfest
zu wissen, dass mein Leben in den Händen eines liebenden Vaters liegt,
dem alle Macht im Himmel und auf Erden gehört. Abschließend fällt mir
die Jahreslosung ein, die mir aus dem Herzen spricht: „Gott nahe zu
sein ist mein Glück!“
Vielen Dank für das Interview.
41
Dezember 2013 und Januar 2014
Jan Heger kommt ursprünglich aus Borsdorf bei Leipzig, lebt heute in Freiberg, ist gelernter Raumausstatter, studierte Sozialpädagogik und Management und ist seit 7 Jahren mit Josefina verheiratet. Sie haben zwei kleine Kinder: Noah und Rahel. Jan ist begeisterter Rennradler und Ausdauerläufer, hört oft klassische Musik, kocht und backt gern. Mit seiner Familie liebt er es, durch Wald und Flur zu spazieren und sammelt nebenbei noch Mineralien. Ronny Dietrich traf sich in vertrauter Atmosphäre mit ihm zum Interview.
Du bist seit vier Jahren Mitglied unserer Gemeinde. Wie kam es
dazu?
Nach dem Studium in Dresden bin ich mit zu meiner Frau nach Würzburg
gezogen. Sie hatte dort ein Studium angefangen. Als sie fertig war,
zog es uns wieder nach Sachsen. In Freiberg fand ich 2009 eine
Arbeitsstelle in der Jugendarbeit. Während der Freiberger Anfangszeit
kamen wir in vielen verschiedenen Situationen mit Menschen aus der
Gemeinde in Kontakt. Wir schauten uns zwei Gemeinden in Freiberg an,
auch die Jakobi-Christophorus-Gemeinde, weil wir diesen Namen schon so
oft gehört hatten. Bei unserem ersten Besuch wurden wir angesprochen,
fühlten uns gleich wohl und sind geblieben. Uns gefällt hier besonders
der Mix aus Jung und Alt. Die vielen entsprechenden Angebote für alle
Altersklassen sind gut, aber ein Pendant zu den „Evas“ gibt’s leider
noch nicht.
Wie habt ihr euch kennen und lieben gelernt?
Kennengelernt haben wir uns auf einer Rüstzeit in Annaberg im Jahr
2004. Wir waren beide als Mitarbeiter dabei. Sie fiel mir sofort ins
Auge und obwohl sie eigentlich nicht darauf aus war, eine Beziehung zu
beginnen, ließ ich mich nicht davon abhalten, mich nach der Rüstzeit
öfter mit ihr zu treffen. So lernten wir uns recht schnell besser
kennen, besuchten gemeinsam Rüstzeiten und heirateten schließlich
2006.
Wie bist du zum Glauben gekommen?
Die Christenlehre und Konfi-Zeit haben in meinen Kinder- und
Jugendjahren kein Interesse für Gott und den Glauben geweckt. In
meiner Schulzeit erfuhr ich viel Ablehnung und wurde gemobbt. Ich zog
mich zurück und wollte auch mit niemandem etwas zu tun haben. Im Alter
von 17 Jahren bekam ich eine Einladung von unserer JG in Borsdorf. Ich
hatte Angst, auch hier wieder Ablehnung zu erfahren. Aber ich wurde,
entgegen meiner Erwartung, angenommen wie ich war. Ich lernte Leute
kennen, die im Gegensatz zu meiner Meinung, dass Christsein langweilig
und steif ist, einen lebendigen Glauben hatten und lebten. Für mich
waren früher Christen Leute, die sonntags in die Kirche gehen und
nicht mehr. Ich war fasziniert von diesem Glauben und wollte mehr
davon. Im Mai 1999 habe ich mich bekehrt und Jesus mein Leben gegeben.
In dem Moment bekam ich die Kraft, denen zu vergeben, die mich in
meiner Schulzeit gemobbt hatten. Ich brachte all diese Erlebnisse vor
Gott, und danach bekam ich einen tiefen Frieden in mein Herz.
Derjenige, der es am ärgsten mit mir getrieben hatte, wurde selbst
Christ. Wir konnten uns gegenseitig Vergebung zusprechen und wurden
sehr gute Freunde. Später leiteten wir sogar zusammen die JG. Ich bin
überzeugt: Ohne Gottes heilende Kraft, hätte ich nie vergeben und
diese Last loswerden können.
Du arbeitest jetzt als Teamleiter in der Kinderarche Lichtenberg
und betreust Jugendliche in einer Wohngruppe. Was genau ist deine
Aufgabe und was hat dich dazu bewogen, diesen Berufsweg einzuschlagen?
Mit Kindern und Jugendlichen wollte ich früher aufgrund meiner Kinder-
und Jugendzeit nichts zu tun haben. Aber Gott hatte mein verletztes
Herz geheilt. Ich war somit frei von Ängsten und Schmerz. Ich
verspürte den Drang, beruflich etwas mit Menschen machen zu wollen.
Während des Studiums absolvierte ich ein Praktikum in der stationären
Jugendhilfe, welches mich letztlich dazu bewegte, später auf diesem
Gebiet zu arbeiten.
Die Kinder und Jugendlichen in unserer Wohngruppe kommen zumeist aus
schwierigen familiären Verhältnissen, manchmal gepaart mit
psychosomatischen Störungen. Durch therapeutische Angebote und
Begleitung im Alltag sollen sie auf ein selbstständiges Leben
vorbereitet werden. Dieser Alltag ist oft sehr herausfordernd, gerade
verbale Entgleisungen der Jugendlichen muss man erst mal verdauen. Im
Gebet kann ich das an Gott abgeben und ich bekomme wieder neu die
Kraft, die Kinder immer wieder in Liebe anzunehmen. Ohne Gebet und die
Beziehung zu Gott hätte ich nicht die Kraft, dies jeden Tag zu
leisten.
Was ist dir im Glauben und Christsein wichtig? Was ist deine
Leidenschaft in Bezug auf Glauben in Familie und Beruf?
Wichtig ist mir als Christ, „echt“ zu sein. In der Art, wie ich bin
und rede, will ich nicht auf der Welle der Welt mitschwimmen, sondern
Jesus nachlaufen. Andere sollen erkennen warum ich anders bin.
Schwächen kann man nicht verbergen, aber man muss dazu stehen und auch
den Mut haben, um Vergebung zu bitten. Das kann im Beruf, aber auch in
Freundeskreis oder Ehe sein. Die Erkenntnis, dass ich gesegnet bin in
allem, was Gott für mich getan hat und was ich bekommen habe, ist für
mich immer wieder ein Gewinn. Ich habe eine tolle Familie und einen
Job, der mir gefällt. Das alles ist ein Geschenk und obendrauf legt
mir Gott auch noch die Kraft, alles meistern zu können. Die Verlockung
ist groß, sich über dies und jenes zu beschweren, z.B. darüber, nicht
zu den reichsten 2% der Menschheit zu gehören. Aber zu erkennen, dass
man gesegnet ist und nicht die Sorgen und Nöte der anderen 98% der
Weltbevölkerung hat, zwingt einem förmlich eine demutsvolle
Dankbarkeit auf.
Was fasziniert dich an Jesus Christus?
Es sind drei Kernpunkte, die mich faszinieren:
1. Jesus rettet auch heute noch. Das steht nicht nur in der Bibel,
sondern ich habe es selbst erlebt.
2. Er ist bei uns alle Tage, auch dann, wenn gerade kein Mensch da
ist, mit dem ich offen reden kann, der mich so versteht, wie ich es
tatsächlich meine.
3. Mich fasziniert auch seine Art und Weise, wie er Antworten auf
eindeutige und zielgerichtete Fragen seiner Gegner gibt (Bsp. Mt. 20,
1-16, Luk. 15, 11-32 oder Joh. 8, 1-11) bzw. von Gottes Gerechtigkeit
redet.
Ein Bibelwort, ein Vers, der dich begleitet?
Röm 1,16 und Jak 2,17: Wie Paulus schreibt, schäme ich mich nicht,
Christ zu sein und es ist für mich auch richtig, dass aus Glauben
heraus die Werke sichtbar werden. Ich eifere keiner Werksgerechtigkeit
nach und will sagen: Als Christ musst du dies und jenes tun. Unter dem
Aspekt der Dankbarkeit für die Rettung, die mir widerfahren ist, will
und kann ich nicht anders, als die Werke zu tun. Mir ist es ein
Anliegen, den Menschen zu dienen.
Welche Höhen und Tiefen gab es in deinem Glaubensleben?
Die anfängliche Euphorie in meinem Christsein wurde durch
Theologievorlesungen, die ich neben meinem Studium besuchte, gedämpft.
Da wurden Dinge hinterfragt und diskutiert, welche für mich felsenfest
standen. Das feste Fundament war auf einmal nicht mehr so stabil. Es
brauchte einige Zeit, bis ich meinen Standpunkt zu den heiklen Themen
gefunden hatte. Diese Zeit ließ meinen Glauben reifen und das
Fundament wurde umso fester. Mein Weg bis heute ist von solchen Dingen
durchzogen, es ist ein Lernprozess, in dem sich glaubensstarke und
Dürrezeiten abwechseln.
Was hat dir aus dem einen oder anderen Tal herausgeholfen?
Das Wissen, dass Gott mich hält und dass in der Vergangenheit sein
Tragen für mich erfahrbar war. Ich weiß, dass ich nicht allein bin.
Gott ist real und er ist da, ob ich ihn gerade spüre oder nicht. Die
Gemeinschaft mit Christen, z.B. auf Rüstzeiten, im Hauskreis oder
Gottesdienst, aber auch im kleinen Kreis ist für mich immer wieder
notwendig, um mich auf Gott auszurichten, im Glauben gestärkt zu
werden und somit geistlich wachsen zu können.
Wir feiert ihr Weihnachten?
Wenn ich nicht gerade im Dienst bin, dann feiern wir natürlich mit der
Familie. Der Gottesdienstbesuch gehört für uns dazu, ebenso wie
Geschenke für die Kinder und Zeit zur Besinnung. Letzteres zumeist
erst, wenn die Kinder schlafen und wir uns mit einem Glas Wein das
größte Geschenk, die Geburt unseres Heilandes, bewusst machen. Und
wenn wir das Lied „Oh du fröhliche“ singen, spätestens dann ist
Weihnachten auch in meinem Herzen angekommen.
Hast du ein Motto, wenn es um Glauben, Leben und Gemeinde geht?
Gott kennt mich durch und durch und liebt mich trotzdem grenzenlos.
Aus Dankbarkeit strebe ich danach, alles aus Liebe zu Gott und meinem
Nächsten zu tun.
Vielen Dank für das ausführliche Interview.